Reisen in Dänemark

Einschränkungen im Corona-Jahr – Was fehlt dir am meisten?

Der Sommer 2020 war ein ganz besonderer. Nach dem großen Lockdown im Frühjahr strömte alles mit großer Freude nach draußen. Urlaubsreisen und Feste wurden mit allen Sinnen genossen, die Welt erstrahlte in einem besonders hellen Licht. Doch tat sie das nur scheinbar. Aus den Augen der Menschen verdrängt wuchsen die Fallzahlen zu einer zweiten Welle an. Und jetzt sind wir im Prinzip wieder an dem Punkt angelangt, den wir als überstanden gefeiert hatten. Corona. Auf der ganzen Welt bestimmen Einschränkungen den Alltag der Menschen.

Da Meermond überwiegend von Lesern aufgerufen wird, die gerne nach Dänemark reisen, werden wir besonders oft gefragt, wann denn endlich wieder die Grenzen aufmachen würden. Viele sind traurig, wütend und wollen in die Ferien fahren. Andere erzählen uns die Geschichten, die sich hinter den (teilweise erneut) ausgefallenen Urlauben verbergen. In einigen davon geht es eben nicht um erholsame Strandspaziergänge oder unsterbliches Meerweh. Es geht um Reisen, in denen eine überstandene Erkrankung gefeiert werden sollte, oder auch um den letzten Urlaub eines Todkranken. Letzteres erlebten wir inzwischen mehrfach und die Tatsache, dass ich von einem Menschen inzwischen mehrere Wochen nichts mehr gehört habe, berührt mich.

Was fehlt dir am meisten?

Der Ton in den sozialen Medien ist in den vergangenen Monaten rauer geworden. Geht es um das Thema Reisen, wird es knifflig, die richtige sprachliche Balance zu finden. Alexander und ich haben daher ab und an das Gefühl, dass wir manche Inhalte gerade besser nicht publizieren sollten. Es fühlt sich irgendwie mehrwürdig an, die Unbeschwertheit fehlt.

Andere Menschen tun hingegen virtuell genau das, was ihnen in der Realität verwehrt ist. Sie rücken zusammen und versuchen einander das zu geben, was jeder braucht: Empathie, Zuwendung und ein Miteinander.

Alt bliver godt igen – Alles wird wieder gut.

Während des ➡ erneuten Lockdowns in Nordjütland haben wir beide uns sehr oft gefragt,  was uns am meisten fehlen würde. Und genau jene Frage habe ich vor ein paar Tagen öffentlich auf Instagram gestellt. Ich erhielt unglaublich viele Mitteilungen, die ich im Folgenden zusammenfasse:

„Ich vermisse

  • soziale Kontakte.
  • Dänemark.
  • meine Familie und Freunde.
  • das Reisen, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen.
  • Umarmungen/Berührungen.
  • das Meer.
  • es, einfach in den Urlaub fahren zu dürfen.
  • spontan im Alltag und bei Treffen sein zu dürfen.
  • Bewegungsfreiheit.
  • das Recht auf eigene Entscheidungen.
  • den Einkaufsbummel.
  • Café-/Restaurantbesuche
  • die Leichtigkeit des Lebens vor Corona.
  • das normale Leben.
  • Konzerte/Veranstaltungen/Theater.
  • Dinge, die mich vom Alltag ablenken.
  • Menschen.“
Gemeinsam Spielen

Viele dieser Punkte wurden mehrfach genannt. Nicht wenige äußerten sich verzweifelt, irritiert oder verärgert. Was aber am häufigsten genannt wurde, ist das, was uns Menschen eben ausmacht: Es fehlt das Miteinander.

Besonders schmerzt es, dass mein Kind (4 Monate alt) keine Kinder kennt.

