Nordjütland,  Reisen in Dänemark

Familienidylle am Limfjord

„Das dürfen wir im Blog nicht zeigen. Da werden sie alle noch trauriger“, meint Alexander, als wir beide angesichts der überwältigenden Aussicht beinahe den Atem anhalten. Nur kurz bin ich seiner Meinung, häufen sich in der Tat die virtuellen Seufzer derer, die sich nach Urlaub sehnen und unter akutem Fernweh leiden. Wir fahren den Abhang hinunter und biegen zum Jachthafen ab.

Das Wasser leuchtet tiefblau, die Masten der Schiffe schaukeln nur ganz sacht im lauen Lüftchen und die Sonne strahlt mit unseren Augen um die Wette. „Ich glaube, es ist besser, die Meermondleser ein wenig abzulenken. Man sollte nicht nur immer an das denken, was man versäumt, sondern sich auf das konzentrieren, was man bald selbst wieder sehen und erleben kann“, gebe ich zu bedenken.

Und kaum hat er den Motor abgestellt, springe ich schon aus dem Auto und halte mein Handy direkt in die Sonne.

Jachthafen Hvalpsund

Unterwegs mit dem Wohnwagen

Die Kinder finden es langweilig, Schiffe ansehen zu müssen und fordern lautstark dazu auf, jetzt endlich auf den Spielplatz zu dürfen. Die ganze Fahrt über hätten sie sich schon darauf gefreut und dann sollten sie bei doofen Schiffen rumstehen. Ich beschließe, noch einmal herzukommen und dann machen wir uns auf den Weg zum Campingplatz.

Nach Ostern haben in Dänemark wieder viele Campingplätze ihre Pforten geöffnet. Und wie es der Zufall will, haben wir uns am Gründonnerstag mit einem kleinen, gebrauchten Campingwagen beschenkt. Die Wartezeit bis zu dessen Abholung erschien uns allen beinahe unerträglich, doch syn (vergleichbar mit TÜV) und Zulassung waren wegen Ostern nicht möglich. Als er dann endlich in unserer Einfahrt stand, fingen wir umgehend mit den Vorbereitungen für den ersten Wochenendausflug an.

Ab jetzt hygger vi os auch im Wohnwagen.

Am vergangenen Freitag nach der Arbeit gingen wir mit unserem „Fluchtwagen“ getauften Campingwagen auf die Reise. Als Ziel hatten wir uns Hvalpsund am Limfjord ausgesucht. Der Ort liegt im westlichsten Punkt des Himmerland, welches noch zu Nordjütland (Region Nordjylland) gehört. Von hier aus kann man mit der Fähre zur Kommune Skive übersetzen.

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Der Campingplatz in Hvalpsund ist familienfreundlich ausgestattet. Er bietet einen abwechslungsreich gestalteten Spielplatz, Familienbäder und in den Sommermonaten auch einen Poolbereich mit überdachter Lounge. Vom Platz aus gelangt man zu einem Strand, der extrem flach abfällt und somit sogar für die Allerkleinsten geeignet ist. Gepunktete Steine, Muscheln und riesige Austernschalen sind nicht nur schön, sondern auch ein perfektes Strandspielzeug.

Der Strand bei Hvalpsund fällt nur flach ab.

Sonnenuntergang am Limfjord

Als wir am frühen Abend ankommen, reicht unsere Geduld nur noch für ein kurzes Abendessen aus. Wir müssen unbedingt noch an den Strand. Dort treffen wir auf ein paar Spaziergänger mit Eimern, die sich auf die Suche nach einem schmackhaften Abendessen gemacht haben. Der Bestand an Austern im Limfjord ist in den vergangenen Jahren nämlich gewachsen und inzwischen kann man auf ?Austernsafari gehen, um sie zu verkosten. Wir werfen sie zurück ins Wasser.

Im Limfjord gibt es Austern.

Gegen 21 Uhr deutet sich ein Farbspektakel der besonderen Art an. Die Kinder haben ihre übliche Zubettgehzeit sowieso schon überschritten und wir holen uns warme Kleidung. Es ist inzwischen eisig kalt, aber dieser Sonnenuntergang will am Wasser genossen werden.

