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Buchvorstellung: Tante Emma und der Schnee-Express

Ich gestehe es: Ich gehöre zu den Menschen, die mit Bleistift und Haftstreifen lesen. Unterwegs ziehe ich schon mal die Verschlussstreifen von Tempos ab oder mache sogar ESELSOHREN in Bücher! Werke, die mich berührt haben, sehen daher leider etwas ramponiert aus. Es ist simpler Hedonismus, der mich von Seite zu Seite jagt, und ich will nicht vergessen, was mich zu begeistern vermochte. Wenn es draußen ungemütlich wird, verspüre ich wieder mehr Lust, mich auf die Jagd nach dem literarischen Genuss zu begeben. Als lebte ich in einem der vielen weichgezeichneten Wohnmagazine, verkrümle ich mich jetzt wieder öfter in meiner Leseecke. Dort, wo flauschige Kissen und Decken liegen, tauche ich in klischeehaft anmutendes, hyggeliges Lesevergnügen ein. Ein Buch, das ich erst kürzlich mit Freude gelesen habe, möchte ich dir heute vorstellen. Ich begab mich nämlich auf eine literarische Zugreise durch Dänemark, Schweden und Norwegen bis hin zum Polplanet!

Auf diese ganz besondere Reise lädt die Autorin Emma Bessi in ihrem Buch „Tante Emma und der Schnee-Express – Wie ich mit meiner kleinen Nichte die Eisenbahn in die Arktis nahm“, erschienen beim Conbook Verlag, ein.

Tante Emma und der Schnee-Express – Wie ich mit meiner kleinen Nichte die Eisenbahn in die Arktis nahm

Ehrlich gesagt hatte ich nie vorgehabt ein Buch über die Reise von Wuppertal bis zum nördlichsten Bahnhof Europas zu schreiben. Das Einzige, was ich damals gemacht habe, war einen kurzen Reisebericht auf meinem ehemaligen Blog veröffentlicht zu haben.

Emma Bessi per E-Mail

Welch Glück, dass sie es doch geschrieben hat!

Tante Emma und Lia (Foto: Emma Bessi)

Zum Inhalt

Basierend auf einem wahren Erlebnis erzählt die Autorin von einer Zugreise, die sie gemeinsam mit ihrer sechs Jahre alten Nichte Lia gemacht hat. Am Polplanet, so nennt Lia den Nordpol immer wieder, hofft sie ebenjenen tiefen Schnee sehen zu können, den sie nur aus Büchern kennt. Ihre Tante Emma erfüllt ihr diesen Wunsch und begibt sich mit ihr auf eine Reise voller Abenteuer. Mit dem Interrail-Ticket fahren die beiden von Wuppertal bis nach Narvik, um dem Nordpol so nahe wie möglich zu kommen.

Meine Tante und ich fahren zum Polpanet.

Lia**
Lia im Schnee (Foto: Emma Bessi)

Während der Reise erleben die beiden natürlich die eine oder andere Aufregung. Doch Emma und Lia handeln nicht nur als gutes Team, sondern lernen auch voneinander. Egal, ob es um ein besonders knappes Umsteigen oder eben um das Drama um eine vermeintlich hässliche Mütze geht. Auf ihrem Weg in den Norden lässt sich Emma wieder darauf ein, die Welt mit den Augen eines Kindes zu betrachten.

Jede Nacht fallen sie müde und endlos glücklich in ihre fahrenden Betten und freuen sich darauf, dass auch der nächste Tag wieder eine Antwort auf eine von Lias unzähligen Fragen bringt.

Klappentext Tante Emma und der Schnee-Express
Mit dem Schlafanzug im Zug – ein großes Glück für Lia! (Foto: Emma Bessi)

Über die Autorin Emma Bessi

Emma Bessi ist 1993 in Bremerhaven geboren und unter anderem aus beruflichen Gründen bereits oft und weit gereist. Der Verlagsseite kann man entnehmen, dass das nächste Reiseziel erst mit den Nichten besprochen werden müsse.

Auf ihrem Instagramaccount www.instagram.com/isii_emma_b kann man sie ein wenig auf ihrer nächsten Reise begleiten. Ganz aktuell postet sie ein Foto von sich, das sie auf dem Weg zu Santa Claus zeigt. Inklusive eines Zug-GIFs …

Ich hatte das Vergnügen, ein kleines Schreibgespräch mit ihr führen zu können. Ich bat sie um ein paar persönliche Worte zu ihrem Buch und ihrer Reise.

Die Autorin Emma Bessi (Foto: Emma Bessi)

E-Mail von Emma Bessi

(…) Ich bin sehr skeptisch gewesen, was die lange Zugreise betraf. Erstens war es nicht mein Kind. Auch wenn ich die Tante bin. Zweitens ist eine mehrtägige Zugreise für ein Kind schon eine Zumutung, da die Zeit auch langsamer vergeht, dem Empfinden eines Kindes nach. Außerdem wusste ich auch nicht, wie meine Nichte auf diese ganze Reise körperlich ansprechen würde – auch wenn es ihre Idee war, diese Reise zu machen.