Antwort bei Instagram

Nicht reisen zu dürfen, ist nicht schön, aber es ist vergleichsweise unwichtig. Es ist ungewiss, wie lange das alles noch dauern wird. Und ich habe keine Lösung. Was ich aber gerade während der letzten Wochen gelernt habe, ist, dass wir nicht nur an unser eigenes Leid denken dürfen. Es gibt zu viele, die nicht die laute Stimme einer virtuellen Präsenz haben.

Herzliche Grüße aus Nordjütland,

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Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

19 Comments

  • meertau

    ich habe das auf Insta leider verpasst sonst hätte ich geantwortet: meine Arbeit. Mir fehlt am meisten meine Arbeit und als Selbständige kann ich da auch auf kein Kurzarbeitergeld, kein Beamtensalaire oder Sonstiges verlassen. In meinem Alter kann ich auch nicht einfach etwas ganz anderes tun, denn was ich bisher tat, kann ich gut.
    Das fehlt mir sehr. Die Ruhe und Entschleunigung sind angenehm, aber das Klima untereinander ist rauher geworden, Respekt und Freundlichkeit vornehmlich den eignen Blasen vorbehalten. Nun ja….. ich hoffe auf bessere Zeiten 🙂

    • Meermond

      Die eigene Lebensgrundlage bedroht zu sehen, ist sehr schlimm. Ich weiß gar nicht, wie ich dich trösten soll. Ich wünsche uns allen, dass wir bestmöglich aus dem ganzen WAHNSINN herauskommen. Alles alles Liebe!!!

  • Marlies Wolf

    Ich gebe zu, ich hätte nie gedacht, daß uns Corona solange im Griff haben wird. Dazu war es anfangs viel zu weit weg. Aber dann kamen die „Einschläge“ immer näher, wenn man jemanden kennt, der daran erkrankt ist, bekommt Corona eine Gesicht. Und nach den ersten Lockerungen atmete ich auf und glaubte noch an meinen wohlverdienten Urlaub. Ja, wohlverdient, denn nach einer von mir gewollten Trennung kam der nicht einfache Umzug. Danach sollte der Urlaub sein, die Freude darauf hat mich oft motiviert, wenn es mir mal nicht so gut ging.
    Ich leite einen Heimatverein und wir wurden nun zum zweiten mal geschlossen durch die Gemeinde. Mir fehlt einfach der Kontakt zu meinen Mitstreitern, alles schön ältere Leute, die auch froh waren über die Kontakte, das Gefühl, etwas für andere zu machen ist schon etwas besonders. Das fehlt mir besonders, der Kontakt zu Menschen. Auch das man einfach mal bei einer Begrüßung in den Arm genommen zu werden. Die Begrüßung heute sieht ganz anders aus.
    Aber wenn ich dann zu Hause in meiner neuen kleinen Wohnung sitze, merke ich doch, wie gut es mir geht. Die Wohnung ist warm, der Kühlschrank gefüllt, ich kann ja mit Maske immer noch weiter einkaufen gehen, über das Internet habe ich meine Kontakte virtuell in die ganze Welt. Und ich wohne in einer wunderschönen Gegend, in der Sächsischen Schweiz, ich kann endlose Spaziergänge in wunderschöne Ecken, Wälder unternehmen. Das kann nicht jeder in dieser Zeit sagen. Eine sehr gute Freundin wohnt in Brasilien, sie schaut von ihrem Appartement direkt aufs Meer, herrlich denkt jetzt hier bestimmt mancher. Aber sie darf es seit 9 Monaten nicht verlassen. Eingesperrt mit ihrem hoch dementen Ehemann, 24 Stunden können hier endlos werden, seine ständigen Fragen, warum sie nicht rausgehen….?????
    Was mir auch fehlt, ist mein Kontakt ins Nachbarland CSR, ich unterstütze hier mit Freunden ein Kinderheim mit 40 Kindern, wir bringen zu Ostern und zum Nikolaus immer Süßigkeiten für die Kinder, sammeln auch Spenden für die Kinder. Die Osterhasen warten immer noch darauf, daß sie nach Ceska Kaminice können. Und jetzt steht es erneut in den Sternen, ob wir unsere Überraschungen dorthin bringen können. Wir wollen sie auch nicht gefährden. Ich merke gerade, dass ich mir um andere mehr Sorgen machen, als um mich selbst, aber das hatte ich ja auch begründet. Mir geht es sonst gut.
    Alles hat ein Für und Wider, aber alles vergeht einmal und dann genießen wir das, was wir heute so sehr vermissen.
    Worüber ich mich aber sehr freue, sind die Bilder und Berichte hier, dann hole ich meine Bilder und Reisetagebücher dazu und träume mich weg.