Sonnenuntergang um halb zehn.

Den mystiske ø!

Nach einer vor Aufregung durchkicherten Nacht gelingt es uns nicht, die Kinder vor dem Mittagessen aus dem Schlafanzug zu bekommen. Murrend wackeln sie mit uns zum Strand hinunter. „Mama, da ist eine mystiske ø aufgetaucht!“, stellt der kleine Wikinger plötzlich fest. Tatsächlich zeichnet sich über dem Wasser eine nun deutlich sichtbare Sandbank über dem Wasser ab. Wenn sie zu dem Naturschutzgebiet der Rotholmene gehört, dann ist diese Insel (dän. ø) ganz und gar nicht mystisch, nur geheimnisvoll. Viele Informationen darüber konnte ich nämlich nicht finden, dafür einen hübschen Rundflug:

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Wir stehen eine Weile am Ufer und blicken über das Wasser. Wir sehen der Fähre nach Sundsøre zu und beschließen, auch die andere Seite erkunden zu wollen. Kaum gesagt und schon stehen wir Eis essend in der Schlange am Fährhafen. Es halten sich erstaunlich viele Menschen bei der Eisdiele auf und die meisten der am Wasser stehenden Picknicktische sind besetzt.

Blick auf Sundsøre

Die andere Seite

Die Fahrt mit der Autofähre ist nur sehr kurz und doch muss ich unbedingt jenes besondere Glitzern im Meer festhalten. Genau so glitzert es nämlich nur, wenn man auf einem Schiff ist:

Das Glitzern im Meer

Leider ist es schon zu spät, um mit den Kindern einen Ausflug auf Fur zu machen. Wir folgen unserer Nase und sammeln ein paar schöne Eindrücke von der anderen Seite:

Plätzchen mit Aussicht

Wir folgen der Margeritenroute und entdecken den umgestalteten Dorfplatz von Junget, den nun ingesamt vier verschiedene Türme verzieren. Sie wurden aus den Steinen abgerissener Häuser gebaut.

Dorfplatz von Junget

Wir durchstreifen die hügelige Gegend, die überwiegend landwirtschaftlich geprägt ist. Ab und an passieren wir gewaltige Gutshöfe, die an Schlösser mit fabelhafter Aussicht auf den Fjord erinnern.

Fundstück!

Wir schaffen es tatsächlich noch bis Branden, von wo aus das Schiff nach Fur ablegt. Aber sowohl der eisige Wind als auch die murrenden Kinder lassen uns doch den Heimweg antreten.

Blick auf Fur

Der Mole-Knast

Zurück in Hvalpsund schlendern wir noch ein letztes Mal am Jachthafen herum. Obwohl ich leicht seekrank werde, sehe ich Schiffen gerne beim Schaukeln in den Wellen zu. Ich mag auch die kleinen Schlangenhäuschen, die man oft in dänischen Häfen sehen kann. In Hvalpsund nennt man das Versammlungs- und Servicehäuschen Mole-Knast, was ich salopp mit Molen-Bude übersetzen würde. Allerdings könnte es auch ein pfiffiges Wortspiel sein, denn at bo på knasten heißt unter dem Dach wohnen und knast ist auch im Dänischen ein Gefängnis … Die Frage, ob man unter den spitzen Dächern seinen Rausch ausschlafen kann, fanden meine Jungs nicht sonderlich spannend und so kehrten wir zurück zu unserem Flucht-Knast.

Der Molen-Knast

Hygge am Campingplatz

Wie überall auf der Welt trifft man auch auf dänischen Campingplätzen redselige Leute. Alexander und die Kinder verbringen den dritten Tag entweder auf dem Spielplatz oder bei einem geselligen Ehepaar mit zwei Hunden. Ich habe also Zeit, auf Erkundungstour zu gehen und dem kreischenden Geräusch einer Kreissäge zu entfliehen. Erstaunlicherweise wird auf einem Campingplatz genau so viel gearbeitet wie in einer Wohnsiedlung. Hier hämmert einer an einem Zaun, dort schneidet einer Bretter für eine Holzterrasse zu und ein anderer mäht – Wie könnte es auch anders sein in Dänemark? – seinen Rasen.

