dänische Kultur,  Traditionen

So geht dänische Weekendhygge im Herbst

Für mich sind Wochenenden gleichbedeutend mit Lebensfreude. Wir haben das Glück, am Wochenende frei entscheiden zu dürfen, was wir tun müssen oder eben nicht.

„Das Wochenende ist die beste Erfindung der Welt!“, freut sich mein kleiner Belgier jeden Freitag auf dem Heimweg von der Schule. Und ich stimme ihm jeden Freitag auf’s Neue zu.

Herbstliches Hammer Bakker
Herbstwochenende in Hammer Bakker

Endlich Wochenende!

Die Tradition, zwischen den Arbeitswochen Zeit zum Ausruhen und Krafttanken zu haben, ist noch nicht sehr alt. Und es bedurfte eines langen Kampfes, damit wir uns heute über einen freien Samstag und Sonntag (auch im übertragenen Sinne, siehe Anmerkung*) freuen dürfen!

Mit der industriellen Revolution entstand die Notwendigkeit, eine dauerhafte Bemannung der Maschinen zu haben. Fabrikarbeiter mussten also oft täglich arbeiten. Verständlich, dass die Menschen begannen, sich Ausgleich zu schaffen und so entwickelte sich mit der Zeit der Brauch, den Zahltag am Sonntag ordentlich zu feiern. Der Montag musste dann allerdings regelmäßig „blau“ gemacht werden**. Das erwies sich weder für die Arbeitgeber noch für die Arbeitnehmer als optimale Lösung: Den eher armen Fabrikarbeitern entging der Lohn eines ganzen Tages und die Firmen hatten regelmäßig Personalprobleme. Daher entstand schließlich das Angebot eines halben Sonntags inclusive Lohn, wenn dafür am Montag alle wieder frisch und ausgeruht zur Arbeit erscheinen würden. Um 1900 erkämpften die Gewerkschaften einen komplett freien Sonntag.

In Amerika erhielten immer mehr Menschen das Recht, ihren freien Tag mit ihrem Glauben abzustimmen (Judentum Samstag, Christentum Sonntag). Und schließlich traf Henry Ford im Jahre 1926 den Beschluss, beide Tage freizugeben.

Oldtimer am Meer in Hirtshals
Zeit für eine Ausfahrt

Schließlich wollte er seinen Arbeitnehmern die Zeit dazu geben, in ihren Autos herum zu fahren (natürlich von seiner Firma gekauft). Immer mehr Unternehmen folgten diesem Beispiel und darum heißt es heute in vielen Ländern jeden Freitag wieder „Endlich Wochenende!“

Wochenendhygge

Mir sind die Wochenenden am liebsten, an denen unser Familienkalender komplett leer ist. Ich liebe Freizeit ohne Pläne und Veranstaltungen und mag gerne einfach mal nur zu Hause sein und Ruhe mit Familie und Freunden haben.

Diese erholsame Auszeit von allem bringt mich mit Genuss zurück in den Alltag. Ich möchte allerdings nicht jedes Wochenende im Schlafanzug lesend oder Popcorn essend auf dem Sofa verbringen. Denn so verschwindet diese kostbare Zeit in Eintönigkeit und verblasst.

Buch für Hygge in Dänemark
Auszeit vom Alltag

Was also tun, damit ein Wochenende in positiver Erinnerung bleibt?

Ich habe mich etwas umgesehen und in dänischen Ratgebern geblättert. Manches erscheint vielleicht für „uns Deutsche“ banal oder gar eigenartig. Doch stammen die folgenden Ratschläge von Dänen – und die wissen, wie echte Hygge geht.

Frühstücksideen für ein hyggeliges Wochenende

Dass man in Dänemark gerne isst und das Essen sehr oft als hyggeliges Miteinander zelebriert, habe ich bereits mehrfach erklärt. Die Kultur des ? Fællesspisning (gemeinsames Essen) gefällt mir immer wieder.

Logisch, dass ein hyggeliges Wochenende mit einem guten Frühstück beginnen muss.

Kinder essen Pandekage
Echte Hygge beginnt mit vielen Pfannkuchen …

Ich fand hierzu eine Menge an morgenmadshits [Frühstückshits], wovon ich einige Highlights wiedergeben möchte:

  • Blaubeerwaffeln
  • French Toast mit Zimt und Beeren
  • Omelettes
  • Smoothies
  • Pfannkuchen
  • Zimtschnecken
  • Selbstgemachtes Nu_ella
  • rosa Gutelaunebrötchen
  • So-ist-das-Croissants
  • „für den süßen Zahn -Lieblingsbrötchen“ und viele weitere schmackhaft klingende Vorschläge.

Wer jetzt genau wie ich neugierig auf so ein „So – ist – das – Croissant“ geworden ist, der findet ? hier meine Übersetzung des Originalrezepts. Warum dieses Croissant allerdings so heißt wie es heißt, das erklärt sich mir nicht. Es ist einfach so.

