Leben in Dänemark

Kulinarische Reise durch Skandinavien: der Hyggekuchen

Essen ist großartig.

Man füllt nicht nur seinen Magen, sondern oft auch die Seele damit. Durch Essen lernt man Land und Leute näher kennen.

Sogar meine frühesten Erinnerungen an andere Länder sind mit Nahrung verbunden. Meine allerersten Urlaube verbrachte ich auf Mors in Dänemark und obwohl ich damals noch nicht einmal im Kindergartenalter war, erinnere ich mich an herrliches Softeis und viel zu viel Leberpastete, die der hofeigene Hund heimlich unter dem Tisch fressen musste.

Die Geschichte mit der Leberpastete

In den 70ern war es noch ziemlich exotisch, als Bayer in Nordjütland zu urlauben und dort gleich mehrere Wochen zu bleiben. Das Angebot an Ferienhäusern war bei weitem nicht so groß wie heute und darum verbrachten wir unsere Sommerwochen mehrere Jahre hintereinander auf einem alten Pferdegestüt. Das Gebäude war durch eine mir fabelhaft erscheinende Tür in zwei Wohnbereiche getrennt. Wir teilten unser Feriendomizil inclusive Garten mit den Hausherren, einem betagten Ehepaar. Ich erinnere mich an stillgelegte Pferdeställe, Obstbäume, farbenprächtige Blumenwiesen, frische Semmeln und reichlich Joghurt.

Und die verbotenen Beeren.

Die prallen Stachelbeeren durften wir leider nie essen, weil Dagny – so hieß die alte Dame – jene immer komplett verarbeitete. Nicht eine einzige Beere durfte für uns Kinder übrig bleiben. Sie kochte und backte den ganzen Tag und es roch fast ständig nach selbst gemachter Wurst, um genau zu sein nach Leberpastete. Eines meiner ersten dänischen Worte war tatsächlich leverpostej. Wir durften zwar nie den Stachelbeerkuchen oder die -marmelade probieren, dafür aber die Pastete. Sie schmeckte mir genauso wenig wie dem Ehemann Arnold, der seine Frau immer liebevoll und überschwänglich für die Pastete lobte –

und dem Hund unter dem Tisch heimlich den ungeliebten Gaumenschmaus zuschob.

„Söss liebt Läverpostäi“, zwinkerte der Alte mir einmal in seinem merkwürdigem Deutsch zu, als ich mit dem Hund unter dem Tisch hockte und mich über die verstohlene Fütterung wunderte. Ich verstand die Komik damals zwar noch nicht, war aber davon überzeugt, dass „Läverpastöi“ etwas unglaublich Gutes sein musste. Ich bekam auch ein paar von den Brotstückchen ab und war ab diesem Zeitpunkt Teil eines großen Geheimnisses.

Dagny wiederum erzählte meiner Mama beim Kaffee, dass sie soviel Arbeit mit dieser ewigen Wurst hätte, aber weil Arnold sie doch so gerne mochte, bereitete sie sie ihm immer gerne zu.

Eine rührende Geschichte, wie ich heute finde. Ob die beiden sich vor ihrem Tod noch ihr Geheimnis anvertraut haben, weiß ich nicht. Auf alle Fälle bedeutet mir die Erinnerung an diese beiden Menschen viel. Sie waren so geduldig mit uns, sie lehrten uns, die Natur genauer anzusehen und ließen mich das erste Stockbrot meines Lebens backen. Auf einem selbst geschnitzten Stock natürlich.

Obwohl ich wie gesagt noch ein Kindergartenkind war, sagte mir diese ruhigere Art der Lebensauffassung zu. Und als meine Eltern beim dritten Urlaub auf dem Reiterhof eine befreundete, ziemlich nervige Familie mitgenommen hatten, flüchtete ich mich sehr oft zu Dagny und Arnold. Und da bekam ich viel Kuchen.

Der Hyggekuchen

Vor ein paar Tagen stolperte ich im Netz über ein verlockendes Kuchenrezept. Die Bloggerin Conny publizierte in einem ihrer Beiträge das Rezept zu einem Kuchen röra ihop.

[Nein, das ist jetzt keine Werbung, für die ich Geld bekomme oder einen Auftrag erhalten habe, es ist eine simple Quellenangabe: https://lagom89.wordpress.com/2018/07/18/roera-ihop-ist-der-perfekte-sommerkuchen-lagom-einfach/#comments].

Lagom ist das schwedische Pendent zur dänischen Hygge und darum präsentiere ich euch heute einen Kuchen, wie ihn Dagny damals in ihrer wundervoll schrulligen Küche gebacken haben könnte:

Kuchen Sommer Hygge
Sommerlicher Johannisbeerenkuchen

Connys Originalrezept habe ich etwas angepasst, weil ich die mit 4dl angegebene Zuckermenge zu hoch fand. Aber der röra ihop hat mehrere Vorteile:

Er geht schnell.

Er ist blitzartig gebacken und ich muss nicht lange voraus planen. Man kann jedes Obst verwenden, das man gerade im Haus oder im Garten hat. Geradezu perfekt für einen hyggeligen Nachmittag und darum nenne ich ihn hiermit auch

Hyggekuchen.

Hygge Dänemark Kuchen_klein

Zutaten:

4 dl Mehl

2dl Zucker

200 g zimmerwarme Butter

4 Eier

2 TL Backpulver

Vanille nach Geschmack

Die Zubereitung ist einfach:

dl Mehl Menge
4dl Mehl abmessen: einen Messbecher bis zur Angabe 400ml befüllen.

Beim Abmessen der Mengen bitte beachten, dass 1 dl eben 100 ml entspricht.

In Skandinavien sind dl eine übliche Mengenangabe.

Mehl und Backpulver in eine Schüssel geben, dann den Zucker und die Vanille dazu und vermischen.

Die weiche Butter zugeben und unterrühren. Zum Schluss die Eier einschlagen und fertig ist der Teig.

Ich habe nicht einmal einen Handmixer dafür gebraucht. Mit einem Schneebesen ging das ganz schnell und einfach.

Den Teig gibt man dann auf ein Blech (ich benutzte eine große, viereckige Bratform mit Backpapier, weil mir die Teigmenge zu gering für ein ganzes Blech erschien) und bestreut ihn mit Obst.

Der Kuchen muss nur 25 – 30 Minuten bei 175 Grad backen.

Hygge Kuchen Dänemark
Leider sind nur vier Stücke für das Foto übrig geblieben.

Wir haben es wieder nicht geschafft, das Abkühlen des Kuchens abzuwarten.

Schon beim Herausheben aus der Form musste ich doch testen, ob die Zuckermenge gereicht hatte – sie hatte.

Dann musste ich die Fluffigkeit des Gebäcks überprüfen – sie war hervorragend.

Hygge Kuchen

Dann mussten drei meiner Männer das neue Rezept kritisch beurteilen – ich möchte den Kuchen doch bitte wieder backen.

Dann fiel mir ein, dass das für euch vielleicht eine tolle Idee wäre und ich dekorierte schnell die Platte mit den verbliebenen vier Stückchen.

Dann kam der Preußenbayer von seiner Verabredung zurück und befand die dekorierte Platte für äußerst einladend.

Und das war es dann mit dem Hyggekuchen.

Velbekomme,

Schriftzug Meermond

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Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

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