Reiseland Dänemark

Tolkien war ein Dänemarkfan

Was haben John Ronald Reuel Tolkien und Ingahild Grathmer miteinander gemein? Die Antwort mag überraschen, aber es ist Dänemark! Vielleicht wusste es der eine oder die andere noch nicht, aber Königin Margrethe II. illustrierte unter dem genannten Pseudonym die dänische Ausgabe des Weltklassikers „Herr der Ringe“.

Ein aktueller Zeitungsartikel im Jyllands Posten* deckt auf, dass Tolkien sich anscheinend bei der Namensfindung und auch bei der inhaltlichen Gestaltung seiner Bücher Anregungen in Dänemark geholt habe. Um genauer zu sein im Djursland.

Hobbithaus im Auenland (Foto: Pixabay, reginasphotos)

Das Djursland erinnert landschaftlich stellenweise wirklich an das friedliche Auenland. Die sanften Hügel, hinter denen sich hyggelige Fachwerkbauten mit niedrigen Dächern zu ducken scheinen, versetzen jemanden mit viel Phantasie tatsächlich nach Mittelerde.

Bekannte Ortsnamen

Durch seine Forschungsarbeit als Professor der englischen Sprache (Univeristät Leeds, 1920-1925), des Altenglischen (Universität Oxford 1925-1945) und englischer Literatur (Universität Oxford ab 1945) konnte Tolkien beim Verfassen seiner Werke auf umfassende Kenntnisse von Mythen und Begrifflichkeiten verschiedener Länder zurückgreifen. Einige bekannte Namen stammen vermutlich aus Dänemark.

Aros: Der Fluss Aros bildet die Ost- und Südgrenze von Doriath. Die Oststraße, eine der wichtigsten Verkehrswege von Beleriand führt über die Arosfurten. Eine sehr bedeutende Stadt im Osten von Dänemark hatte einst genau den selben Namen. Aros ist Aarhus.

Isengard: Das im englischen Original lautende Isengard ist eine Festung am südlichen Ende des Nebelgebirges. Das dänische Pendent Isgård Gods (å wird auch aa geschrieben) thront auf einer kleinen Anhöhung über der Aarhus Bucht.

Helms Klamm: Helms Klamm (engl: Helms Deep) ist eine befestigte Schlucht im Weißen Gebirge. Übersetzt man das auf Dänisch, landet man bei Hjelms Dyb. Es handelt sich hierbei um eine Vertiefung im Kattegat, welche das Djursland von der Insel Hjelm trennt.

Man könnte von Zufällen sprechen, doch tauchen weitere landschaftliche Gemeinsamkeiten zwischen Tolkiens Welt und dem Djursland auf.

Mols Bjerge – das Auenland?

Nordische Mythologie

Die alte Hervararsage, so der Verfasser des Artikels im Jyllands Posten, habe ebenfalls Einzug in Tolkiens Werke erhalten.

Die Geschichte um einen dänischen König, der bei einer Schlacht auf Samsø fiel und seitdem mit seinen Gefährten auf der Insel spukt, ist nur ein Beispiel. Sein Schwert wurde überdies von den Zwergen Dvalin und Durin geschmiedet. Sowohl das königliche Geisterheer im Berg als auch der Name Durin müsste jedem Fan vom Herr der Ringe bekannt vorkommen.

Liegt Mittelerde im Djursland? (Foto: Pixabay, marcoianna3)

Mit der Tatsache, dass sich eben eine junge dänische Prinzessin, eine Nachfahrin der Wikinger, die den Stoff für die Bücher lieferten, dazu inspiriert fühlte, Zeichnungen für den Herr der Ringe anzufertigen, schließt sich der Kreis. Angeblich sei es der heutigen Königin Margrethe II. damals am besten gelungen, die Phantasie Tolkiens zu visualisieren. Kein Wunder, sie hat ja auch ein Schloss in Aarhus und kennt daher die Umgebung und die damit verbundenen Sagen ihres Volks.

