Kopenhagen – Alltagsbilder und Belangloses
Die komplette, vergangene Woche hatte ich in Kopenhagen verbracht.
Meine Freundin und ich waren dort zu einer Schulung, doch aufgrund persönlicher und organisatorischer Gründe konnte ich die Stadt eigentlich nicht wirklich besichtigen. Lediglich am Mittwoch war Zeit für einen kleinen Rundgang in der Stadt.
Ich habe also heute Bilder und Informationen für euch, wie man sie in einem kopenhagener Alltag einfangen kann. Und wenn ich mir’s genau überlege, passt das ganz fabelhaft zu meinem Blog. Schließlich zeige ich Dänemark gerne von allen Seiten!
Durch die Straßen von Kopenhagen
Wir wohnten in einer Unterkunft im Speckgürtel von Kopenhagen. Leider war diese Schlafstadt nicht an das öffentliche Verkehrssystem angebunden, so dass wir jeden Morgen etwa eineinhalb Stunden durch den Berufsverkehr schwitzen mussten.
Schwitzen deswegen, weil ich nach inzwischen dreieinhalb Jahren Leben im menschenleeren Norden Dänemarks nicht mehr geübt darin bin, auf gefühlte Millionen andere Autofahrer auf bis zu vier Spuren und gefühlten noch mehr Millionen Radfahrer Rücksicht zu nehmen.
Man kann sich das ungefähr so vorstellen wie am Montag Morgen nach München rein zu fahren, aber es gesellt sich eine unfassbare Menge an Radfahrern dazu, die kreuz und quer umherbrausen und ein irres Tempo haben!
Und um zehn Uhr ist auf einmal Schluss und dann sieht es so aus:
Nørrebro – Kopenhagens Problemviertel
Der Veranstaltungsort unseres Kurses lag in Nørrebro, welches mir meine Freundin als Problemviertel vorstellte. Sie selbst ist in Kopenhagen aufgewachsen und lebte bis vor neun Jahren noch dort. Wegen der günstigeren Mietpreise lag ihre einstige Wohnung in gehbarer Entfernung von unserem Schulungszentrum.
In diesem Viertel gäbe es häufige Schießereien, Bandenkriege und viele Konflikte, erzählte sie mir.
Und ich erschrak, als ihre Worte beim Warten auf meine Pizza schrecklichen Wahrheitsgehalt annahmen.
Mein Kopf war auf gleicher Höhe mit einem Einschussloch, welches nur notdürftig mit Tape zugeklebt war. Ich hatte es auf den ersten Blick gar nicht erkannt!
Während ich doch deutlich verunsichert war, sog sie genussvoll an ihrem Strohhalm und zuckte mit den Schultern.
Das sei noch gar nichts, meinte sie.
Sie habe schon mal gesehen, dass es überall vor den vielen Geschäften entlang der Straße gebrannt hatte. Überall sei Geschrei, Geprügel und großer Aufruhr gewesen, weil das nahe gelegene Jugendzentrum geschlossen werden sollte. Das sei richtig brutal gewesen und das wolle sie nie wieder sehen müssen.
Dann kam die Pizza –
und ich war satt.
Leben in Kopenhagen
Ich befand mich meist in Nørrebro, einem Stadtteil, in dem sehr viele Ausländer mit überwiegend orientalischer Herkunft leben und in dem auch Menschen mit eher wenig positivem Lebenshintergrund ihr Zuhause haben. Unter diese mischen sich unzählige Studenten und ein künstlerisch – alternatives Völkchen. Die Sprache Englisch konnte ich mindestens genauso oft hören wie osteuropäisch gefärbtes Dänisch – welches ich im Übrigen überhaupt nicht verstehen konnte.
Nørrebro ist Heimat eines dieser als „Ghetto“ bezeichneten Viertel, gegen die Dänemark nun vorzugehen beabsichtigt.
Nachzulesen hier:
https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-06/daenemark-asylpolitik-asylzentren-europa-rechtspopulisten
Ich möchte nicht auf mein Gastgeberland schimpfen, da ich ja nun selbst ein Ausländer bin. Doch darf man wirklich seine eigene Kultur als eine über der anderer Menschen stehend einschätzen, wenn man sowas tut:
Auf dem Foto seht ihr meine Freundin, die bewusst langsam zu dem ganz frischen Grab geht. Sie stellte sich dort eine Weile schweigend hin und ging dann mit gesenktem Haupt wieder an der sich sonnenden, alten Dame vorbei. Das tat sie, um der Dame zu zeigen, dass sie zu weit gegangen war.
Reaktion kam keine.
