
Die Dänen und ihr Kaffee
Die Bewohner Dänemarks sind die Nachkommen der Wikinger. Das beweisen sie bis zum heutigen Tag anhand zweier Merkmale: Sie sind unglaublich wetterfest und sie trinken dänischen Kaffee. Man muss meiner Meinung nach wirklich über eine dicke Haut, innen wie außen, verfügen, um beides ohne Beulen ertragen zu können. Ich bekomme allein beim Anblick unbesockter Füße in Badelatschen im November Frostbeulen und meine Magenschleimhaut wirft sich schreckhaft in Falten, nehme ich eine angebotene Tasse Kaffee an. Dänen lächeln beides souverän weg.
Die Frage, wie dänischer Kaffee schmeckt, beschäftigt offenbar viele Menschen in Deutschland. Täglich entdecke ich mehrere Besucher, die unter dem Suchbegriff „dänischer Kaffee“ zu Meermond gelangen. Wie also schmeckt er? Noch interessanter finde ich die Frage, warum so viele danach googeln?

Dänischer Kaffee aus der Stempelkanne
Betritt man ein dänisches Café, so fällt dem aufmerksamen Beobachter sofort auf, dass keine Milch- und Zuckerbehälter auf den Tischen stehen. Der Grund dafür ist schnell erklärt: Dänen trinken ihren Kaffee am liebsten schwarz. Manchmal liegen am Rand der Untertasse Zuckerbeutelchen, doch nach Milch muss man gezielt fragen. Meist erhält man dann Skummetmælk, also eine Magermilch mit nur 0,1 % Fett. Jene dann in den Kaffee zu geben, empfinde ich nicht wirklich als geschmackliche Verbesserung.
Meist wird der Kaffee in einer sogenannten Stempelkande (*affiliate Link, mehr dazu im Impressum) angeboten. Auf die Glaskanne mit dem beweglichen Filter trifft man überall in Dänemark. In vielen dänischen Ferienhäusern steht ebenfalls eine bereit. Kein Wunder, denn schließlich hat einer der bekanntesten Stempelkannenhersteller dänische Wurzeln.
In vielen Cafés kann man zwischen verschieden großen Stempelkannen wählen. Ich finde, das verleiht einem ausgedehnten Frühstück einen besonders hyggeligen Charme.

Kaffee in der Sprache
Wie ich bereits mehrfach erwähnt habe, trinken Dänen sehr viel Kaffee. Es gibt ihn quasi zu jeder Tages- und Nachtzeit. Alexanders tägliche Kaffeepause gehört sogar zur bezahlten Arbeitszeit! Man möchte satirisch anmerken, dass man mir den Genuss dieses Gebräus tatsächlich auch bezahlen müsste, aber das wäre allzu bösartig. Schließlich begreifen die Dänen ein gemeinsames Kaffeetrinken als wertvollen Teil ihrer Kultur. Vieles wird einfach ganz offiziell bei einer Tasse Kaffee besprochen. Bei allen Terminen steht daher reichlich Kaffee bereit.
„Schreib doch mal bitte dem Rune, ob er uns eine Tasse Kaffee ausgibt!“, las ich in einer Vereinbarung zu einem geschäftlichen Treffen. Ich tat wie mir geheißen und wandte mich an Rune. Ich rief ihn an und erklärte ihm, dass ich zwar keine Ahnung hätte, warum ich ihn um Kaffee bitten sollte, es aber hiermit tun würde. Die Antwort kam prompt. Runes brüllendes Lachen werde ich wohl nie vergessen! Die Frage nach Kaffee umschreibt hier die Bitte um die Bereitstellung von Räumlichkeiten. ➡ Nåååå!*
Kaffee findet man sogar in dänischen Redewendungen. Wenn einem etwas Unangenehmes widerfahren ist, so sagt man „Tak for kaffe!“ (Vielen Dank auch./Danke für nichts). Zu einem kaffeslabberas ( ➡ hier kannst du dir die Aussprache anhören) trifft man sich zu reichlich Kuchen und hyggeliger Plauderei. Ein nahrungsreicher und ➡ köstlicher Tag wird in Dänemark mit aftenskaffe (Abendkaffee) abgerundet. Den findet man auch so auf Speisekarten angeboten.
Je länger ich hier lebe, umso mehr verstehe ich, warum es 12-Liter-Kannen gibt …

