Rubjerg Knude Fyr im Sonnenuntergang
Leben in Dänemark,  Nordjütland

Soll der Rubjerg Knude Fyr gerettet werden?

Jeder, der ihn einmal gesehen hat, ist beeindruckt. Und viele, die ihn kennen, sind traurig angesichts der Tatsache, dass der Leuchtturm Rubjerg Knude Fyr vom Absturz bedroht ist. Immer öfter erreichen mich Anfragen, was denn nun mit dem Wahrzeichen Nordjütlands geschehen werde und ob ich schon mehr wisse.

Ich fasse daher den derzeitigen Stand der Diskussion zusammen.

Fakt ist, dass der Abbruch der Küste bei Lønstrup in den vergangenen Jahren schneller voran gegangen ist, als bislang eingeschätzt wurde. Der Leuchtturm steht derzeit nur noch 8 m von der gewaltigen Abbruchkante entfernt und bei 5m Distanz muss der Turm aus Sicherheitsgründen für Besucher gesperrt werden.

Noch kann man ihn besteigen und an der tatsächlich ungesicherten Steilküste erschaudern.

Doch wie lange noch?

Die Kommune Hjørring kämpft um ihren Touristenmagneten

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Gerade einmal zwei Jahre ist es her, dass der Leuchtturm wieder für die Besucher zugänglich gemacht werden konnte. Mehr als 200000 Menschen machen sich jährlich auf den Weg, die mächtige Wanderdüne zwischen Nr. Lyngby und Lønstrup zu besteigen.

Der Ausblick über die Jammerbucht ist unbeschreiblich schön und das wundervolles Kaleidoskop im und auf dem Turm verhilft zu Fotomotiven der ganz besonderen Art.

„Der Turm muss gerettet werden!“

Es ist verständlich, dass es für die Kommune Hjørring wichtig ist, dieses Wahrzeichen zu erhalten. Der Tourismus ist für die Region Nordjütland sehr bedeutend.

Derzeit wird über drei Möglichkeiten nachgedacht:

  1. Der Turm wird auf ein Podest ins Meer gestellt und soll quasi als Mahnmal für die Nachwelt erhalten bleiben.
  2. Der Leuchtturm wird um 30 Meter ins Landesinnere versetzt und gleichzeitig soll die Küste verhärtet und gesichert werden.
  3. Der Turm wird dem Lauf der Natur überlassen.

Möglichkeit Eins ist unbezahlbar und wäre nur mittels großzügiger Unterstützung durch andere  finanzierbar. Ich habe schon lange nichts mehr von diesem Plan gelesen, glaube daher, dass das ad acta gelegt worden ist. Stattdessen wird wohl demnächst über Möglichkeit Zwei abgestimmt werden, obwohl viele Einheimische den Turm inzwischen lieber dem Meer überlassen würden.

Für die Besucher und Freunde von Nordjütland ist diese Haltung vermutlich nur schwer nachvollziehbar, doch gibt es hier einige vom Küstenabbruch direkt Betroffene. Sie wurden und werden nämlich mit den Kosten, die ein Absturz und die Sicherung des eigenen [Ferien-]Hauses mit sich bringt, so ziemlich allein gelassen. Besonders absurd fand ich die Meldung, dass erst nach dem großen Sturm im Dezember 2014 eine Gesetzesänderung, die sie von der Zahlung einer Haus – und Grundsteuer befreit, in die Wege geleitet wurde. Vorher war nämlich die Möglichkeit, dass ein Haus die Klippe hinunter fallen kann, im Gesetz nicht eingeräumt. Die Steuer war also auch für ein abgestürztes Haus fällig! Das viele Geld, das für die Erhaltung des Turms gebraucht werden würde, wäre an anderen Stellen mindestens genauso notwendig.

Abgestürztes Haus bei Nørlev Strand
Abgestürztes Haus bei Nørlev

Mit dem Versetzen des Leuchtturmes würde das Problem außerdem lediglich auf spätere Generationen geschoben werden. Um dem wiederum vorzubeugen, müsste die Küste zusätzlich „hart“ gesichert werden: durch Aufschüttungen, Buhnen [rechtwinklig zum Strand verlaufende Dämme im Meer] und Verfestigungen. Die anfallenden Kosten wären extrem hoch, womit inzwischen einige nicht einverstanden sind.

Küstensicherung ist mehr als nur den eigenen Sand festzuhalten

Dieses Jahr wird die Verwaltung der Küstensicherung vom Küstendirektorat in den Aufgabenbereich der Kommunen übergehen. Damit soll erreicht werden, dass Maßnahmen schneller durchführbar sind.  Aber ist ein schnelles Vorgehen wirklich sinnvoll?

Großteile der dänischen Küste brechen weg, weil sie den Wellen zum Opfer fallen. Seit ungefähr 10000 Jahren gehen jährlich etwa 1-3 Meter der Westküste Nordjütlands verloren und mit der Klimaerwärmung ist dieser Abbruch erschreckend stärker geworden.

April 18
Blick auf die abbrechende Steilküste bei Mårup Kirke, Lønstrup

Wichtig für das Verständnis des Erosionsprozesses ist die Tatsache, dass der von abgetragene Sand nicht unmittelbar die Küstenregion verlässt, sondern weiter transportiert wird. Das Material wird mit der Stromrichtung der Wellen mitgenommen und trägt damit an anderer Stelle wieder zum Küstenschutz bei! Würde man demnach dieses Material an der Abtragungsstelle „festhalten“, ginge der Küstenschwund wo anders signifikant stärker voran.

Wenn man also die Küste schützen und sichern will, so muss man nicht nur vor Ort denken, sondern auch die stromabwärts betroffenen Gebiete im Auge haben. Eine lokale, „harte“ Küstensicherung beeinflusst die Sandbilanz in der Nachbarregion, die dann durchaus mit verstärktem Küstenschwund konfrontiert werden wird. Es muss also eine Gesamtlösung gefunden werden – doch das ist schwierig.

Die Natur ist unberechenbar und man kann nicht vorhersehen, welche tatsächlichen Folgen menschlichen Eingriffe haben!

Kurzfristige Lösungen bringen negative Folgen für spätere Generationen

Als man 1874 den Bau von Buhnen bei Thyborøn  beschloss, wusste man bereits vom längs gehenden Sandtransport entlang der Küste. Doch man wollte die Versandung des Kanals verhindern, was auch gelang. Aber gleichzeitig zog sich die Küste rapide zurück.

Als man 1981 bei Lønstrup erfolgreiche Sicherungsmaßnahmen ergriff, waren zweifelsohne die Folgen für die nördlich gelegenere Region bekannt und wurden in Kauf genommen. Und der Leuchtturm Rubjerg Knude Fyr verschwand bekanntlich erst dann in der gewaltigen Sanddüne, als die Menschen durch Pflanzungen versuchten, den Sandflug aufzuhalten.

Küstenschutz ist schwierig und erfordert langfristiges, umfassendes Denken. Einfach ist es nicht und die Zeit drängt. Dieser Winter war zwar lang, doch überwiegend mild und wir hatten kaum Stürme. Aber wer weiß schon, was der nächste bringen wird?

Blick auf Lønstrup, April 2018
Blick auf Lønstrup, April 2018

Ich bin gespannt, wie die Kommune sich entscheiden wird und werde berichten.

So schlimm es ist, die Geschichte des Leuchtturms bleibt meiner Meinung nach einzigartig – auch durch einen Absturz.

Oder gerade deswegen?

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Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

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