Norwegen

Winter, wo bist du?

Ich bin mir sicher, dass nicht nur ich den norwegischen Winter kennen lernen möchte. Stelle ich mir Januar in Norwegen vor, so habe ich gewaltige Schneeberge und hohe Minusgrade vor den Augen. Ganz so einfach ist es nicht. Norwegen ist ein langes, schmales Land mit viel Küste, wodurch sich verschiedene klimatische Verhältnisse ergeben. Den typisch norwegischen Winter gibt es nicht und noch weniger im noch jungen Januar 2023. Dieses Jahr beginnt launisch. In diesen Minuten zeigt mein Thermometer frühlingshafte 6°C. Auf den Feldern steht das Wasser und eine laue Frühlingsbrise weht durch das Land. Winter, wo bist du?

Seit einem Jahr ist das südliche Norwegen unser Zuhause. Wir leben in der Nähe zum schwedischen Bohuslän und wohnen in Gehweite der idyllisch aussehenden Schärenküste. Inzwischen haben wir vier Jahreszeiten miterlebt. Dieses erste Jahr zeigte sich warm, trocken und vergleichsweise windstill. Unser 2022 war wärmer als wir es von Nordjütland kennen. Und nun haben wir einen Winter, der abwechslungsreicher und farbenfroher ist als alles, was ich je gesehen habe.

2023 – so ist der Januar in Norwegen

Das Klima unserer Heimatstadt Fredrikstad ist mild. Der norwegische Wetterdienst yr.no gibt für die vergangenen 13 Monate eine Temperaturschwankung von -11,7°C bis 27,5°C an. Der stärkste Wind wurde jeweils im Januar gemessen. Der Januar 2022 war überwiegend so, wie ich ihn für Norwegen erwartet hatte: vereist, sternenklar mit Nordlichtern und durchweg kalt.

Seit Dezember erleben wir eine permanente Achterbahn der Temperatur. Innerhalb weniger Tage erlebten wir sämtliche Zustände, die Wasser einnehmen kann: fest, flüssig und gasförmig. Manchmal gleichzeitig.

Sonnenuntergang bei Winternebel

Während Oslo und Lillehammer gerade mit dicken Eispanzern kämpfen, wird in der Küstenregion des Østfolds bereits vor Überschwemmung gewarnt. In Trondheim scheint dieser Winter deutlich weniger Niederschlag zu verzeichnen als üblich. In Norwegen wird das Wetter insgesamt unbeständiger. Und dieser Winter ist überraschend abwechslungsreich.

Drohnenbild mit Winter in Norwegen an der Schärenküste
Winterlicher Sonnenuntergang zwischen 15 und 16 Uhr.
Bei Kälte gefriert heißes Wasser sofort.
Sehr häufig verwandelt sich der Himmel in ein Farbspektakel.

Letztes Wochenende steckten die Kinder noch bis zur Hüfte im Schnee. Bereits am Montag war alles weggeschmolzen und Eisregen legte den Verkehr lahm. Vor zwei Tagen machte ich am Abend meinen ersten Frühlingsspaziergang bei prächtigen 8°C. Mit Daunenjacke und Winterstiefeln war ich komplett falsch angezogen.

Im Januar 2023 gibt es erstaunlich warme Tage.

Die weiteren Aussichten machen wenig Hoffnung auf einen normalen Winter. Was ist schon normal?

Das Klima in Norwegen

Viele Touristen schätzen die Monate Juni bis August als beste Reisezeit, aber Norwegen hat auch im Winter seine Reize. Wenn die Tage im September wieder deutlich kurz geworden sind, zeigen sich die ersten Nordlichter am Himmel. Bis Februar kann man Aurora tanzen sehen, bevor die Helligkeit des Sommers zurückkommt. Im Süden des Landes erscheint das Nordlicht meist über dem Horizont.

Nordlicht im südlichen Norwegen

Aufgrund des Nordatlantikstroms herrscht trotz der nördlichen geographischen Breitenlage ein realtiv mildes Klima. Generell gilt für den Westen und Südwesten Norwegens ein niederschlagsreiches und maritimes Klima mit eisfreien Küsten im Winter. An der Westküste gibt es Orte mit über 3000 mm Niederschlag. Östlich des Skandinavischen Gebirges zeigen sich kontinentale Einflüsse. Die Sommer sind hier deutlich wärmer und es fällt weniger Niederschlag. Im Winter werden niedrigere Temperaturen erreicht. Ohne brodder (Spikes zum Überziehen) kann man auf den vereisten Straßen und Wegen keinen sicheren Schritt tun.

Vereiste Schärenküste im Januar mit Sonnenuntergang
Eislandschaft – Wo beginnt das Wasser?

Die weiteren Aussichten

Dem zu warmen, zu nassen Dezember wird ein ebensolcher Januar folgen. Dies gilt leider nicht nur für unsere Region, sondern für viele Teile der Erde. Dieses Jahr erleben wir vergleichsweise wenige, bunte Sonnenuntergänge. Sie empfand ich in den vergangenen Jahren stets als Krönung der kurzen Tage. Das Winterlicht Skandinaviens ist magisch und verwandelt die einzigartige Natur des Nordens in ein Wunderland.


Lesetipp: Komm mit mir ins Winterwunderland am Rubjerg Knude Fyr


Ob wir noch einmal Schneelandschaften sehen und erleben können, ist tatsächlich fraglich.

Der Winter 22/23 ist launisch. Und dennoch schön.

Mal sehen, was noch kommt.

Ich freue mich auf alle Fälle darauf.

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Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

6 Comments

  • Stella, oh, Stella

    Deine Fotos sind wieder einmal wunderschön, liebe Marion!
    Das mit der Unbeständigkeit scheint tatsächlich überall so zu sein. Auf Zukunftsprognosen gebe ich allerdings nicht so viel. 2018 hat man in Dänemark gejammert, dass das ganze Land sich in den nächsten Jahren zu einer Wüste entwickeln wird. Dann kam 2019 mit einem klatschnassen Sommer, Herbst und Winter, wo dann gejammert wurde, dass sich ganz Dänemark zu einem einzigen Sumpf entwickeln wird, etc. etc. Für mich sieht es so aus als ob Prognosen nicht mehr so richtig zu machen sind. Abwarten und Teetrinken und allzeit bereit!

    • Meermond

      Vielen Dank, das freut mich sehr!
      Langfristige Prognosen können angesichts klimatischer Begebenheiten auch meiner Meinung nach gar nicht mehr gemacht werden. Alles, was ich vor 20 Jahren an unzählige Schultafeln geschrieben habe, ist in groteskerer Weise und deutlich schneller eingetroffen als erwartet. Den Wettertrend der kommenden Wochen gelingt meist noch ganz gut, alles andere ist simple Beschäftigungsgrundlage vieler Menschen. 😉
      In Dänemark ist der zuverlässigste Wetterbericht der Blick aus dem Fenster. Alles andere liegt viel zu oft daneben.
      Darauf ein Tässchen Tee, meine Liebe

  • altesweibsbild

    Moin, ich möchte gerade nur mal etwas Neid ob der schönen Photos hierlassen, mit großer Gönnung natürlich <3 hier wartet gerade leider nur abermals Hochwasser, ein kleines, aber immerhin…Liebe Grüße

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