Ich persönlich gehe noch ein Stück weiter als Jyllands Posten. Tolkien mochte wohl nicht nur die alten Wikinger, sondern auch seine dänischen Zeitgenossen. Das Auenland ist der Inbegriff der Hygge und der ruppige Zwerg Gimli der prächtigste Nordjüter, den ich mir vorstellen kann:

Und nun, Elbenherr, werdet ihr die berühmte Gastfreundschaft der Zwerge kennenlernen. Prasselnde Kaminfeuer, Malzbier, gut abgehangenes Fleisch.

Gimli, Herr der Ringe, Die Gefährten

In diesem Sinne, lest doch mal wieder oder besucht das ➡ Djursland, herzlichst

*Quelle: Jyllands Posten vom 7. November 2020: Her er beviserne for at tolkien var besat af oestjylland

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Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

11 Comments

    • Meermond

      Ist wirklich total witzig, ich gebrauchte schon öfter den Begriff Teletubbieland und dachte nicht an Tolkien. Bis ich über den Zeitungsartikel stolperte. Es fiel mir quasi wie Schuppen von den Augen 🙂
      Sag Bescheid, wenn du in der Nähe bist. Liebe Grüße

  • Angela

    Ein sehr interessanter Artikel. Ich hatte bisher noch nie darüber gelesen, dass Tolkien eine besondere Beziehung zu Dänemark gehabt hat. Klar die nordische Mythologie ist (neben sämtlichen anderen Mythologien Europas) in sein Werk eingeflossen, aber dass die dänische Landschaft ihn inspiriert hat, war mir neu. Aber auf alle Fälle stößt man in Dänemark an verschiedensten Stellen auf Landschaften, die ans Auenland erinnern, meine Kinder haben schon vor Jahren in Ydby Hede bei den Grabhügeln auf Südthy gejauchzt, weil es ihrer Meinung nach wie im Auenland aussah. Die Namensverwandtschaft mit vielen Orten ist schon auffällig und zeugt von der Verankerung dieser Orte in Mythologien.
    Was ich auch nicht wusste, ist dass Königin Margrethe eine dänische Herr der Ringe Ausgabe illustriert hat, das finde ich total klasse! Die Bilder würde ich mir gerne mal anschauen.
    Wieder einmal interessante Denkanstöße erhalten und große Lust zum wiederholtem Male Herr der Ringe zu lesen. Der Lockdown macht‘s möglich!

    • Meermond

      Ich wusste das von Margrethes Bildern schon lange und habe breits wenige Wochen nach unserer Ankunft in Dänemark in der Bücherei über ihre Kunst gestaunt. Vielleicht musste ich deswegen den Zeitungsartikel für meine Leser „sichtbar“ machen. Es ist einfach eine tolle Geschichte!
      Ja, lies ruhig wieder und genieße jede Seite (auch wenn die ausgearteten Schlachtbeschreibungen eher enervierend sind…). Viel Vergnügen!

  • Stella, oh, Stella

    Das stimmt total, dass das Auenland vom Film dem Djursland ähnelt. So eine runde Erdhütte könnte ich mir gut als Wohnraum vorstellen … 😉

    Zu Weihnachten sehen wir oft den Herr der Ringe, Director’s cut. In der Kinoversion fehlen einige, wie ich finde wichtige, Szenen mit den Waldelfen.

    Margrete II ist künstlerisch ziemlich begabt; das war Prinz Henry eigentlich auch, er hat einige schöne Skulpturen gemacht.

    • Meermond

      Ich finde, Prinz Henry war ein Künstler. Man hätte ihm mehr Beachtung und Bewunderung schenken müssen. Den Herr der Ringe mit Margretes Zeichnungen habe ich bei meinen allerersten Bibliotheksbesuchen in Brønderslev schon bewundert. Die Bilder sind beeindruckend!
      Leider kenne ich den Director´s Cut nicht, aber ich war ehrlich gesagt schon erstaunt, wieviele Szenen ich aus dem Buch vermisste. Dabei ist der Film sowieso schon irre lang! Ich bitte dich daher, mir den Film nach Weihnachten doch mal auszuleihen <3

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