Ideen für ein Kreativwochenende

Kreativität beschränkt sich nicht auf die Erstellung von Kunstwerken, sondern geschieht durchaus auch in der Küche. Am Wochenende ist endlich Zeit dafür, all die bunten Obstkunstwerke zu basteln, die laut Instagram täglich in den Bentoboxen aller Schulkinder weltweit stecken.

Man möge mir verzeihen, aber ich mag kein am Vorabend aufgeschnippeltes, zu Schleifen gedrehtes oder in Autoform geschnittenes Obst, welches man in der Pause aus der im warmen Klassenzimmer aufgeheizten Dose zieht. Als bekennender Morgenmuffel gleicht es für mich einer Höchstleistung, eine/n Apfel/Banane/usw. zu waschen und völlig undekoriert und mit frisch geschmierten Broten in eine Pausebox zu packen. Geschnitzt wird am Wochenende.

Obstkunst

Wenn man dann schon beim Schnitzen ist, so kann man gleich Pfeile basteln oder Stöcke vorbereiten für ein Stockbrot. Am Lagerfeuer zu sitzen und sich Brot zu backen, ist tatsächlich typisch dänisch! Mein erstes Stockbrot habe ich als Kleinkind mit zwei alten Dänen auf der Insel Mors gegrillt. Bis heute ist mir die wundervolle Ruhe und besondere Ausstrahlung unserer damaligen Hausvermieter am Lagerfeuer in Erinnerung geblieben. Was waren wir Kinder stolz, den Hefeteig backen zu dürfen, den wir nach einer abenteuerlichen Schnitzeljagd gefunden hatten…

Ideenliste

  • Indianerpfeile basteln [Federn, Klebeband usw. gibt es in jedem Bastelladen] bzw. Feenzauberstäbe
  • Schnitzeljagd / Schatzsuche
  • Drachen basteln
  • Slikkepose basteln für den Familienfilm am Abend [vgl. Video]
  • Themenwochenende: Essen und Aktivitäten an das gewählte Thema anpassen
  • ein Überraschungspaket füllen mit Selbstgebasteltem, -gemaltem oder gefundenen Schätzen und an einen geliebten Menschen senden
  • ein Brettspiel erfinden
  • Nudelteig kneten und verschiedene Nudelformen kreieren (und im Anschluss natürlich gekocht genießen)
  • Salzteig kneten
  • mit Blättern, Kastanien und bunten Beeren basteln
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Ideen für ein aktives Wochenende im Freien

Der Herbst lockt nach draußen. Raschelnde Blätter, weiches Licht und ein letztes farbliches Aufbäumen vor dem Winter wollen mit allen Sinnen genossen werden.

Der Rat zum Picknickkorb und einer ausgedehnten Wanderung taucht wieder in sämtlichen Medien auf. Und dem ist einfach nichts hinzuzufügen.

In Dänemark ist die Kultur des Draußenessens sehr verbreitet und überall trifft man auf Picknicktische, stellenweise sogar auf öffentlich zugängliche Grillstationen oder Backöfen. Und wenn man mag, darf man die Übernachtungsstellen gleich mitbenutzen. Wir freuen uns zum Beispiel schon auf unvergessliche Herbsttage in ?Hammer Bakker.

Lagerfeuer bei Hammer Bakker
Shelterplatz in Hammer Bakker

Ich rate dazu, die heimischen Touristeninformationen zur Planung von Outdooraktivitäten zu nutzen, da man auch als „Einheimischer“ nicht immer alles weiß und kennt.

Weitere Ideen:

  • Drachen steigen lassen
  • Pilze, Beeren, Kastanien usw. sammeln gehen
  • Radtouren
  • Kanufahrt machen
  • Reittouren buchen
  • Naturschule: mit Handbüchern die Natur entdecken
  • Schlammfußball spielen
  • in Pfützen hüpfen
  • in Dänemark: Naturspielplätze erkunden [ ? Übersicht]

Wenn es regnet, bleibt immer noch die Möglichkeit zu einem Tag im Schwimmbad oder eben auf der Daunendecke vor dem Fernseher. Denn Hygge vor dem Fernseher ist eine Freizeitbeschäftigung, für die man sich im Land der Hygge am Montag vor seinen Arbeitskollegen nicht zu schämen braucht.

God weekend,

Anmerkung:

*Schichtarbeiter und Wochenendarbeiter mögen sich bitte nicht auf die Zehen getreten fühlen. Aber ich weiß leider nicht, wie ich deren arbeitsfreie Tage verallgemeinernd in einen wohlklingenden, fließenden Text einbauen soll. Ich verwende den Begriff Wochenende mit Samstag und Sonntag also als Synonym und bitte um Verständnis.

**Den blauen Montag kennt man in Dänemark übrigens noch heute. Es ist der Tag, den man nach seiner Konfirmation feiern darf.


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Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

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