Dänischer Fasching – fastelavn und fastelavnsris
Gestern stand eine Freundin mit ihren Kindern vor der Haustür. Sie hielt zwei Papiertüten in der Hand und wünschte uns einen hyggeligen Nachmittag. Erst da realisierten wir, dass fastelavn (Fasching) ist und der heutige Tag demnach der fastelavnssøndag (Faschinssonntag) ist! In den Tüten befanden sich jeweils eine Rute aus Birkenzweigen, bunte Bänder und Papiere, Moosgummifiguren und reichlich Süßigkeiten. Damit bastelten wir also fastelavnsris, eine bunte Faschingsrute – inklusive einer Katze! Jene spielt nämlich eine entscheidende Rolle im dänischen Faschingsbrauchtum.
Der dänische Fasching ist nicht mit dem deutschen vergleichbar. An fastelavn verkleidet man sich zwar ebenfalls, doch dreht sich das Fest hauptsächlich darum, eine Katze aus einer Tonne (slå katten af tønden) zu schlagen. In alten Zeiten steckte man eine lebendige Katze in ein Holzfass, auf das man so lange mit einem Holzknüppel einschlug, bis es zerbrach.
Derjenige, der den allerletzten Schlag ausgeübt hatte, durfte sich ein Jahr lang kattekong (Katzenkönig) nennen und war von jeglichen Abgaben befreit. Gottlob ist heute kein Tier mehr in den kleinen Tonnen und die Pest, die es durch diesen Brauch zu verteiben galt, ist auch keine Bedrohung mehr.
So ganz wollen Dänen die Klopperei an Fasching wohl doch nicht lassen: Jedes Jahr werden unzählige Holzfässchen zerschlagen und ich bin mir sicher, dass heute morgen so einige Eltern mit einer klatschenden fastelvansris geweckt worden sind!
Fastelavnsris
Da ich in ➡ einem älteren Beitrag schon bildhaft beschrieben hatte, wie ich dieses „slå katten af tønden“ erlebt hatte, verhauen wir heute eben Menschen bei Meermond und essen fleißig fastelavnsboller (Krapfen) dazu ?.
An Fastelavn wird also geneckt und geärgert. Dazu wird natürlich fleißig gesungen, denn Dänen sind bekannt dafür, viel und gerne zu singen. Das bekannteste Lied ist vermutlich
Fastelavn er mit navn, boller vil jeg have. Hvis jeg ingen boller får, så laver jeg ballade. Boller op, boller ned, boller i min mave. Hvis jeg ingen boller får, så laver jeg ballade. (Fastelavn ist mein Name, Boller will ich haben. Wenn ich keinen Boller bekomme, mache ich Unfug. Boller hoch, Boller runter, Boller in meinen Bauch. Wenn ich keinen Boller bekomme, mache ich Unfug.)
und du kannst es dir ➡ hier anhören.
Die Faschingsrute wird aus kleinen Birkenzweigen gebunden und bunt dekoriert. Hauptsache, alle basteln mit, es ist hyggelig und lustig. Dabei ist alles erlaubt!
Ursprünglich wurden am Karfreitag die Kinder mit einer Rute geprügelt, um an das Leiden Jesu Christi zu erinnern. Dann wurde dieser Brauch erfreulicherweise von einem neuen Symbolcharakter der Birkenzweige verdrängt. Man übertrug das sprießende Grün der Birkenblättchen auf Fruchtbarkeit und so banden sie vorwiegend junge Frauen und Männer mit ganz anderen Absichten zu Ruten.
Fastelavnsris wird heute dazu gebraucht, um sich am Faschingssonntag damit zu wecken. Es hat eigentlich keine Bedeutung, man findet es einfach nur lustig! Viele stehen möglichst früh auf, um lieber selbst zur Rute greifen zu können, als mit selbiger geweckt zu werden. Pech hat, wer kleine, wenig treffsichere Kinder hat. Denn auch sie dürfen heute ihre Eltern besonders zärtlich wecken. Hoffentlich haben alle vorher die harten Bonbons gegessen!
