Historisches Museum Hjørring: Gerüchte, Geschichte und Grausamkeit
Willst du einmal sehen, was von nordjütischen Richtern geurteilte „Gerechtigkeit“ im Jahre 1822 bedeutet hat?
Erschüttert angesichts der Grausamkeit stehe ich vor dem Glaskasten und blicke auf das Entsetzen hinunter, das Thomas Thomasen Bisp der Nachwelt hinterlassen musste.
Das Vendsyssel Historiske Museum
Viereinhalb Jahre leben wir nun schon im Vendsyssel und wir haben keine Erklärung dafür, warum wir noch nie im Historischen Museum in Hjørring waren. Ich ärgere mich ein wenig über diese Nachlässigkeit. Das Museum ist nämlich wirklich einen Besuch wert!
Auf dem Weg zum Museum gehen wir durch Hjørrings ältesten Stadtteil. Farbenfrohe Häuser und Kopfsteinpflaster stimmen uns auf das ein, was uns erwartet: Ausstellungen über die Vorzeit des Vendsyssels, nordjütische Kulturgüter und Kunst vom Mittelalter bis zum Jahr 1920 und die Geschichte der Stadt.
Durch das Museumscafé gelangen wir in einen großen Museumsgarten. Im Sommer blühen und wachsen dort Heilkräuter und Blumen, die vor dem alten Pfarrgebäude aus Sindal sicherlich schön aussehen werden. Das Museum lädt explizit dazu ein, seinen Picknickkorb mitzubringen und die Pracht zu genießen.
Wir schlendern etwas auf dem Gelände herum, bestaunen steinzeitliche Hinterlassenschaften und Gräber und gelangen schließlich zu einem alten Stall und weiteren historischen Gebäuden. In ihnen finden wechselnde Ausstellungen statt.
Geschichte und Gerüchte
Die frühesten Exponate des Museums stammen aus den Anfängen der Besiedelung des Vendsyssels 11000 v. Chr. Töpferkunst, Schmuck und behauene Steine geben einen Eindruck vom Leben der ersten, handwerklich geschickten Bewohner Nordjütlands.
Besonders beeindruckt haben mich die Frau aus dem Moor, die Fundstücke vom ➡ Kentern der Crescent vor Lønstrup und die Geschichte um die bei Tornby gefundenen „Ulvkær Lurer“ aus der Bronzezeit.
Die etwa 1,75m langen Blasinstrumente wurden ca 700 v. Chr als Opfergabe in das Moor gelegt und tauchten erst nach 1988 wieder auf.
Um diesen Schuh ranken sich interessante Gerüchte. Ob sie wahr sind oder nur erdacht, das kann derzeit niemand sagen: Dieser Schuh gehörte der Königin Caroline Mathilde, der Ehefrau von Christian VII. Sie ist bekannt für die Affaire mit dem deutschen Arzt Johann Friedrich Struensee, welche 1772 ein tragisches Ende fand. Angeblich stolperte Caroline darin und wurde von einem jungen Mann fest gehalten, um nicht in den Sand zu fallen. Gerüchte, Hofklatsch und Intrigen führten schließlich zur Verbannung des vermeintlichen Gentlemen. Nach seiner Rehabilitierung wünschte er als Entschädigung eben das Paar Schuhe, in dem die Füße der Königin beim Sturz steckten. Er bekam sie voller Gold gefüllt überreicht. Heute ist nur noch einer davon erhalten.
Einkaufen wie früher
Zum Museum gehört ein alter Kaufmannsladen, den Freiwillige in den Sommermonaten zum Leben erwecken.
Ab ➡ Juli können die Besucher in die Geruchs- und Lebenswelt vergangener Zeit eintauchen und Produkte erwerben, die die Generation der dänischen Großeltern noch aus ihrem Alltag kennen:
Ersatzkaffee, Bonbons aus dem Glas, Zuckerkringel und viel mehr.
Thomas Thomasen Bisp
Das schaurige Highlight des Tages war für uns aber der Blick auf die sterblichen Überreste von Thomas Thomasen Bisp, der als letzter in Hjørring Hingerichteter zu trauriger Berühmtheit gelangen musste.
Hingerichtet wurde er am 22. Juli 1822, aber man misshandelte ihn wie in den dunkelste Zeiten der Inquisition. Es reichte nicht, ihn für die Vergiftung seiner Ehefrau zu enthaupten. Man band den Körper auf ein Rad und spießte seinen Kopf auf.
Ich finde es äußerst beruhigend, dass die Menschen des Vendsyssel sich inzwischen zu humorvollen und liebenswerten Gesellen entwickelt haben, die nach der Schließung einer in Hjørring ansässigen Keksfabrik Abschiedsbriefe an einen Backofen schreiben:
Neuigkeiten zum Rubjerg Knude Fyr
Zum Vendsyssel Historiske Museum gehören mehrere Abteilungen:
➡ Hirtshals Museum, Hirtshals Bunkermuseum, Landschafts- und Landwirtschaftsmuseum in ➡ Mosbjerg und der Strandfogedgården in Rubjerg.
Letzterer zeigt eine Ausstellung zur Geschichte und Versandung des Rubjerg Knude Fyr. Leider wird es am 29. Juni 2019 zum letzten Mal seine Pforten öffnen, da der Pachtvertrag ausläuft und die zahlenden Besucher nicht ausreichen. Mit dem geplanten Umzug des Rubjerg Knude Fyr soll eine neue Möglichkeit gefunden werden.
Laut Information von Jakon Kofoed Nilsen, der als Naturführer beim Museum arbeitet, ist geplant, den Leuchtturm im Herbst diesen Jahres ins Landesinnere zu versetzen. Das ist aber auch noch nicht so ganz sicher, es kann also durchaus bis zum Frühjahr 2020 dauern – falls die Natur oder gar die Statik dem Ganzen nicht einen Strich durch die Rechnung zieht.
Ich halte euch auf dem Laufenden und wünsche god fornøjelse,
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Informationen zum Museum: www.vhm.dk
9 Comments
Pingback:
freiedenkerin
Die Geschichte von Caroline Mathilde und dem Arzt Struensee berührt mich immer so sehr… *Seufz!*
Meermond
Als ich vor diesem winzigen Schühchen stand – so schmal und maximal Größe 37, wenn überhaupt – dachte ich darüber nach, auf welchen Seidenschühchen bei Hofe doch die abenteuerlichsten Gerüchte und Geschichten abgelaufen sind… Filmreif. Kennst du die Verfilmung? Seufz…
Ewald Sindt
Kommentar: Test
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Lieben Gruß, Ewald
Meermond
<3
Stella, oh, Stella
Da kannst du mal sehen, von dem Museum haben wir in unserer kurzen Zeit in Hjørring nur das Hinweisschild gesehen … wie gut, dass du jetzt davon berichtet hast, vielen Dank!
Meermond
Bitte sehr. Mir ging es ebenso: x-mal daran vorbei gefahren, aber immer nicht rein. Schade, da waren schon tolle Ausstellungen drin, wie ich erfahren musste…
Anja
Na, dann weiß ich ja, wo wir demnächst Mal hinfahren und uns das alles angucken! Oder hat das Museum jetzt gar nicht geöffnet?
Bis Samstag ? Anja
Meermond
Hej Anja,
das Museum hat schon geöffnet: http://vhm.dk/aabningstider/
Viel Vergnügen und vi snakkes ved 😉