Leserbeiträge,  Nordjütland

Abgrundtief Urlaub

Wie fühlt es sich an, am Abgrund zu urlauben? Welchem Zauber gilt es im so harsch anmutenden Norden Dänemarks nachzuspüren? Eine meiner Leserinnen hat mich dazu eingeladen, sie an ihrem letzten Tag in Nr. Lyngby zu besuchen. Ein sehr interessantes Treffen – direkt an der Abbruchkante.

Nur kurz darauf erhielt ich eine ganz besondere Email. Die folgenden Worte stammen nicht von mir und doch spricht Birgit Rentz die Sprache von Meermond. Nordjütland scheint sie mit Alexanders Augen zu sehen:

Fehlerjägerin trifft Meermond

„Es ist der Tag vor „midsommer“. Heute Nachmittag fahre ich nach drei Wochen Dänemarkurlaub zurück nach Schleswig-Holstein. Wieder einmal bin ich überwältigt von den Erlebnissen, die ich in meinem Herzen, aber auch auf mehreren Hundert Fotos für immer aufbewahren werde. Alles ist gepackt, das Ferienhaus aufgeräumt, jedoch fahre ich noch nicht los. Erst einmal erwarte ich Marion zum Frühstück.

Wer hier liest, kennt Marion und ist wahrscheinlich schon längst ein Fan von „Meermond“. So wie ich. Meermond ist mir vor einigen Monaten im Internet begegnet, als ich auf der Suche nach Vorschlägen war, was man in Nordjütland während seines Urlaubs unternehmen kann. Mich packte Marions ehrlicher und authentischer Schreibstil – als Lektorin weiß ich, wovon ich rede. Dazu Alexanders atemberaubende Bilder – als Hobbyfotografin weiß ich, wovon … Ja, mich faszinierte das Gesamtpaket „Meermond“, weshalb ich zusammen mit meinem Mann in diesem Jahr mehrere Ausflüge gemacht habe, die Marion mit ihrer Familie in ihrem Blog so schön für ihre Leser aufbereitet hat. Es ist wie ein Reiseführer, nur eben ein ganz besonderer.

Wieso hat Marion meinem Wunsch, sie zu treffen, vorbehaltlos zugestimmt?

Wenn sie sich mit jedem Fan ihres Blogs treffen würde, hätte sie viel zu tun. Als sie ihren Wagen vor meinem Ferienhaus in Nr. Lyngby abgestellt hat und aussteigt, sehe ich ihr schon aus einiger Entfernung an, wie sie schaudert. Klar, ich urlaube ja auch an einem Ort, den andere ängstlich meiden. Mein Ferienhaus steht nur wenige Meter von der Steilküste entfernt und seine Tage sind gezählt. Die Bodenplatte des Hauses, das noch bis vor wenigen Jahren auf diesem Grundstück stand, liegt auf halber Höhe am Abhang. Gruselig, da muss ich Marion recht geben.

Nr Lyngby Ferienhaus Abgrund
Ferienhaus am Abgrund [Foto: Birgit Rentz]

Bevor ich letzte Woche dieses Haus bezog, habe ich zusammen mit meinem Mann zwei Wochen in Lønstrup verbracht. Unser dortiges Ferienhaus steht ebenso nah an der Kante, die in jener Gegend um einiges höher ist als hier in Nr. Lyngby. Man hat einen herrlichen Blick auf den von allen Touristen so heiß geliebten „Knude“.

Rubjerg Knude Fyr Abgrund
„Knude“ am Abgrund [Foto: Birgit Rentz]

„Sensationstourismus“

ist eins der Worte, die Marion während unseres Frühstücks in den Ring wirft. Ja, möglich, aber als sensationsgierig betrachte ich mich nicht. Mich fasziniert, was Natur vermag, ohne dass der Mensch ihr zu Leibe rücken kann.

Menschen können zum Mond fliegen, aber die Ferienhäuser hier retten sie nicht.

Viele Touristen, die in diese Gegend kommen, sehen die Steilküste nur von oben. Sie kommen, um Rubjerg Knude Fyr, den vom Absturz bedrohten Leuchtturm, zu sehen, aber nach unten an den Strand gehen sie nicht. Und genau dort geht mir vor lauter Faszination das Herz auf.

Abbruch Steilküste Nr. Lyngby
Faszinierende Formationen am Strand [Foto: Birgit Rentz]

Zeige ich zu Hause meine Fotos herum, werde ich gefragt: Und das hast du in Dänemark aufgenommen? Oh ja, das habe ich, auch wenn man meinen könnte, man wäre hier auf einem anderen Stern.