Mal sehen, wieviele blaue Augen ich heute im Supermarkt entdecke!
Helau!
Nachtrag:
Ich nehme mir im Fasching heraus, einen subjektiven und witzigen Beitrag zu schreiben. Die beschriebenen Inhalte beruhen jedoch auf zutreffenden Fakten, die hier nachgelesen und überprüft werden können.
14 Comments
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Ulrich Beutler
Als typischer Schleswig-Holsteiner ist es schwer begreifbar, was in Faschings- und Karnevalsköpfen vor sich geht. Und nun greifen diese seltsamen menschlichen Auswüchse auch noch langsam hier um sich. Hilfe! Lasst uns eine Grenze ziehen oder eine Prüfung einführen. Nur wer als staatlich geprüfter Narr anerkannt wurde, darf sich auch so verhalten, als Beispiel hier die Prüfung in Zwangsjacke vor der GROSSEN KOMMISSION und zum Abschluss bitte alle im Chor, ohne Katzenkönig, dafür mit superniedlichen Kaninchen. Upps, wo kommen die denn plötzlich alle her? In dem Sinne herzliche Grüße aus Mittelholstein und Danke für die vielen unterhaltsamen Beiträge von jenseits der Coronagrenze.
Meermond
Bitte sehr, lieber Ulrich! Ich bin eigentlich auch eher ein Faschingsmuffel, doch ich erfreue mich jedes Jahr an den glücklichen Gesichtern derer, die als Narren Farbe in den farblich eher eintönigen Februar bringen 🙂
Ich grüße dich ganz herzlich in den Süden
ErzieherIn
Ich kannte den Begiff Fasel/Fastel durch ein Lied… ? https://lieder-aus-der-ddr.de/lustig-lustig-wolln-wir-singen/
Doch selbst hatte ich diesen Begriff nie im Sprachgebrauch gehört. Das dänische Wort „Fastelavn“ hat mich daran erinnert und, Dank euch, weiß ich nun, wie zumindest die Dänen diesen Abend oder Tag verbringen…
Meermond
Na sowas! Faselnacht klingt in der Tat sehr ähnlich! Welche Melodie wird dazu gesungen?
ErzieherIn
wie sendet man eine audiodatei … email? Über diese Möglichkeit nicht, oder?
Alexander
Hier im Kommentarbereich ist das nicht möglich. Aber du kannst sie gerne per Mail an uns (kontakt (at) meermond.de) senden. 🙂
Waltraud
Hej, es gibt Bräuche die muss man nicht verstehen, aber tolerieren, bin eben eine Norddeutsche, die mit Fasching und Karneval LEICHTE Probleme hat?. Eure Fensterdekoration finde ich aber super schick, und wenn die Kinder Spaß haben ist es bestimmt ein schönes Gefühl.
Meermond
Ich bin ein Faschingsmuffel, ich mag das alles gar nicht! Aber was mir sehr gefällt sind die glücklichen Gesichter der anderen. Im tristen Februar tut mir das immer wieder richtig gut!
Stella, oh, Stella
Hehe, ich war zum Glück nie beim Tonnenzerschlagen dabei, laaaaangweilig! Dieses in der Schlange stehen, nur um einmal zu kloppen, ich weiss nicht …
Am Karfreitag Kinder prügeln??? Wo Jesus doch Kinder besonders liebte und überhaupt Liebe gepredigt hat? Merkwürdig es Christentum … gut, dass es jetzt generell verboten ist, Kinder zu schlagen!
Meermond
Brauchtum hat oft wirklich merkwürdige Wurzeln. Wer weiß schon, was die Generationen nach uns mal merkwürdig an uns finden werden …
Stella, oh, Stella
Ich könnte da so einige Dinge nennen … 😉
Margit Keller
Toller und sehr interessanter Artikel ?
Meermond
Helau <3
Ich danke dir und wünsche dir einen schönen Sonntag!