Ich hätte noch viele andere, merkwürdige Fotos knipsen können, auf denen picknickende Mamas mit Kinderwagen zwischen den Grabsteinen plappern, junge Menschen mit Musik im Ohr auf dem Boden rumlungern, Damen im Bikinioberteil Selfies knipsen und und und.
Jung und Alt haben wohl verlernt, den Assistens Kirkegård als Friedhof zu betrachten und sich respektvoll zu verhalten.
Dabei war das sicher einst ein sehr würdiger Friedhof, auf dem man derzeit sogar auf Schildern bittet, doch vom Rumliegen auf den Grasflächen Abstand zu nehmen. Ich möchte da nicht einmal mir im Leben zuwidere Personen begraben wissen.
Autofahren in der Stadt
Am Mittwoch Abend war ein bisschen Zeit für Sightseeing in Kopenhagen. Dabei musste ich zwischen den vielen, wundervollen Sehenswürdigkeiten auswählen. Ich entschied mich für Nyhavn und Umgebung. Und weil ich eine Kopenhagenerin als Beifahrer hatte, parkte ich mein Auto nur ungefähr 100 Meter Luftlinie vom wohl bekanntesten und meist überlaufenen Ort der Stadt.
Außerhalb der Berufszeiten ist es wirklich super einfach, auch in der Innenstadt zu fahren und dort zu parken. Viele Städter haben nämlich kein Auto! Zum Parken benutzt man in Kopenhagen eine App, die den Standort des Autos ermittelt und auch variable Parkzeiten und -preise anbietet!
Am Montag bezahlten wir für 6,5 Stunden Parkzeit 72 Kr, am Dienstag gar nichts, weil ein Feiertag war, am Mittwoch wieder um die 70 Kronen. Und weil wir am Donnerstag drei Autolängen entfernt (in der selben Straße!) parken mussten, bezahlten wir 95 Kr. Die Grenze zwischen Parkzone Blau und Gelb [wir haben eine Kontrolleurin gefragt] verläuft also mitten in der Straße. Versteht sich von selbst, dass wir zum Aktivieren der App am Freitag die drei Schritte bis zum Wechsel der Zonen zurück gegangen sind. 🙂
Bilder und Geschichten der Stadt
Wusstet ihr, dass die dänische Version der Drei Chinesen mit dem Kontrabas aus Kopenhagen stammt?
Tre små kinesere på Højbro Plads sad og spillede på kontrabas, så kom en betjent, spurgte hvad der var hændt, tre små kinesere på Højbro Plads.
Tra sma kanasara pa Habra Plads sad ag spallada pa kantrabas, sa kam an batjant, spargta hvad dar var handt, tra sma kanasara pa Habra Plads.
Tre sme kenesere pe Hebre Pleds…
Tri smi kinisiri pi Hibri Plids…
Tro smo konosoro po Hobro Plods…
Tru smu kunusuru pu Hubru Pluds…
Æ und Ø und Å gibt es auch noch.
Die bekannte Melodie ändert sich, wenn der Polizist zu den Chinesen kommt und es klingt dann so:
Weil in Dänemark bekanntlich viel und gerne gesungen wird, gibt es auch zum Storchenbrunnen ein Kinderlied. Leider habe ich den Titel nicht mehr im Kopf, aber vielleicht kann einer meiner Mitleser aushelfen?
Zum Schluss zeige ich euch ein paar Bilder, zu denen ich gar nicht mehr so viele Worte sagen möchte. Ich erinnere mich mit Grauen an die endlos erscheinenden Ausführungen bei dereinst so populären Diaabenden … kicher.
Auf dem Heimweg erhaschte ich noch ein paar hübsche Schnappschüsse, bevor es dann am Freitag Abend zurück nach Nordjütland ging.
Wusstet ihr eigentlich, dass ich furchtbar seekrank werde? Nichts hilft! Und schon in wenigen Tagen reise ich nach Norwegen – mit dem Schiff natürlich.
Und weil die weltbeste Frau Buntschwägerin während unserer Tour in unserem Haus urlaubt, kann ich unbedenklich darüber berichten. 😀 Der Computer reist also mit und darum gibt es hier demnächst Bilder aus Norwegen!
Aber vorerst grüße ich euch noch eine Weile herzlichst aus Nordjütland,
18 Comments
freiedenkerin
Danke für deinen sehr offenen Bericht. Ich mag es sehr, wenn nicht nur die Sonnenseiten gezeigt werden.
