Tag 4 – Europa schließt zu
Ich mag schon gar keine Zeitungen mehr lesen. Die politischen Ereignisse überschlagen sich jetzt. Im Prinzip haben jetzt bald alle europäischen Länder abgeriegelt und die Maßnahmen verschärfen sich zunehmend. Nur soviel: Soweit ich weiß, darf ich mich in Dänemark zumindest noch frei bewegen. Und ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass das so bleibt. Ich glaube nicht, dass unsere Nachbarn mit uns über die Gartenhecken hinweg gemeinsam musizieren würden.
Noch ist Leben um uns herum und ich fürchte mich beinahe panisch vor einer Ausgangssperre. Das Wissen, dass die Menschen, um die ich mich sorge, so weit weg leben, setzt mir zu.
Es setzt mir zu, dass ich in meinem realen Leben liebe Menschen weiß, die plötzlich Risikopatienten sein könnten und im Falle einer Ansteckung mit dem Tod kämpfen müssten. Und das, obwohl sie teilweise jünger als ich sind!
Noch ist alles (fast) wie immer
Beim Einkaufen begegneten wir nur wenigen Menschen und wir bekamen alles, was wir brauchten. Der Benzinpreis ist so niedrig wie ich ihn hier in Dänemark noch nie erlebt habe. Nur 8 kr 68 pro Liter! Die Schlangen an der Zapfsäule waren länger als die im Supermarkt und ich wunderte mich nicht wirklich, dass einige fleißig Kanister befüllten.
Auf der Autobahn war es ruhig, aber nicht total leer.
Wir erhalten jetzt keine Anzahl mehr über die Zahl der Infizierten, nur noch über die Zahl der in der Intensivstation befindlichen Patienten. Seit Freitag ist die Zahl dieser Patienten von 23 auf 28 gestiegen. Das klingt ein wenig lächerlich, doch muss laut dänischer Medien mit einem deutlichen Anstieg gerechnet werden. Das Maximum der Erkrankung wird erst für den Sommer vorausgesagt. #Flattenthekurve ist noch immer die Devise.
Der Flugverkehr wird zunehmend eingestellt, weswegen derweil nicht nur 1000 Dänen in Marokko festsitzen. SAS schickt 10.000 Mitarbeiter nach Hause. Von den 4200 dänischen Mitarbeitern verlieren in der kommenden Woche 4000 vorübergehend ihre Arbeit.
Was machen wir die ganze Zeit?
Wir haben uns heute die Schulaufgaben für die Kinder angesehen. Im Schulintra fanden wir eine ausführliche Liste mit Übungen, die wir ab morgen mit ihnen machen sollen. Die Zeit des Herumlungerns ist vorbei, wobei wir gar nicht gelungert haben.
Alexanders Rücken ließ es endlich zu, den Fußboden fertig zu verlegen. Juhu, unser Birkenzimmer wird wieder schön und wir werden uns zunehmend von den im ganzen Erdgeschoss herum stehenden Kisten verabschieden.
Die Ruhe vor dem Sturm
Ich glaube, da kommt noch mehr auf uns zu. Und sicherlich werden es keine Gesänge mit den Nachbarn sein …
Liebe Grüße aus Dänemark,
Marion
9 Comments
silberkopf
Au weia, sowas haben wir wirklich noch nicht erlebt. In Bayern sind jetzt auch Spielplätze u.s.w. geschlossen.
Die Eltern müssen sich kümmern, wo sie ihre Kinder unterbringen können. Nicht Jeder/Jede kann den ganzen Urlaub, oder unbezahlt frei nehmen, oder Homeoffice machen. Zum Glück gibt es bei manchen Eltern noch Omas und Opas die einspringen. Wir springen auch ein (also eher ich, weil Opa arbeiten muss) und haben einen Garten. Heute entstand hinter dem Gartenhäuschen schon eine Baustelle, wo mit Spielzeugbagger und Lastwagen gearbeitet werden kann.
Ich hoffe auf gute Ideen, wie man das Kind beschäftigen kann. Irgendwann wird alles langweilig…und Oma müde !!