Strand Steilküste Rubjerg Knude
Alleine am Strand [Foto: Birgit Rentz]

Kilometerweit begegne ich selbst Mitte Juni bei bestem Wetter auf dem Teilstück zwischen Lønstrup und Nr. Lyngby keiner Menschenseele. Und auf einmal stehe ich da und kriege den Mund nicht mehr zu, so überwältigend ist es, wenn ich mich ein paarmal um mich selbst drehe und nichts als Wasser, Sand, Steine, Himmel und wechselnde Erdschichten, unterbrochen von ein paar Treppen für waghalsige Klettermanöver, sehe.

Lønstrup Klint
Lønstrup Klint [Foto: Birgit Rentz]

Egal ob ich morgens, abends, an einem Sonnentag oder kurz nach einem Gewitterguss hierherkomme, stets gibt es etwas Neues zu entdecken.

Ein weiteres unschlagbares Kriterium für ein Ferienhaus hoch über dem Meer ist der Ausblick. Stell dir vor, dir präsentiert sich jeden Abend ein Sonnenuntergang – einer faszinierender als der andere. Wie würdest du dich fühlen?

Mårup Kirke Sonnenuntergang
Sonnenuntergang bei Mårup Kirke [Foto: Birgit Rentz]

Blau, Grau, Weiß, Gelb, Orange, Rot, Magenta, Lila – all diese Farben malt der Himmel zu so später Stunde.

Sonnenuntergang Strand
Abendstimmung am Strand [Foto: Birgit Rentz]

„Wir brauchen die Weite“,

erzählt mir Marion, während sie Honig auf eine Scheibe Gulerodsbrød schmiert, eine Scheibe Havarti obenauf legt und mit träumerischem Blick aufs Meer schaut. Weite – einer der Gründe, weshalb sie mit ihrer Familie nach Dänemark gezogen ist. Meine Vorlieben sind ähnlich gelagert und ich bin dankbar dafür, mit der Wahl der beiden diesjährigen Feriendomizile einen so guten Griff getan zu haben.

Lesen, Schreiben, Menschen mit den eigenen Geschichten berühren – auch das eint Marion und mich. Lächelnd stellen wir fest: Es kann kein Zufall sein, dass wir hier in Nr. Lyngby zusammensitzen. Das soll so sein. Für mich ist es eine Begegnung auf Augenhöhe und sie erfüllt mich dermaßen, dass ich während meiner langen Fahrt nach Hause in den ersten drei Stunden keine Musik im Auto anmache – und das soll schon was heißen! Stattdessen lasse ich bei 80 Stundenkilometern das gerade Erlebte seelenruhig ausklingen.

Das Ferienhaus in Lønstrup haben mein Mann und ich für das nächste Jahr erneut gebucht. Bestimmt trotzt es Wind und Wetter noch ein weiteres Jahr. Und wir Mädels – Meermond Marion und Fehlerjägerin Birgit – werden uns ebenfalls wiedersehen.“

Den Text schrieb Birgit Rentz aus Itzehoe, www.fehlerjaegerin.de.

Vielen Dank für diesen überraschenden Beitrag zu Meermond, liebe Birgit. Besser hätten wir es auch nicht schreiben bzw. fotografieren können.

Herzliche Grüße aus Nordjütland,

Meermond Logo

Fotos: Birgit Rentz

Beitragsbild: Meermond


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Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

10 Comments

  • EWI

    Hej ihr Lieben,
    ich bekomme bei diesem Beicht schon solche Sehnsucht. Ich war schon mehrfach in Lönstrup und liebe die Steilküste, die aberteuerlichen Treppen, den Friedhof Marup Kirke, den Leuchturm Kudbjerg Knube. Dieses Jahr haben wir im August ein Haus in Nr. Lygbby gebucht. Ich kann es kaum erwarten. Ich liebe diesen Wandel. Hier sieht man die Kraft des Meeres. Man wird so wunderbar geerdet, „auf den Teppich geholt“. Man fühlt sich „zu Hause“, aber es ist immer wieder alles neu-anders. Die eigene Vergänglichkeit wird einem vor Augen geführt – erschreckend , aber auch irgendwie beruhigend. Das Leben fließt…
    Seid ganz herzlich gegrüßt,
    Erika

    • Birgit Rentz

      Mich lässt die Sehnsucht auch nicht los. Deshalb ist die Vorfreude auf den nächsten Urlaub immer besonders groß. Wenn du dieses Jahr in Nr. Lyngby bist, schau auf das kleine weiße Haus rechts neben der Hafenauffahrt. Und dann denkst du an diesen Beitrag hier. 😉

  • Birgit Rentz

    Ich bedanke mich herzlich, dass ich Teil eures Blogs sein darf. Es ist mir eine Ehre, mich nach diesem sehr netten Frühstück in Nr. Lynby mit meinen Gedanken zum Thema „Abgrundtief Urlaub“ hier einbringen zu können.

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