dänische Kultur,  Essen

Wandern im Norden: Pack dein madpakke!

Ich erinnere mich noch ganz genau: Vor vielen Jahren ging ein verwundertes Raunen durch die Presse. Da packte doch tatsächlich ein gut aussehender und aufstrebender Star auf seinen Reisen in andere Länder Butterbrote aus! Dabei handelte es sich um niemand anderen als Prinz Haakon von Norwegen. Ein Königssohn, der auf Staatsbankette verzichtet und lieber zu seinem matpakke (nor. Lunchpaket) greift? Nun, für einen Norweger ist es eben normal, nicht unbedingt ein gekochtes Mittagessen haben zu wollen. Inzwischen gehe ich sogar so weit, dass ich die Kultur der Pausenbrote als typisch skandinavisch bezeichne. Ich erlebe es nämlich nicht mehr anders. In der Arbeit, in der Schule und auf Ausflügen wird meist zu mitgebrachter Verpflegung gegriffen. Überall in Dänemark – und nicht nur hier – finden wir Picknicktische, sogar im Zoo und im Freizeitpark.

Picknicktisch in Dänemark
Picknicktische findet man in Dänemark wirklich überall!

Selbstverständlich packen wir während unserer Reisen ebenfalls fleißig unser madpakke (dän.) ein.

Pack dein madpakke!

Wenn wir uns dazu entschließen, einen Ausflug zu machen, brauchen wir mindestens eine Stunde, bis wir bereit zum Aufbruch sind. Die Vorbereitung der Verpflegung einer Familie mit kleinen Kindern braucht nämlich Zeit und Planung.

Die bei Wanderrouten angegebene Gehdauer erhöht sich bei uns um den Faktor 1,5. Unsere Zwillinge sind nun 7 Jahre alt und an körperliche Aktivitäten im Freien gewöhnt, aber es sind eben Kinder. Mal wollen sie kraxeln, mal ausgiebig entdecken. Ab und an sind sie bockig, bleiben stehen, um dann wieder blitzschnell zu rennen. Dennoch schaffen sie inzwischen auch längere Strecken. Als die Kinder noch kleiner waren, setzten wir oft die doppelte Gehdauer an.

gedeckter Picknicktisch in Dänemark
Picknick ist typisch skandinavisch!

Den Proviant müssen wir für uns so planen, dass die Kinder nach je eineinhalb Stunden etwas bekommen können. Also Kekse, eine Süßigkeit oder Obst. Pro drei Stunden brauchen wir eine größere Mahlzeit. Und Kaffee für Alexander. Schließlich muss der Arme regelmäßig gestärkt werden, wenn er schon das ganze Zeug immer tragen muss …

Wir picknicken einfach

Wir erleben oft, dass sich Dänen an Picknicktischen niederlassen, über die sie eine Tischdecke gelegt haben. Und bei den Grillstationen im nahe gelegenen Freizeitpark richten sich manche Familien sogar beinahe häuslich ein – inklusive Blumensträußchen und Weingläser! Ich gestehe, dazu bin ich einerseits zu vergesslich, andererseits sind wir alle dazu viel zu rastlos. Doch jedes Mal, wenn ich sowas sehe, denke ich mir, dass das sicherlich hygienischer als unser Mahl auf den blanken Holzplanken wäre.

Aber immerhin verzichten wir durchweg auf Einweggeschirr oder Papierservietten. Wir mögen es übrigens auch nicht, fertige Sandwiches mitzunehmen, da sie in den Boxen oft auseinanderfallen. Sie in Papier oder gar in Folie einzuwickeln, ist für uns keine Option. Also schmieren wir unsere Brote gemütlich vor Ort und sitzen gerade im Urlaub einfach dort, wo es uns gefällt.

Alexander schmiert Brote. (drück auf das Bild und erfahre mehr)

Wir suchen gerne etwas ungewöhnlichere Stellen auf, um uns zum Picknick niederzulassen. Dazu wandern wir nicht unbedingt abenteuerliche Pfade entlang. Wir versuchen, uns während unserer Ausflüge in Dänemark und auch während unserer Urlaube möglichst Ressourcen und Natur schonend zu verhalten. Darunter verstehen wir nicht nur Müllvermeidung, sondern auch den Wunsch, sanften Tourismus zu betreiben. Heute begegnet man eher dem Begriff Slow Travel, doch ist damit eigentlich das Gleiche gemeint.

Es ist die Zeit, die sogar einen einfachen Augenblick spektakulär werden lässt.

Als wir hier unsere Butterbrote kauten, waren wir nur etwa 100 Meter von unserem Wohnwagen im Waldcampingplatz entfernt. Die Zeit stand still für uns und der Ausblick war ein Genuss.

