Leben in Dänemark,  Nordjütland

Tag 19 – Sonnenschein und Eiseskälte

Ich verliere das Zeitgefühl. Es ist schwer zu erklären, aber ich gehöre vermutlich zu den Menschen, die einen von Außen getakteten Tag brauchen. Ich funktioniere eindeutig besser, wenn Schule und Arbeit den Tag strukturieren und ich mich bei den Planungen auf das Wochenende und die Ferien beschränken muss.

Wir beginnen jeden Tag damit, uns durch die Zeitungen zweier Länder zu lesen und uns ein umfassendes Bild von den Ereignissen zu machen. Nach dem Frühstück versuchen wir, unsere täglichen Pflichten zu erfüllen. Unter der Woche verschwindet Alexander ins obige Büro und ich und die Kinder versammeln uns am Esstisch. Die Motivation der Kleinen, Schule im Wohnzimmer zu haben, ist inzwischen bei Null angekommen. Frust und Aggression haben sich zu einer unangenehmen Wolke verfilzt, die über unseren Köpfen hängt. Der heimische Garten reicht nicht immer dazu aus, die aufgehitzten Mütchen zu kühlen.

Hinaus!

Ich habe den besten Platz am Familientisch. Wenn ich über meine Kaffeetasse blinzle, kann ich genau aus dem großen Wohnzimmerfenster sehen. Und am Wochenende lasse ich mir in der Regel Zeit für viele Tassen Kaffee.

Gestern früh wurde ich vom Strahlen der Sonne regelrecht geblendet und der Entschluss war schnell gefasst:

„Jungs, macht euch fertig, wir machen heute einen Ausflug!“

Das übliche Geschrei des kleinen Belgiers, wir mögen doch endlich einmal daheim bleiben, ignorierte ich. Pfeifend hüpfte ich in den Keller, um die Wanderschuhe hochzuholen. Alexander fragte nicht einmal, wohin ich denn wollte. Ihm war es egal. Hauptsache hinaus!

Im Auto entschlossen wir uns nach einem Blick auf die Landkarte, endlich mal den kleinen Gjøldamm zu besuchen. Letztes Jahr feierte das 3 Kilometer lange Bauwerk im Westen von Aalborg seinen 100. Geburtstag. Und obwohl ein riesiges Schild das Befahren des Damms verbietet, war ordentlich Verkehr dort. Wir mussten eine ganze Weile warten, um diese Fotos machen zu können:

Gjøl Damm

Wir befuhren den Damm nicht, tankten lediglich fleißig Wasserglitzern und Sonne. Wir fuhren noch etwas unschlüssig in der Gegend herum, bis wir die Wegweiser nach Brovst entdeckten. Dann hatten wir ein Ziel: Fosdalen.

Fosdalen

Fosdalen ist gerade jetzt ein sehr reizvolles Ausflugsziel, weil die Blumenteppiche blühen. Den Ort habe ich ? hier schon einmal genauer vorgestellt. Darum zeige ich heute nur Eindrücke, die wir am Sonntag gesammelt haben:

Fosdalen
Ein Hauch von Wildnis
Die Wanderwege wirken geheimnisvoll.
Buschwindröschen

Nach unserem Spaziergang beschlossen wir, nach Slettestrand zu fahren. Es liegt nur sehr wenige Kilometer davon entfernt und die Aussicht auf etwas Meeresbrise gefiel mir.

Slettestrand

Am Meer fiel uns erst so richtig auf, wie kalt es war. Die Sonne strahlte, doch der Wind schien direkt aus dem Eisschrank zu kommen. Die Kinder weigerten sich, aus dem Auto auszusteigen. Nicht einmal die Aussicht auf unzählige Hühnergötter konnte sie locken. Unser Aufenthalt am Strand war daher nur kurz.

Die bekannten Fischerboote von Slettestrand
Hühnergötter sollen Glück bringen!

Eigentlich wollten wir nach Hause fahren. Aber dann passierten wir ein Schild, auf dem die Entfernung zu Svinkløv mit nur 2 Kilometern angegeben war. Wir setzten den Blinker und verbrachten die dann folgenden zwei Stunden mit Herumtollen und Staunen.

Aussicht beim Svinkløv Badehotel

Svinkløv

Svinkløv und Fosdalen sind prämierte Naturgebiete. Sie zu besuchen ist ein Muss, wenn man in der Jammerbucht ist. Und auch wenn wir quasi in der Nähe wohnen, rauben uns Ausblicke wie diese immer wieder den Atem. Kälte und Wind spielen dann keine Rolle mehr. Auch nicht für unsere Kinder.

Die Luft war glasklar und wir konnten unglaublich weit sehen:

Blick in Richtung Hirtshals
Blick in Richtung Hanstolm
Weg zum Strand
Kurz vor dem Sonnenuntergang erinnern die Hügel an Irland.

