Leben in Dänemark

Nur ein Blogpost

„Ich bin gleich fertig, ich schreib‘ nur noch schnell einen Blogpost!“ Es ist lange her, dass ich so etwas gesagt habe. Als ich 2007 damit angefangen hatte, unter dem Pseudonym Meermond Texte zu veröffentlichen, waren jene sehr persönlich. Ich empfand es als Befreiung, mir anonym und als eine unter Tausenden sämtliche Sorgen und Erlebnisse vom Herzen schreiben zu können. Und nicht selten verhalf mir der Austausch mit meinen Lesern zu Lösungsansätzen. Es entstanden Freundschaften, von denen einige bis heute halten. So ein Nur-Blogpost konnte viel bewirken.

Nur-Blogposts schreiben sich schnell. Es gilt für sie keine Regeln zu beachten. Sie müssen keinen Mindestumfang haben und sie müssen auch keinen Anforderungen von Google, Facebook oder Reiseveranstaltern genügen. Und wenn das Thema zu klein für einen Blogpost ist, dann ist das auch nicht relevant.

ungewöhnlich

Die Suche nach dem Aufhänger

Wer sich heute intensiver mit der Bloggerei befassen möchte, der stößt immer auf die gleichen Ratschläge:

  • Mach dir einen Redaktionsplan.
  • Publiziere regelmäßig, um deine Leserschaft zu binden.
  • Wähle feste Tage für deine Publikationen.
  • Erschaffe Content.
  • Versende einen Newsletter.
  • Kommentiere bei anderen Bloggern.
  • Vernetze dich.
  • Benutze und pflege die Sozialen Medien.
  • Schreib mindestens 1300 Wörter für ein gutes Google Ranking.
  • Lerne SEO und benutze Keywords.
  • Teile deinen Text mit Zwischenüberschriften ein.
  • Schreib eine anregende Überschrift.
  • Veröffentliche keinen Blogpost ohne aussagekräftige Bilder und beschrifte sie.

Hinter jedem Satz dieser Liste darfst du dir jetzt ein Ausrufezeichen vorstellen. Denn einen Blog zu schreiben, der möglichst viele Leser erreichen soll, erfordert sowohl Disziplin als auch Arbeitseinsatz — oder es ist ein leidenschaftliches Hobby, für das man sich viel Zeit nimmt.

Es gibt inzwischen viele Onlineberater, die obige Ratschläge erfolgreich an Firmen und enthusiastische Neublogger verkaufen.

Løkken - Treppe zum Strand
einladend

Und da sitze ich nun und suche nach dem richtigen Aufhänger. Nach einer mitreißenden Überschrift. Ich plane im Kopf einen Textaufbau, den ich strukturieren kann. Ich grüble, wie ich meine stets komplexen Satzkonstruktionen im Kopf so auflöse, dass das Leseniveau eine grüne Ampel vom Yoast-Plugin erhält. Bindewörter! Kurze Sätze!

Was aber, wenn ich Lust habe, darüber zu schreiben, was gerade so passiert und wenn das alles überhaupt nicht grün sein wird, weil meine Satzkonstruktion zwar richtig, aber zu komplex ist, als dass sie von jedem Leser als angenehm empfunden wird? Was aber, wenn es Aufhänger gäbe, die wichtig wären, aber zu wenig hergeben, um einen richtigen Blogpost darüber zu tippen? Was aber, wenn ich keine Lust habe, nach je 300 Wörtern eine Zwischenüberschrift einzubauen? Was aber, wenn ich einfach nur einen Blogpost schreiben will?

Wichtiges aus Dänemark

Meermond arbeitet ohne festen Redaktionsplan. Das macht die Arbeit vielleicht schwierig, aber es passt zu eben unserem Blog. Wir leben in Dänemark und dieses Leben gibt uns vor, worüber wir unseren nächsten Blogpost verfassen. Wie sollte ich in einem Kalender eintragen, welches Ziel ich am nächsten Dienstag vorstellen möchte, wenn ich nicht einmal weiß, wohin uns das Wetter am Wochenende hinbringt? Wer mag schon bei Hagelregen und Sturmböen eineinhalb Stunden zum Lodbjerg Fyr fahren, weil man darüber gerne mal bloggen möchte? Und sind wir überhaupt gesund genug, um einen Ausflug machen zu können?

aufregend

Wir wollen keine Fotos von offiziellen Touristikstellen einbinden, nur um geplanten Content zu liefern. Wir sammeln auf Meermond lieber unsere eigenen Eindrücke, wenn unser Familienleben und unser Alltag es zulassen!

Die Zwillinge haben mehr als eine Woche mit hohem Fieber auf der Couch gelegen und unser Leben gab daher nicht besonders viel Content her. Und doch schreibe ich jetzt darüber.

Wie überall in Europa macht sich auch in Dänemark zunehmend Sorge breit, dass eine einfache Erkältung eben keine solche ist. Wir waren aus Angst vor einer ernsteren Erkrankung wegen Fieber und Husten beim Arzt. Corvid-19 führt hierzulande nicht zu leergefegten Regalen, doch zu wachsender Verunsicherung. Der erste Däne, der sich innerhalb des Landes angesteckt hatte, sorgte für Eilmeldungen. Der Beschluss eines Gymnasiums in Aalborg, die Studienfahrten von vier Klassen eben nicht abzusagen, sorgte für teilweise heftige Reaktionen. Ob die Schüler und Lehrer schon wieder von ihrer Norditalienreise zurück sind, weiß ich nicht.