Gartengestaltung am Campingplatz

Es haben sich viele Dauercamper niedergelassen und kleine Parzellen eingerichtet, die sie liebevoll hegen und pflegen. Wir sind die einzigen „mobilen“ Camper in unserer Straße. Ich frage nach, ob wir im Sommer überhaupt noch eine Chance auf eine freie Stelle haben werden, denn der Platz liegt gut und täglich werden neue Terrassen gezimmert. Der Mann mit den Vogelhäuschen lächelt mich an und meint: „Na klar, die Plätze direkt am Ufer dürfen wir nämlich nicht zum Dauercampen haben!“

Ich spaziere durch das kleine Wäldchen und setze mich auf die eine oder andere Uferbank. Eigentlich klingt das alles nach einer guten Idee. Wir könnten doch wirklich mal direkt am Ufer campen, dem Plätschern des Limfjords zuhören und doch noch einen Ausflug auf das landschaftlich bezaubernde Fur machen.

Ich freue mich darauf!

Herzlichst,

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Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

25 Comments

  • Waltraud

    Hallo Birgit, ich denke man sollte in diesen Tagen das Beste aus seinem Alltag herausholen so wie Marion und Alexander es mit ihren Kindern machen. Und das schönste ist, das die 2 uns an ihren Ausflügen mit solch tollen Bildern teilhaben lassen. Ich persönlich, und ich denke alle Dänemarkfans die MEERMOND begleiten, freuen uns immer wieder über die wunderbaren Beschreibungen, denn jeder hat bei dem einen oder anderen Ort seine eigenen Erinnerungen. Traurig sind wir alle das wir in diesem Jahr auf so vieles, was uns bisher selbstverständlich erschien, verzichten müssen aber die Gesundheit ist unbezahlbar.
    Liebe Marion und Alexander macht bitte weiter so.?

    • Meermond

      Liebe Waltraud,
      ich danke dir für diese Worte! Die Leserin hat mir geschrieben, dass sie die Löschung ihres Kommentars wünscht, was ich natürlich gemacht habe. Jawohl, wir werden weitermachen, denn Meermond lebt von den Geschichten und Bildern, die wir im wahren Leben sammeln. Auch wir leiden, müssen verzichten, sind traurig und fühlen uns nicht durchweg so, wie es hier im Blog vielleicht den Anschein hat.
      Ich habe mich aber dazu entschlossen, positiv zu bleiben und dieser Blog ist ein Teil dieses Vorsatzes.
      Ganz herzliche Grüße und fühl dich umarmt <3

  • Stella, oh, Stella

    Das Abendfoto ist ja wunderschön, welche Farben!!!

    Die Plätze mit der besten Aussicht werden immer für Touristen reserviert (in- oder ausländische), denn an denen verdienen die Campingplätze mehr als an den Festliegern.

    Ach, ja, Fur, da sind wir auch schon ein paarmal gewesen. Da warten noch Fotos auf Veröffentlichung … eine schöne Insel.

    • Meermond

      Danke dir für die Info. Ich glaube, ich gebe den Aussichtsaufschlag dann doch lieber für ein Extraeis aus und lauf die paar Schritte bis zum Ufer runter.
      Ich bin gespannt auf deine Fur-Bilder!

  • Marlies Wolf

    Danke für diesen Bericht, ich schauen mir immer in den Wintermonaten die Bilder von den Urlauben an und träume mich hinein in die neue Saison. In diesem Jahr dauert das Träumen halt ein bißchen länger, aber Träumen ist gestattet,
    Ich beneide Euch trotzdem um das freiere Leben dort. Campingplätze sind schon geöffnet, gerade zu Ostern wären hier sicher viele hinaus gefahren. Ich wohne in der Sächsischen Schweiz und wir wurden regelrecht abgeriegelt. Alle Parkplätze gesperrt, kommende Urlauber zurückgeschickt.
    Ab gestern sind nun wenige Lockerungen hier zu sehen in Deutschland, aber es wird sicher noch lange dauern, bis wir zur Normalität zurückkehren.
    Verwöhne mich ruhig noch ein wenig mit Deinen Berichten und Bildern.