Und wie schmeckt er denn nun?
Ich gestehe, ich finde den dänischen Kaffee meist furchtbar. Schon unzählige Male bekam ich eine Brühe, die so schwarz wie die Hölle war und bitter im Magen rumorte. Mein ehemaliger Chef, klein und spindeldürr, pflegte zu sagen: „Dänischer Kaffee muss wie ein echter dänischer Mann sein. Stark!“ Dabei deutete er auf seinen mageren Bizeps und ging laut lachend in sein Büro.
Wir leben inzwischen mehr als sechs Jahre in Nordjütland und haben uns nach langem Kampf dazu entschlossen, Kaffee aus einer deutschen Supermarktkette zu kaufen. Dänische Röstungen, also all diejenigen in den roten Verpackungen, sind uns zu bitter und schmecken irgendwie verbrannt. Die Röstung ist anders als in Deutschland. Unsere Mägen konnten sich auch nach all der Zeit nicht daran gewöhnen.
Unterwegs kann das schwierig sein. Wer unterwegs guten Kaffee trinken will, der darf sich nicht aufgrund Sparsamkeit den billigeren Hauskaffee bestellen! Dänen servieren sehr wohl guten Kaffee, aber unter umgerechnet 7 Euro wirst du diesen nicht bekommen.
Alexander und ich haben unsere persönliche Negativliste entwickelt und hiermit verkünde ich ganz offiziell, wo du den allerschlechtesten Kaffee von ganz Nordjütland bekommst:

Den furchtbarsten Kaffee verkauft man unserer Meinung nach im Fårup Sommerland. Was wir da in den Bechern vorfinden mussten, ist eine unverschämt teure Frechheit. Nimm dir dorthin besser eine Thermoskanne mit!
Die findest du übrigens auch in (fast) jeder Ferienhausküche.
Herzliche Grüße,