Über eine Schlagzeile, die nicht nur im Rahmen der Verunsicherung durch Corona einen bitteren Beigeschmack hat, habe ich mich sogar geärgert. Obwohl hier seit ein paar Tagen von offiziellen Stellen dazu geraten wird, öffentliche Großveranstaltungen abzusagen und unbedingt auf öffentliches Händeschütteln zu verzichten, müssen die Menschen, die die dänische Staatsbürgerschaft bekommen wollen, sehr wohl die Hand reichen! Selbst wenn die Person, die in jener Aufnahmezeremonie den Staat Dänemark vertritt, vorher schon unzähligen anderen Neudänen die Hand gegeben hat.

Ohne Handschlag keine Staatsbürgerschaft.

Ich frage mich an dieser Stelle, ob sich Marcel Meijer, der Bürgermeister von Samsø, wirklich selbst die Hand gereicht hat. Was vielleicht lustig klingt, ist tatsächlich wahr! Nach 30 Jahren im Land hat der Niederländer die dänische Staatsbürgerschaft beantragt und Gesetz ist Gesetz. Wie die Verpflichtung zum Handschlag auf der kleinen Insel gelöst wurde, entzieht sich meiner Kenntnis.

In Aalborg rollt seit ein paar Tagen der erste autonom fahrende Bus Dänemarks durch die Stadt. Die Strecke ist 2,1 Kilometer lang und das Fahrzeug bewegt sich mit nur 18 km/h. Ich versuche bei Gelegenheit mitzufahren. In einem dieser Busse haben wir allerdings schon vor längerer Zeit mal Platz genommen:

autonom

Geplantes

Auch von unserer Seite aus gibt es einiges zu erzählen. Nächste Woche begrüßen wir erneut ein Fernsehteam in unserem Wohnzimmer. Dieses Mal agiert Alexander vor der Kamera. Mehr dazu erfährst du demnächst oder in dem Newsletter, an dessen Einrichtung wir schon seit ein paar Tagen arbeiten.

Ich selbst mache mich nächste Woche auf eine ganz besondere Reise. Entlang der Küste fahre ich bis nach Blåvand, um mich dort mit Birgit Rentz zu treffen. Sie hat schon für Meermond ? abgrundtief geurlaubt und ?Blåvand vorgestellt, doch nun zeigt sie mir auch vor Ort, was diesen Badeort so beliebt werden ließ.

erfrischend (Foto: B. Rentz, drück auf das Foto, um zu ihrem Artikel zu kommen)

Ich bin mir sicher, dass dieses Wochenende nicht nur mein Bilderarchiv bereichern wird. Ich werde mit ihr noch einmal über die Informationsbroschüre sprechen, die schon bald in Zusammenarbeit mit Susi von WeLoveDenmark herausgegeben und derzeit von ihr lektoriert wird.

Nach längerer Pause habe ich die Arbeit an unserem Buch wieder aufgenommen. Unsere Ausrüstung ist wieder komplett, der Schock, derart bestohlen worden zu sein, ist endlich überwunden. Ich gebe zu, ich hatte ein paar Monate wirklich keine Lust mehr, Meermond überhaupt weiter zu führen. Wie und was hätte ich bloggen sollen? Woher hätte ich die Inspiration für unser Buch holen sollen?

Der Sommer ist hell und seine Nächte auch. Wenn ich es schaffe, kann ich dieses Jahr ganz besondere Weihnachtsgeschenke verschenken:

meermondig

Aus Kritzelei wird Kunst

Was tut eine Mama, wenn sie mit ihren Kindern malt? Richtig. Sie malt auch. Und ich habe gekritzelt. Es machte mir Spaß, Ungewöhnliches zu erschaffen und ich zeigte das Ergebnis auf Instagram.

kreativ

Inzwischen erhalte ich Anfragen, ob ich dieses Bild nicht vervielfältigen könnte, es mache sich doch bestimmt gut als Poster:

kunstvoll

Ich überlege, ob ich meine verschiedenen Kritzeleien als Liebhaberpostkarten anbieten soll. Schließlich habe ich schon einige Wahrzeichen in eine Linie gepackt: Badehäuschen von Blokhus, den Hirtshals Fyr, die Maultiere von Blåvand, das Seezeichen von Løkken …

Ich brauche mehr Zeit!

Du siehst, mein Kopf ist voller Ideen und Eindrücke. Und schon bald kommen weitere dazu! Wir dürfen im Rahmen einer Kooperation ein Haus in Schweden bewohnen. Und wer jetzt eine klassische Werbung für einen Ferienhausanbieter erwartet, der kennt Meermond nicht wirklich. Ja, wir werden den Hinweis auf Werbung machen, das ist gesetzlich vorgeschrieben. Aber worüber ich schreiben werde und was Alexander euch zeigen wird, das wird so, wie es die Beschriftungen der Fotos in diesem Nur-Blogpost andeuten. Ein kleines bisschen anders. Natürlich.

Was denn sonst, nicht wahr?

Mit einer roten Ampel verabschiede ich mich heute herzlichst,

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Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

9 Comments

  • Nadine

    Das Schöne an roten Ampeln ist ja, dass man stehen bleibt und Zeit hat, sich umzuschauen. Danke für diesen Artikel, für mich ist es interessant mitzuerleben, was bei Euch grad so los ist. Weiterhin gute Besserung und liebe Grüße aus Kanada.

    • Meermond

      Ich danke dir für diese Anregung, so gesehen ist die rote Ampel wirklich nicht schlecht!
      Bei uns ist immer Vollgas. Das geht seit Jahren so und irgendwie wünsche ich mir mal eine laaaaaaaangweilige Phase ohne Ereignisse oder Aha-Momente. (Das kennst du jetzt sicher auch, oder?) Aber worüber könnte ich dann hier schreiben ?
      Liebe Grüße zurück!

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