Kanu auf einem See in Schweden
Zeit für madpakke (drück auf das Bild und erfahre mehr)

Wir brauchen Lembas!

Obwohl jeder von uns sein Wasser selbst tragen muss, ist die Last auf Alexanders Rücken oft erheblich gewesen. Und jedes Mal wieder hatte er gestöhnt, man möge doch bitte endlich Lembas, das nahrhafte Brot der Elben in Tolkiens Herr der Ringe, erfinden. So bräuchte er weder Bestechungs Motivationssüßigkeiten noch die vielen verschiedenen pålæg (nicht jeder mag den gleichen Brotbelag), kein Geschirr und kein Besteck mehr zu schleppen! Einfach nur Lembas in Tücher wickeln und fertig!

Während unseres letzten Norwegenurlaubs sollte sein Jammern erhört werden. Wir entdeckten Lefse.

Lefse mit Obst
Lefser mit Obst – ein sättigendes Lunchpaket

Lefse

Was wir inzwischen nur noch als Lembas bezeichnen, ist eigentlich ein traditionelles Fladenbrot aus Norwegen. Lefser sind sehr nahrhaft, man kann sie auf vielerlei Arten genießen und auf noch mehr Arten zubereiten! Während meiner Suche nach einem Rezept stieß ich auf unzählige Varianten, von denen jeweils behauptet wurde, es handle sich um die besten Lefser Norwegens.

So viele Großmütter es in Norwegen gibt, so viele beste Rezepte gibt es anscheinend.

Man kann sie von ganz dünn ausgerollt bis hin zu fluffig dick backen. Manche bereiten sie mit Kartoffeln im Teig zu, andere nur mit Mehl. Wieder andere fügen Sirup und eine spezielle Sauermilch hinzu, andere verwenden ausschließlich Milch. Es ist also Geschmackssache, wofür man sich entscheidet. Eine Variante mit Creme double und Kartoffeln inklusive Videoanleitung findest du bei ? Katharina vom Wienerbroedblog.

Ich habe mir ein altes Grundrezept aus Norwegen übersetzt. Da ich weder die original norwegischen Sauermilchprodukte noch stets mehlige Kartoffeln habe, halte ich es lieber simpel. Es gefällt mir, dass so ein Lefse schnell und einfach zubereitet ist und immer gelingt. Lefser können auf Vorrat gebacken und eingefroren werden. Und ganz sicherlich kann man sie während eines Campingurlaubs auch über dem Lagerfeuer machen.

norwegische Lefse
Lefse – Norwegisches Fladenbrot

Zutaten für 10 Stück:

  • 50 g Mischung aus Butter und Margarine
  • 300 ml Vollmilch
  • 1 kg Mehl
  • 1 EL Zucker
  • 1/2 TL Backpulver
  • 1/4 TL Hirschhornsalz
  • etwas Mehl zum Ausrollen

Zubereitung:

Das Mehl sieben und mit Zucker, Backpulver und Hirschhornsalz vermengen. Die Milch und das Fett zusammen aufkochen. Die heiße Milch wird über das Mehlgemisch geschüttet. Zügig miteinander verrühren und so bald wie möglich mit den Händen verkneten. Der Teig kühlt recht rasch auf annehmbare Temperatur ab. Man muss aber darauf achten, dass man nicht zu lange knetet, da der Teig sonst zu fest wird. Den Teig dann in einer geschlossenen Schüssel eine halbe Stunde kühl ruhen lassen.

Den Teig in zehn Portionen teilen und zu Kugeln rollen. Jene werden dann sehr dünn und als große Kreise ausgerollt.

Ein Lefse muss ganz dünn ausgerollt werden.

Lefser werden laut Rezept in einer Eisenpfanne (oder einer Backplatte) und ohne Fett ausgebacken.

Ich verwende dazu meine normale Küchenpfanne mit Keramikbeschichtung.

Die Fladen werden bei mittlerer Temperatur gebacken. Sobald die Fladen dicker werden und Blasen werfen, dreht man sie um und backt sie goldbraun aus. Bei zu hoher Temperatur verbrennen sie sehr schnell.

Ich selbst backe lieber mehrere und kleinere Fladen. Warum, dazu später.

Die fertigen Lefser werden auf einen Teller gestapelt und mit einem feuchten Tuch bedeckt. Sie sollen nämlich nicht austrocknen oder gar hart werden.