    • Meermond

      Liebe Marlies, ich danke dir dafür, dass du deine Geschichte mit uns teilst. Ich hoffe, sie wird von möglichst vielen Menschen gelesen!
      Ich freue mich am meisten darüber, dass es dir gut geht und dass dir unsere Berichte und Bilder dabei helfen, dass das auch zumindest seelisch so bleibt. Pass gut auf dich auf, bleib gesund und danke dir!

  • etoilefilante22

    für mich beseutet die reiseeinschränkung, dass ich meine familie seit mai 2019 (leider kein tippfehler) nicht mehr gesehen habe. Dieausschliesslichen telefonkontakte über eine so lange zeit lebendig zu halten ist nicht ganz einfach.
    Dazu kommen die in frankreich drastischen einschränkungen, die es mir nicht möglich machen menschen zu sehen, die weiter als einen kilometer von mir entfernt wohnen. Ich hoffem dass heute abend wenigstens diese einschränkungen aufgehoben werden.

    Bisous vom meer (das weniger als 1 km von mir entfernt ist!)

    • Meermond

      Meine Liebe, ich umarme dich. Wir haben im August einen winzig kleinen Teil unserer Familie gesehen. Den Großteil vermissen wir seit Oktober 19. Das ist nicht schön. Da tröstet nicht einmal das Meer, stimmt´s?
      Alles alles Liebe!!!

  • freiedenkerin

    Wir leben vergleichsweise trotz der doch eigentlich relativ milden Einschränkungen nach wie vor im Luxus, haben ein Dach über dem Kopf, ein warmes Bettchen, können uns mehrmals täglich satt essen. Ich finde von daher auch, dass Viele auf einem sehr hohen Niveau jammern… Dass ich derzeit nicht spontan mein Köfferchen packen und die Einladung einer Freundin aus Hamburg wahrnehmen kann, macht mich etwas traurig. Aber das wird halt dann nach Corona nachgeholt, und doppelt so schön und interessant. 😉
    Liebe Grüße, und bleibt gesund!

    • Meermond

      Ich finde auch, dass es uns im Vergleich zu anderen Erdteilen ziemlich gut geht! Dennoch bemühe ich mich, das empfundene Bedauern/Leid anderer anzuerkennen. Für sie mag es sich wirklich leidvoll anfühlen.
      Ich persönlich erlebe in diesem Jahr sogar eine gewisse „Erdung“. Und damit bin ich offenbar nicht allein, wie ich nun weiß. So schmerzhaft das alles empfunden werden kann, so viel Wertvolles gerade jetzt möglich.
      Von Herzen gute Wünsche in den Süden!

  • Claus Hübner

    Ich kann den genannten Punkten im Grunde genommen durchaus zustimmen. Andererseits fühle ich selbst mich nicht so heftig eingeschränkt, da ich mich an die Regeln haltend doch noch recht gut und frei bewegen kann und Gesund bin. Das trifft auch für meine Familie zu. Und so finde ich auch dass wir auf einem recht hohen Niveau „Jammern“, wenn man es denn so nennen kann. Für mich ist es eigentlich am schlimmsten, dass man nicht wirklich etwas gemeinsames wie Weihnachten, Familientreffen oder Urlaub usw. planen kann. Damit fällt für mich auch die jeweilige Vorfreude weg und es gibt nur wenig, was einen im Vorwege die Zeit bis dahin verschönert oder verkürzt. Bleiben also wohl nur die Erinnerungen und die Hoffnung auf baldige Besserung. Bis dahin bleibt alle gesund.