Unsere Galerien werden wir demnächst noch ordentlich füllen. Schließlich haben wir beide viel fotografiert. Dieser Tag 19 war ein wirklich unvergesslich schöner Tag.

Für uns alle.

Marion

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Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

17 Comments

  • gkazakou

    das sind genau die Bilder, von denen ich derzeit träume. Licht, Weite, Meeresglitzern! Ich dehne meinen erlaubten Hundespaziergang jeden Tag weiter aus, immer in der Hoffnung, jedenfalls von Ferne das Meer glänzen zu sehen. Sage mir vor „Hinter dem Hügel liegt das Meer“. Der Stadt-Wald, von dem aus ich es sehen könnte, ist gesperrt. Und ich komme einfach nicht aus der Vorort-Landschaft (Häuser jeder Bauart, Vorgärten) heraus. Stell dir vor, es ist Frühling, und keiner darf hin ….
    Umso mehr freue ich mich an deinen Bildern.

  • Waltraud

    Moin Marion, Dir und Deinen Lieben wieder einmal ganz lieben Dank für die schönen Bilder, die uns an Orte führen an denen wir waren und die wir immer wieder gerne besuchen. Im letzten Jahr sind wir für einen Tag von Frederikshavn rübergefahren nach Thorup Strand, dann weiter nach Svinkløv Hotel. Unsere Freundin Bodil bekommt, seitdem ihr Mann gestorben ist, einmal im Jahr einen Bodildag von uns geschenkt an dem sie sich aussucht was wir zusammen unternehmen. Sie wollte gerne das Hotel sehen, nachdem es komplett abgebrannt war und nun im Originalzustand wieder aufgebaut wurde. Wirklich gelungen. Danach sind wir über die von Euch beschriebene Strasse nach Slettestrand zum Klitrosenhotel gefahren und haben einen leckeren Æblekage gegessen. Ja und die Sten med hul haben wir natürlich auch gesucht und gefunden. Mittlerweile nehmen wir die schon gar nicht mehr mit nach Hause sondern schenken Sie Bodils Sohn für sein Ferienhaus. Wir haben 5 Ketten mit Steinen an unseren Gerätehaus, und eine 2,5 Meter lange Kette in unserer Wohnung im Flur, zum Glück haben wir eine Betondecke?, Ihr seht Dänemark ist immer bei uns. An Alexander herzlichen Dank für die gelungenen schwarz/weiß Bilder von Rabjerg Mile. Und ganz viel Geduld mit dem kleinen Belgier und kleinem Wikinger, es ist ja schon für uns Erwachsene nicht leicht. Habt einen schönen Tag.

    • Meermond

      Hej Waltraud, vielen Dank für den schönen Beitrag. Orte leben, wenn sie mit Geschichten verbunden sind!
      .
      Kann man je zuviel Hühnergötter haben? Ich glaube nicht ?
      Dir sende ich die herzlichsten Grüße!

      • Waltraud

        Liebe Marion, Du hast natürlich recht, aber unser Dach hält keine weitere Belastung stand, die Balken biegen sich schon. Ich habe noch Steine für eine 3 m Kette im Blumenbeet liegen. Wollte sie schon an unseren Vogelbeerbaum hängen weil unsere Meisen es lieben in den Steinen nach Insekten zu suchen. Danke für Deine Grüße.

  • Stella, oh, Stella

    Den Gjøl-Damm haben wir auch schon befahren, denn es war nicht immer verboten. Als wir das erste Mal dort waren (2018) war es noch erlaubt (oder war es 2017?). Die Lokalen scheren sich aber nicht um das Verbot.
    Wir waren heute am Økssø und im Garten. Ansonsten musizieren wir sehr viel im Moment.

      • Stella, oh, Stella

        Voll nicht, eher etwas belebt. Manche Leute sind echt panisch, wenn man näher kommt, aber die können doch nicht erwarten, dass wir die ganze Runde im Schleichtempo 10 m hinter ihnen gehen.
        Als wir an einer Grossmutter mit zwei Jungs vorbeigingen, wollte der jüngere nicht, dass wir ihn überholen und ging schneller, so dass ich eine ganze Weile neben ihm her ging. Ist doch bescheuert. Und die Grossmutter sagte natürlich gar nichts zu ihm. Er war so um die 9 oder 10.

  • Ingride Mateen

    Danke für deine tagebuchbeschreibungen! Und die Fotos! Geht mir selber ähnlich. Eigenmotivation wird schwieriger. Am Besten in der Natur Auftanken! Gedanken auf Zeitlupe!! Liebe Grüße Ingride Mateen

    • Meermond

      Zeitlupe ist genau das, was mich momentan eher ausbremst. Ich bin normalerweise eher impulsiv und extrovertiert. Aber gerade scheine ich im Winterschlaf zu sein. ?

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