    • Meermond

      Normalität ist auch hier noch lange nicht, auch wenn es vielleicht den Anschein erweckt. In großen Supermärkten gibt es Absperrbänder für Einbahnregelungen, Vieles hat noch immer geschlossen, in Schulen und Kindergärten läuft ein Notprogramm (teilweise mit extrem fragwürdigen Regelungen!)…Normalität ist das noch lange nicht.
      Ich verwöhne uns alle gerne mit positiven Bildern und Geschichten. Denn so kann man das alles besser ertragen, nicht wahr?

  • Heike B.

    Da bin ich ja froh, dass du dich durchgesetzt hast: das sind super schöne Bilder und ein toller Bericht!
    Ich war zuletzt in den frühen 80ern in Nordjylland und weiß nicht, ob ich nochmals wieder kommen werde, da ich mittlerweile gehandicapt bin – daher freue ich mich immer sehr über die Bilder und Berichte – fast so, als wenn ein Schwamm Wasser aufsaugt. ?
    Tausend lieben Dank!

    • Meermond

      Vielen Dank, liebe Heike!
      Es freut mich, wenn dir unser Blog Freude bereitet. Das soll er nämlich, dafür machen wir uns die ganze Arbeit <3
      Ganz herzliche Grüße,
      Marion

  • Reinhold A. Schindler

    Ich freue mich für Euch.Limfjord?JA:Mors,
    Thisted und unser Traumhaus in Amtoft seit vielen Jahren ,
    kleiner Hafen mit Campingplatz,Kobmand ,Cafe und toller neuer Spielplatz für die Kids.
    Ende Mai wird wohl nichts,aber wir hoffen auf den Herbst.
    Danke,eure Bilder beleben !
    Liebe Grüsse aus HH
    Reinhold

    • Meermond

      Lieber Reinhold,
      ich freue mich, dass dich unser Bericht dazu bringt, in deinen schönen Erinnerungen zu schwelgen.
      Ich hoffe auch auf eine baldige Rückkehr zu einem Leben, das nicht mehr einengt und einschränkt.
      LG

  • K.M. Fantasy World

    Ach ihr Lieben,
    toll das euch euere Jungfernfahrt gefallen hat.
    In der Tat hatte ich zu Beginn des Beitrags ein Tränchen im Auge, da die Sehnsucht groß und der heimische Vogelkäfig geschlossen ist. Doch je weiter ich lass umso breiter wurde das Lächeln.
    Die Vorstellung vom Eis am Wasser, euer Gekicher in der ersten Nacht und die schönen Bilder ließen mir das Herz aufgehen.

    Ich freue mich von euren weiteren Abenteuern mit dem Fluchtwagen zu lesen.

    Liebste Grüße sendet euch Kerstin

    • Meermond

      Hej Kerstin,
      du bist einfach lieb <3
      Ich bin sicher, wir holen die abgemachte Teetasse in deinem Dicken nach. Und dann tauschen wir Geschichten und Erinnerungen aus.
      Ich freue mich drauf.
      LG zurück!

    • Claus Hübner

      Herrlich, einfach nur schön, man liest eure „Befreiung“ nach Corona direkt raus. Ich wünsche euch allen ganz viel Spaß und immer eine gute Fahrt mit eurem Fluchtwagen.

      • Meermond

        Danke dir!
        Ja, wir fühlten auch den dringenden Wunsch nach ein kleines bisschen Freiheit. Aber ehrlich gesagt, bis dahin ist auch in Dänemark noch ein weiter Weg … Bis dahin sammeln wir möglichst viel Positives. Für uns und für alle, die gerne mitflüchten.

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