    • Meermond

      Lieber Claus, ich erleb(t)e zum Beispiel das Getrenntsein von meinem Kind, von meinem Papa, von unserer gesamten Familie als sehr belastend. Obwohl ich doch selbst diesen Wohnort gewählt hatte …
      Auch wenn jemand auf besagtem hohen Niveau jammert, so erlebt dieser Mensch persönliches Leid. Und das versuche ich immer anzuerkennen. Aus deinen Zeilen lese ich heraus, dass deine Freude auf Weihnachten mit Familie verloren gegangen ist. Und das ist, obwohl du dich selbst nicht als eingeschränkt beschreibst, ein deutlicher Einschnitt in deinem ganz persönlichen Leben, nicht wahr? Und damit tausche ich dein oben geschriebenes „Andererseits“ gedanklich in ein „Gleichzeitig“.
      Ich wünsche dir und deiner Familie alles Gute und viel Gesundheit

  • Ines

    Ich kann schon verstehen, dass es vielen so geht. Meine Freunde und meine Familie vermisse ich auf jeden Fall auch. Das Beisammen sitzen, mal ein Spieleabend machen, ins Kino gehen. Hauptsächlich habe ich das Ganze für mich aber wohl ganz gut gelöst: Da ich eh viel draußen bin, wird häufig einfach eine Wanderung oder ein Spaziergang unternommen. Mit Abstand. Keine Umarmungen.
    Was ich aber auch gemerkt habe: Mal nicht ständig unter Menschen sein zu können, das beruhigt mich auch ungemein. Ich entschleunige tatsächlich dadurch, weil ich mir früher immer viel zu viel sozialen Freizeitstress vorgenommen habe. So kann ich irgendwie auch mehr für mich tun. Daher ist das Reisen im Moment wirklich der größte Abstrich, den ich machen muss. Aber das ist das Nörgeln auf anderem Niveau. Ich bin froh, dass ich gesund bin, das meine Liebsten gesund sind und versuche auch weiterhin alles dafür zu tun, dass das so bleibt. 🙂

    Liebe Grüße
    Ines

  • Ingride Mateen

    Was mir dazu grad einfällt:
    Das ich dabei bin mich selbst zu zensieren und das macht keinen Sinn. Und spüre auch dass sich der Ton verschärft hat, doch wenn ich sage was ich denke und auch fühle, greife ich niemanden an. Ich sage meine Meinung nicht mehr und nicht weniger! Liebe Grüsse Ingride Mateen

  • Erika

    Vieles ist leider „Jammern auf hohem Niveau“. Vieles dient der Ablenkung, um sich selbst und den Herzensmenschen nicht aufrichtig begegnen zu dürfen / müssen. Ja, es gibt vieles auf das wir verzichten und uns einschränken müssen, doch ich frage mich oft: ist es wirklich soo schlimm? Nein. Und es gibt ganz viele Lebensgeschichten und Situationen, die wahrhaftig schmerzhaft sind.

    • Meermond

      Ich stimme dir zu. Einige Menschen jammern wirklich auf hohem Niveau und empfinden das Leid, das sie in einer immer noch funktionierenden 1. Welt erleben, als schlimm. Aber Leid wird subjektiv empfunden, selbst wenn es bei genauerer Betrachtung weit schlimmere Sorgen gibt. Derartige Geschichten habe ich tatsächlich mehrere zu hören bekommen und gerade jene sind es, die mehr gehört werden sollten. Aber gerade jetzt werden sie noch weniger gehört als vor Corona …

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