*Ein lang gezogenes Nå wird im Dänischen als „Aha, so ist das also!“ gebraucht.
Lust auf mehr?
Hinweis: Ersterscheinung des Beitrags am 17.05.2017, überarbeitet am 17.03.2021.
28 Comments
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Ulrich Beutler
Wenn man schon an Flensburg vorbei fährt … dann möchte ich sensiblen Schleimhäuten „die milde Frieda“ empfehlen. Ich habe wohlgemerkt keine Aktien in dem Betrieb, gönne mir aber seit geraumer Zeit den Luxus dieser Bohnen, auf die ich zufällig in einem Kappelner Laden gestoßen bin:
https://www.frieda-kaffee.de/
Meermond
Ich merke mir das, aber vermutlich wird das noch ein bisschen dauern, bis ich je wieder an Flensburg vorbei komme …
Ostseeradler
Herzlichen Dank für die Warnung, wer weiß, ob meine Freundin (kaffeesüchtig, aber manchmal mit empfindlichem Magen) die nächste Dänemark-Reise sonst überleben würde. Dann nehmen wir lieber Kaffee aus Deutschland mit.
Meermond
Guter Plan ?
Ulrich Beutler
Der dänische Kaffee ist echt ein Hammer und sollte von Menschen mit Hypertonie sowie sensiblen Magen-/Darmtrakt gemieden werden. Die Bohne wird mir einfach meistens zu stark geröstet. Erstaunlich finde ich auch die Tatsache, dass quasi Tag und Nacht Koffein zugeführt wird. Warum soll ich mich bitte um 23:00 Uhr mit „Hallo Wach!“ beglücken, um danach mit Schnappatmung im Bett zu liegen? Ganz wunderbar beschreibt Siegfried Lenz in „Kummer mit jütländischen Kaffeetafeln“ Essens- und Trinkgewohnheiten unserer Nachbarn, hier Auszüge zum Thema Kaffee:
„Die Gastgeberin ließ es sich nicht nehmen, den Kaffee selbst einzuschenken, kräftigen, stark gebrannten Kaffee, und wem es aus der Tasse dampfte, der durfte auch gleich probieren, und auf einmal war ein Seufzen am Tisch (…) und wir seufzten ungeübt mit und und nickten zu dem vollständigen Bekenntnissatz, dass doch nichts über eine gute Tasse Kaffee gehe.“ Dazu gibt es reichlich Köstlichkeiten aus der jütländischen Backstube …“
… und zum Ende der Tafel hin:
„Der Kaffee, den ich mir widerstandslos einschenken ließ, war offenbar noch stärker geworden, eine öligschimmernde Schwärze. Glaub mir, sagte mein Nachbar, danach wirst du sehr gut schlafen, wir jedenfalls brauchen das Zeug, um gut zu schlafen.“
Viel Spaß bei der Lektüre.
Meermond
Lieber Ulrich, ich habe mir das Buch tatsächlich jetzt bestellt. In Zusammenarbeit mit einer wunderbaren Rezeptebloggerin habe ich einen Artikel zur südjütischen Kaffeetafel incl Lenz geplant. Danke für die Anregung, ich bin selbst schon sehr gespannt ?.
Ich erhebe meine Tasse „Hallo wach!“ und trinke auf dein Wohl!
Stella, oh, Stella
Die Orte, wo man guten Kaffee bekommt, der einem nicht die Magenschleimhäute wegätzt, sollte man im Kalender notieren. Im Moment ist das zwar sowieso egal … wir sind davon abgekommen, Kaffee in Restaurants zu trinken. Das ist dann höchstens mal ein Cappuccino.
Wir kaufen unseren Kaffee auch in Deutschland bei einem Faiirtrade-Laden in Flensburg. Dort hat man uns mal eine Lektion in Kaffeeröstung gegeben. Kaffee muss langsam geröstet werden, damit er gleichmässig durch die ganze Bohne geröstet wird, dann ist er bekömmlicher. So wird Espresso normalerweise geröstet. Wenn Kaffee zu hart geröstet wird, ist er aussen verbrannt und innen noch „roh“, und dann wird er sauer und unbekömmlich. So wurde es uns jedenfalls erzählt. In dem Fairtrade-Laden werden daher alle Kaffeesorten langsam geröstet.
Diese Mini-Milch zum Kaffee finde ich respectlos jedem einigermassen anständigem Kaffee gegenüber. Als ich nach Dänemark zog (1993), gab es noch Kaffeesahne. Dann konnte man wählen, Sahne oder Mini-Milch. jetzt gibt es nur noch Mini-Milch, da wir alle schlanker werden sollen. Wir ziehen uns die Burger mit Bacon rein und Schweinebraten mit dicker Schwarte, aber zum Kaffee gibt es Mini-Milch, um Kalorien zu sparen … 😉 😀 😀
Meermond
Ich pflege diese „Milch“ als weißes Wasser zu bezeichnen. Ich kann mich nicht überwinden, diese einmal pur zu probieren.
Ich beziehe meinen Kaffee inzwischen auch nicht mehr aus den üblichen Supermarktangeboten. Seit Alfred bei uns eingezogen ist – wir haben unserer Kaffeemaschine einen Namen gegeben -, trinken wir noch mehr Kaffee als vorher. Wir müssen unsere Magenschleimhaut schonen. ?
Stella, oh, Stella
Ich habe gerade meinen Kaffeeverbrauch halbiert, naja, gezweidrittelt ist wohl eher richtig. Mein Magen will das nicht mehr. 🙁
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Susanne Haun
Guten Morgen,
ein sehr symphatischer Zug der Dänen!
Ich bin auch so ein Kaffeetrinker, allerdings bin ich aus Gesundheitsgründen auf entkoffeinierten Kaffee umgestiegen und trinke nur noch morgen und aushäusig das leckere koffeinhaltige Nass.
Viele Grüße von Susanne
Meermond
Liebe Susanne, ich wünsche dir auch einen guten Morgen bei einer hoffentlich wohlschmeckenden Tasse Kaffee!
Ich mag die Dänen auch sehr gerne, aber ihr Kaffee ist der Hammer. Bäh 😉
Herzliche Grüße aus Nordjütland
Trippmadam
Kaffee von morgens bis abends klingt wunderbar. Nur leider schlafe ich schlecht, insofern werde ich wohl doch nicht nach Dänemark ziehen. Vielleicht ist der Kaffee dort aber nicht so koffeinhaltig, dass man die ganze Nacht senkrecht im Bett steht?
Meermond
Doch, Koffein ist drin. Mein Chef sagte zu mir vorgestern: dänischer Kaffee ist so stark wie ein dänischer Mann und zeigte lachend seinen Bizeps 🙂
Ich denke, man kann sich an Kaffee rund um die Uhr gewöhnen. Nachbar läuft auch um elf abends mit Kaffeebecher rum. Hilsner ?
Flowermaid
… erinnert mich auch an Amerikanische Diners… bis zur Umgenießbarkeit eingekochter Filterkaffee…
Meermond
*kicher*
silberkopf
Haha „Draußen nur Kännchen“?
Meermond
😉
alltagschrott.ch
Was Du beschreibst, erinnert mich an Kalifornien, nur ist dort der Kaffee „braunes Wasser“, d. h. sehr schwach. Dieser wird Literweise getrunken mit cups to go. Ich habe nun das umgekehrte Problem: in der Schweiz sind mir die Kaffees zu stark….??
Meermond
Ich kann mich dunkel an das braune Wasser erinnern. Mit Creamer. Brrrrrr.
🙂
Tanja im Norden
Ich habe in Australien einmal versehentlich Skim Milk gekauft, weil ich in Deutschland meist Magermilch mit 1,5% kaufe und nicht auf die Fettangabe geachtet hatte. Und es ist weißes Wasser, wie Du schreibst. Ich hatte damit Grießbrei gekocht, der war nicht essbar.
Meermond
Das glaube ich dir sofort!
Ich verstehe den ‚Sinn‘ einer derartig verstümmelten Milch nicht. Ich trinke Biomilch, 3,5 % mindestens. Schmeckt und liefert das gute Cholesterin! 🙂
Stella, oh, Stella
Oft kann man sich die Kanne dann auch noch wieder auffüllen lassen, ohne extra zu bezahlen, versteht sich!
Wir haben uns unseren Kaffee bisher aus Deutschland schicken lassen von der Firma Contigo, die ihren Kaffee besonders schonend rösten, und der daher magenfreundlicher ist. Vielleicht haben wir jetzt lokal eine gangbare Alternative gefunden. Wir werden das austesten und berichten.
Meermond
Ich glaube, ich habe da so eine Ahnung 🙂
Ich fand den Kaffee bei Gregory auch köstlich! Vi snakkes ved