Ein guter Freund hatte mir bestimmt ein halbes Jahr in den Ohren gelegen, dass ich dieses Abenteuer richtig veröffentlichen sollte. Irgendwann habe ich mich dann überreden lassen.

Lia war Feuer und Flamme ein Buch zu schreiben. Zumal ich das mit ihren Eltern vorab besprechen musste. Und natürlich mit Lia selbst.

Im Nachhinein kann ich sagen, dass dieses Abenteuer für mich persönlich genauso bereichernd war, wie für Lia. Im Laufe der Reise überkam mich so eine Leichtigkeit, die Kinder oft haben. Also Lias Verhalten und das Verhalten einiger anderer Kinder, die ich auf der Reise kennenlernen durfte, haben auf mich abgefärbt. Und da bin ich echt froh drüber.

Mit Sicherheit gibt es einige Passagen, die andere Eltern oder Menschen, die viel mit Kinder zu tun haben, nicht mit mir teilen können, aber es waren meine Empfindungen sowie Dinge, die ich während der Reise gedacht habe.

Im Endeffekt wollte ich auch meiner Nichte zeigen, dass jeder Mensch Ängste hat, aber dass wir versuchen sollten, unsere Ängste zu überwinden.

Des Weiteren ist es mir persönlich sehr wichtig, die Schattenseiten des Abenteuers und des Reisens zu erfahren, weil auch das zu unserem Leben dazugehört. Kein Land, kein Volk, keine Kultur ist perfekt, denn genauso ist unser Leben.

Das Leben ist wie eine Reise und Reisen ist wie das Leben. Wir sollten es mit all unseren Emotionen erfahren und kennenlernen.

Auf dem Weg zum „Polplanet“ (Foto: Emma Bessi)

Wie hat mir das Buch gefallen?

Nach den ersten Seiten verspürte ich kaum Veranlassung dazu, das Buch anders als eine witzige Unterhaltung zu lesen. Ich hätte nicht gedacht, gerade bei diesem Buch zu Stift oder Post-it greifen zu wollen. Emma Bessis ungezwungen fröhlicher Schreibstil und die Tatsache, dass sie die Leser mehrfach als „Freunde“ direkt anspricht, ließ mich eine coole Lifestylestory, wie in den sozialen Medien üblich, erwarten. Je länger ich die Autorin und Lia auf ihrer Reise aber begleitete, umso mehr veränderte sich meine Auffassung vom Buch.

Die Reise mit dem kleinen Mädchen muss in der Tat nicht nur aufregend, sondern auch lehrreich gewesen sein. Emma Bessi unterbricht ihren Erzählfluss immer wieder durch Erinnerungen an vergangene Reisen und gibt persönliche Einblicke, die tiefgreifende Erkenntnisse über das Reisen selbst und das Leben liefern.

Nur aufs Ziel zu sehen verdirbt die Lust am Reisen.

Emma Bessi **

In einer anderen Rezension wurde der Wunsch nach Vertiefung von Lias Eindrücken geäußert. Das wäre sicherlich interessant, schließlich können wir Erwachsenen in der Tat viel lernen, lassen wir uns wieder mehr auf die Betrachtung der Welt durch Kinderaugen ein. Mir aber gefiel es sehr, dass Emma Bessi diese Reise dazu nutzt, um vergangene Erlebnisse und Lehren einzuordnen. Ihr Reisebericht ist erfrischend anders und vermag gleichzeitig nachdenklich zu machen:

„Wir brauchen Mut, um etwas Neues zu machen. Wir brauchen Respekt, um dem Neuen vorsichtig und rücksichtvoll entgegenzutreten. Wir brauchen Angst, um uns selbst nicht zu überschätzen. Mit der Angst kommt nämlich die Vorsicht und somit der Respekt. Mit dem Respekt wiederum hängt der Mut zusammen.

Emma Bessi ***

Und genau an dieser Stelle habe ich ein besonders dickes Eselsohr gemacht!

Ich wünsche dir weiterhin gute Reise(n) und sage vielen herzlichen Dank, Emma!

Tusind tak und vielen Dank geht an den Conbook Verlag für die Zusendung eines Ansichtsexemplars.

Angaben zum Buch

„Tante Emma und der Schnee-Express“ ist im September 2021 beim Conbook Verlag erschienen.

ISBN-Nummer 978-3-95889-401-3, Preis 16,95 Euro, 288 Seiten, mit vielen Fotos von der Reise im Innenteil und in den Einbandklappen.

Du kannst es gleich hier bestellen, wenn du möchtest (affiliate Link, bitte beachte die Hinweise im Impressum):

Quellenangaben:

1 Emma Bessi: Tante Emma und der Schnee-Express. Wie ich mit meiner kleinen Nichte die Eisenbahn in die Arktis nahm, Conbook Medien GmbH, Neuss, 2021

* Seite 50

** Seite 129

*** Seite 199

2 Die Fotos wurden mir von Emma Bessi zur Verfügung gestellt. Danke sehr.

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Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

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