Norwegen

Nordischer November – neblig, mystisch und wundervoll

Zugegeben, es gibt Monate, die ich weit angenehmer finde als den November. Ich mochte ihn noch nie und fürchtete mich schon davor, den November in Norwegen erleben zu müssen. Schließlich ist der elfte Monat derjenige, der dem bunten Herbstrascheln ein Ende bereitet. Mit den tristen Tagen kommen Kälte und eine Dunkelheit, die in jeden Winkel der Seele kriechen kann. Die Menschen tauchen in riesigen Jacken unter. Es wird neblig und düster: in den Straßen, in der Natur, in den Augen.

In Skandinavien ist es naturgemäß noch ein wenig düsterer. Noch mehr Dunkelheit, noch mehr Grau? Ich wollte dem grauen Grau durch bewusste Neugierde entgegentreten und hatte mir für dieses Jahr vorgenommen, dem November eine Chance zu geben. Schließlich gipfelt er im Beginn der Weihnachtszeit!

Ich hatte mir also die Aufgabe gestellt, den November ohne Vorurteile zu beobachten. Mein erster November in Norwegen sollte besonders sein. Und das war er! Ich durfte mit den Sinnen eine Welt entdecken, die ich so noch nicht kannte. Die Bilder, die er mir geschenkt hat, sind wunderschön. Aber seht selbst:

November in Norwegen

Der ➡ nordjütische November war ein wochenlanges Dauergrau. Hartnäckiger Hochnebel mit waagrechtem Niesel, böigen Winden und nackten Baumarmen, die nach den umgepflügten Äckern zu greifen schienen. Die Sonne versteckte sich in der Regel hinter dickem Grau. Ohne massiven Einsatz hyggeliger Kerzen und regelmäßiger Vitamin D3 Gaben war das für mich nur schwer auszuhalten.

November in Nordjütland

Nun habe ich also meinen ersten norwegischen November erlebt. Wir hatten Schnee, wir hatten Starkregen, der uns Strom zum Preis von unter einem Cent bescherte, wir hatten einen Sturm – gemessen an dem, was wir aus Nordjütland kennen, ware das eher ein Stürmchen -, wir hatten angenehmes Pulloverwetter und wir hatten Nebel.

Norwegischer Nebel

Ich war der Meinung, Nebel ausreichend zu kennen: 40 Jahre lebte ich in Regensburg, das ab Herbst regelmäßig für viele Wochen im dicken Hochnebel abtaucht, danach folgten sieben Jahre nordjütischer November. Ich weiß, wie ➡ Nebel am salzigen Nordseestrand riecht, ich kenne den Geruch von Nebel auf Zuckerrübenfeldern. Ich kenne die klamme Nässe und die schleichende Kälte des Nebels.

Nebel an der Küste des Oslofjords

Doch der südnorwegische Nebel war ganz anders. Er war absolut windstill. Eine große, weiße Stille, in der nicht einmal ein Lüftchen zu hören ist.

Windstille und Nebel schaffen eine besondere Atmosphäre.

Ich habe keine Worte, die diese weiße Stille angemessen beschreiben können.

Dazu gesellte sich der Geruch von Flechten und Moosen, die sich auf den riesigen Felsen der Schärenküste mit Feuchtigkeit vollsaugen. Schwer. Mineralisch. Mächtig.

Die Flechten und Moose der Felsen nehmen im Nebel viel Feuchtigkeit auf.

Ja, es war kalt.

Aber diese Kälte war weniger unangenehm als ich erwartet hatte. Ich fror nicht und konnte mir ausgiebig Zeit lassen, diese neue Sinneswelt auf mich wirken zu lassen.

Stille.

Mein erster November in Norwegen hat mich angenehm überrascht. Er zeigte sich mystisch, äußerst abwechslungsreich und entführte mich in (s)eine ganz eigene Welt. Ich habe meinen Frieden mit dem ungeliebten Monat gemacht und freue mich nun auf die Weihnachtszeit.

Mit den herzlichsten Grüßen aus dem Norden,

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Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

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