So isst man Lefser

In Norwegen isst man Lefser oft als süßen Wrap. Dazu bestreicht man die Fladen mit einer Mischung aus Butter, Zucker und Zimt und rollt sie auf. Wurde ein Rezept für eine dicke und fluffige Variante gewählt, ähneln sie dann einem Kuchen. Eine sehr leckere Köstlichkeit, mit der man Kinder sowohl sättigt als auch zum Weitergehen motivieren kann.

Lefser schmecken aber auch pikant. Werden sie mit Kartoffeln zubereitet, sind sie meiner Meinung nach fülliger als ohne. Ich mag sie dann mit Kräutern und Frischkäse! Doch der eigenen Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Typisch norwegisch werden sie auch mit Fisch und Zwiebeln gegessen.

Am allerbesten gefällt uns die Tatsache, dass vergleichsweise wenig Nahrung so sättigen kann! Und selbst wenn wir keine Outdoordosen dabei haben und die Lefser nur in Tüchern gewickelt haben, zerbröseln sie nicht. Und Alexander muss nicht so schwer tragen …

Wanderung in Hammer Bakker
In diesem kleinen Rucksack ist die Tagesration einer vierköpfigen Familie!

Wir sind der Meinung, dass man nur dann einen Ort wirklich gesehen hat, wenn man ihn zu Fuß erkundet hat. Ich möchte dich herzlich dazu einladen, uns auf unseren Wanderungen zu begleiten. Meermond ist voll von Eindrücken, die wir von unseren Ausflügen und Urlauben mitgebracht haben.

Pack dein madpakke und komm einfach mit!

Herzlichst,

https://meermond.de/wandern-in-daenemark-natur-hautnah-erleben/
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Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

8 Comments

  • Christine

    Liebe Marion ich finde es toll, was ihr so mit Euren Kindern unternehmt. Es ist gerade für Kinder so schön, draussen zu essen und draußen in der Natur zu sein. Damit gebt Ihr ihnen soviel mit für weiteres Leben. Ich lese es zu gerne und bin bei Euren Ausflügen dabei. Ich bin auch so groß geworden und es hat mir eine Sicherheit und gesunde Erdung gegeben, die ich in meinem turbulenten Berufs- und Familienleben gut gebrauchen konnte und die mir über manche Hürde hinweggeholfen hat. Ganz toller Bericht und danke für das tolle Rezept!

    • Meermond

      Es freut mich, wenn du dich so gerne von uns mitnehmen lässt. Ich glaube, dass uns das Einfache, das Langsame und das Natürliche heutzutage viel zu oft fehlt. Leider wird es auch immer schwerer, sich der Schnelligkeit und Vernetzung unserer Zeit zu entziehen. Aber so lange wir es wenigstens ab und an schaffen, ist es wundervoll. Für uns und erfreulicherweise auch für dich.
      Liebe Grüße und velbekomme, Marion

  • Erika

    Ich habe auch immer meine Brotzeit dabei. Das gehört einfach zum wandern dazu, ob auf einem Gipfel oder an einem anderen schönen Ort. Und du kennst ja das ausgiebige Biergartengelage der Bayuwaren? mit Tischdecke und Co. Das Bier wird nicht mitgebracht. Liebe Grüsse aus dem Süden

    • Meermond

      Na freilich kenn ich die Biergärten und zugegeben, da würd ich schon zu gerne mal wieder sein 😉

      Die skandinavische madpakke – Kultur beschränkt sich allerdings nicht ausschließlich auf das Wandern. Auf Einladungen zu Schulungen steht meist der Hinweis, dass ein Kühlschrank für das Lunchpaket vorhanden ist. Kiosk oder Kantinen gibt es nur selten. Und das Bier wird mitgebracht . Liebe Grüße und ein ganz herzliches Servus aus dem Norden!

  • Stella, oh, Stella

    Das Rezept werde ich mir kopieren. Ich mache ja die gebratenen Pita, aber die sind dann doch ziemlich mit Öl vollgesogen. Als Alternative nehmen wir zum Brot eine Dose Eiersalat oder Kartoffelsalat mit. Mit dem tollen veganen Mayo von Karotina al Dente, wird ja jeder Salat schmackhaft. Ich werde übrigens demnächst einmal Remoulade auf Basis dieses Mayos herzustellen versuchen. Ich habe ein schönes Rezept gefunden. Wenn dat wat wart, werde ich berichten …

    Ich finde diesen Picknick-Brauch ungemein sympathisch!

    • Meermond

      Ich bin schon gespannt, was du berichten wirst. Der kleine Wikinger liebt „Remuläl“!
      Ich hoffe, du magst die Lefser. Ich esse sie auch komplett pur. Übrigens brauche ich nur zwei Lembas und bin dann ziemlich lange pappsatt…

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