Meermond
Also ganz ehrlich, sogar wir tun uns richtig schwer! Ich frage mich, wie wäre es, müsste ich genau wie Alexander arbeiten? No chance. Die Kinder waren heute superlieb und willig. Ich bin gespannt, ob ich sie morgen an die Onlineaufgaben bekommen kann …
Oder ans Mathebuch. Oder an … Ach.
Alles Gute euch <3
ErzieherIn
Was haltet ihr davon, uns gegenseitig Schönes zu erzählen? Macht man dies nicht auch bei Kindern, die Angst haben, um sie zu beruhigen? Machen wir es über Grenzen hinweg, denn „die Gedanken sind frei“…
Wir, mein Mann und ich, haben das sonnige We im Garten verbracht und haben den Frühjahresputz begonnen. Und es kamen Menschen auf ihren Spaziergängen vorbei. Ein freundlicher Gruß, ein Schwatz, frisch geernteten Topinambur verschenkt, einen Beutel voll Bärlauch gesammelt und daraus Pesto bereitet. Was mich persönlich sehr freute, dass ich mein Vorhaben in die Tat umsetzte und 5 längere Telefonate führte statt zu chatten. Liebe Grüße in die Welt Manuela
Meermond
Du hast mich inspiriert. Danke.
Ingrid Mateen
Ich war heute lange mit den Hunden unterwegs zwischen Wäldern und Wiesen! Tut gut und beruhigt! Musste auch dran denken: hoffentlich bleibt das so!!! Und sag mir dann: komm wir haben einen schönen grossen Garten. Und dann hast du mehr ZEIT Bilder ins Holz zu hauen! In meiner kleinen Werkstatt! Dann kommt so ein Gedanke: ich bin eine leihendarstellerin in einem sience Fiction Film und warte auf regieanweisung!! Und dann wieder zurück ins „normale“ Leben! Also passen wir auf uns auf und machen das Beste draus!! Am Freitag hab ich Meine 97 Jahre alte Mutter besucht in ihrer betreuten wohngruppe. Sie ist noch recht fit. Ich wollte ihr erklären,warum es ein besuchsverbot gibt! Es war nicht möglich,es ihr zu erklären! Weil es keine Beispiele gibt!! Alles Liebe Ingride
Meermond
Sowas kann man auch nicht wirklich mehr erklären. Mir persönlich wird das alles etwas zu viel. Darum habe ich soeben den vermutlich langweiligsten Artikel aller Zeiten getippt. Liebe Grüße, Marion
freiedenkerin
Ich bin mit einem lieben Freund gestern durch Mittenwald gefahren. In diesem malerische und schöne Kleinstadt am Fuße des Karwendels liegenden Ort tobt normalerweise ab Ostern das Leben. Das war gestern Nachmittag eine Geisterstadt…
Bayern wird jetzt auch ziemlich dicht gemacht. Ab Dienstag werden viele Geschäfte, Restaurants, Kneipen und Bars bis auf Weiteres schließen müssen…
Das Gute: Es wird wohl bis mindestens Mitte der Woche ein wunderschönes und warmes Frühlingshoch geben. Und Corona mag keine Wärme. Vielleicht setzt die Sonne dem Virus so zu, dass er weitgehend abstirbt…
Alles Liebe – und bleib gesund!
Meermond
Geisterstädte strahlen etwas Merkwürdiges aus, nicht wahr?
Ja, da wollen wir mal hoffen, dass es richtig warum wird. Ich erinnere mich an einen April mit 30 Grad. Muss so 2007/2008 gewesen sein. Sowas brauchen wir jetzt noch mal, das wär fein.
Dir von Herzen alles Gute und bleib bitte auch gesund!
freiedenkerin
Gruselig ist das, ja… Mir kam ein Interview in den Sinn, in dem ein Promi sagte, er sei sich beim Spaziergang in Mailand vorgekommen wie der Hauptdarsteller in einem Roland-Emmerich-Film. So fühlte ich auch.