Gute Reise nach Norwegen, ich freue mich schon auf das, was du uns von dort erzählen und zeigen wirst. <3
Meermond
Danke für deine positive Rückmeldung. Ich habe immer ein wenig Magengrummeln, wenn ich derartige Berichte publiziere…
Ich freue mich schon, dir Bilder zeigen zu können <3
Liebe Grüße!
Ulli
Liebe Meermond, schön, nach so vielen Jahren mit deinen Augen durch Kopenhagen zu stromern, ich denke eh immer mal wieder an diesen einen Tag bis in die Nacht hinein, den ich dort verbracht habe. Bunt, voll, schrill, gemächlich, freundlich, frech, betrunken, foppend, bekifft, ignorierend, touristisch, staunend, um es kurz zu sagen … lach.
Auf deine Bilder aus Norwegen freue ich mich SEHR, wohin geht es?
Aber überstehe erst einmal die Überfahrt, ich wünsche sanften Seegang … ich bin auch nicht seefest, leider…
herzliche Grüße, Ulli
Meermond
Liebe Ulli,
gell, Kopenhagen haut einen um! Ich liebe die grünen Kupferdächer und die prachtvollen Gebäude sind wunderschön. Die Parkanlagen sollen auch sehr schön sein, aber leider habe ich sie noch nicht gesehen. Ich muss wohl noch mal hin 😉
Wir fahren ohne Plan und Ziel in Norwegen umher. Vor Ort entscheiden wir, wo es uns besonders gut gefällt, Inspirationen holen wir uns vom https://www.nordlandblog.de .
Die Seekrankheit hält mich aber nicht davon ab, mich irrsinnig auf unsere Reise zu freuen 🙂
Herzliche Grüße zurück
Jutta
Hi liebe Meermond, du hast uns eine andere Seite von Kopenhagen und den Problemen dort gezeigt. Das gehört ja auch zu einem Land. Es ist nicht alles Bullerbü…. Es ist Alltagsleben, und dazu gehören auch Probleme. Toll, wie du das einfängst. Für Norwegen wünsche ich dir viel Freude. Es ist so ein unglaubliches Land. Und für die Fähre toi toi toi….. Jutta.
Meermond
Danke dir für dein Feedback. Es ist wichtig zu erfahren, ob man als Blogger auch mal ein bisschen den Finger in „Wunden“ legen darf, ohne dass die Leser entsetzt sind. Liebe Grüße!
Sternenschimmer
Du meine Güte was für ein Mammut – Bericht!
Aber ganz wundervoll und so interessant. Werde ich mir heute noch einmal in aller Ruhe reinziehen.
DANKE!
Lieben Gruß, Lilo
Meermond
Bitte. Stell dir vor, ich musste mich bremsen! Ich hätte noch so viel weiter quasseln können….
Liebe Grüße zurück
Sternenschimmer
…das mit dem Bremsen kenne ich nur all zu gut. Ich bin auch so eine Plaudertaste, aber nicht nur bei den Tasten! *grins*
Meermond
hehehe 🙂
silberkopf
Die Buntschwägerin macht das natüüüürlich ganz uneigennützig und nur für euch..hähä!
Meermond
<3 Du, so ein Housesitting ist eine höchst verantwortungsvolle Aufgabe! 😉
silberkopf
Ja klar, so mit Rasen mähen und so?
Meermond
Muss nicht 🙂
Stella, oh, Stella
Das war ein schönes Wiedersehen mit Kopenhagen. Wir werden wohl im August mal rüberfahren und meine belgische Freundin besuchen.
Mein Mann sagt, das Lied mit dem Storchenbrunnen heisst „Det store stykke storke springvand“. https://www.youtube.com/watch?v=WyEd61nT8s0 aber das ist ein Protestsong, kein Kinderlied. Das handelt von der Zeit als die langhaarigen Hippies am Brunnen rumhingen und (Herzschlag) ihre Füsse ins Wasser stellten. Die wurden dann mit Polizeigewalt entfernt, weil die feine Bourgeoisie sich daran stiess. Das war so gegen Ende der 60ger Jahre.
Meermond
Ich wusste, dass ihr da mehr darüber wisst ? Dankeschön!
Und dass das Fußbad damals einen erhöhten Herzschlag hervorgerufen hat, kann ich mir ziemlich gut vorstellen… 🙂
Stella, oh, Stella
Mein kluger dänischer Mann wusste das …
Ich werde so wütend über sowas. Hippies sind friedlich, warum Polizeigewalt. Ich bin wirklich nicht gut auf Polizei zu sprechen, auch wegen der Erfahrungen aus Deutschland.
Meermond
Grüße und danke deinem klugen Dänen ganz herzlich.
Hippies sind in der Tat friedlich – und werden oft missverstanden. Schade eigentlich.