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Wie schmecken Ameisen auf Læsø?

„Mama, ich habe eine Ameise gegessen!“

So begrüßte mich mein wundervoller, großer Sohn am Dienstagabend, als ich ihn von seinem Schulausflug nach Læsø abholte.

Nein, es handelte sich dieses Mal leider nicht um eine auf Klassenfahrten übliche Blödelei, sondern um ein echtes Erlebnis aus dem Biologieunterricht vor Ort. Sein Lehrer habe der Klasse die Tierchen gezeigt und sie dazu eingeladen, sie zu probieren.

„Einfach drauf beißen, den Saft genießen und dann das Tierchen ausspucken! Schmeckt gut!“

Mein Sohn fährt also nach Læsø, um Ameisen zu probieren?

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Was ist das Besondere an Læsø?

Nichts.

Ich meine tatsächlich das Nichts.

Die 118 km² große Insel im Kattegat ist maximal 3000 Jahre alt, wird von knapp 1800 Menschen bewohnt und ist somit die kleinste Gemeinde Dänemarks. Nur 5% der Fläche sind zur Bebauung freigegeben und daher gibt es nur wenige Orte im ganzen Land, die genau so wenig Luft- und Lärmverschmutzung haben wie Læsø.

Und genau darum ist es eben ein Nichts, das den Wert der Insel ausmacht. Dort kann man sich von der Hektik des Alltags freimachen und sich in der Natur verlieren. Und weil mein Sohn wirklich ein hervorragender Außenreporter ist, hat er mir auch ein paar Bilder von seiner Wanderung auf Læsø mitgebracht:

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Læsø bezaubert seine Besucher durch viele Seen und durch zum Teil unerforschte Wildnis im Inneren. Ich denke, dass ich im kommenden Sommer einen Ausflug dorthin machen muss.

Historische Tangdächer

Auf Læsø gibt es Häuser, die mit Seegras gedeckt worden sind. Seegras isoliert und ist schwer entflammbar. Einige dieser Tanghäuser sind zwischen 300 -350 Jahre alt und das Museum På Lynget hat einen Dachteil, der sogar 400 Jahre alt ist:

(klick –> groß)

Die Tanghäuser stehen unter Denkmalschutz und es ist inzwischen mit hohen Kosten und sehr großen Mühen verbunden, jene zu erhalten. Aufgrund eines Krankheitsbefalls des Seegrases im Meer um die Insel hat jenes nicht mehr die entsprechende Qualität! Es muss aus Falster, Bogø und Møn importiert werden. War es in früheren Zeiten bitterer Notwendigkeit geschuldet, die Hausdächer mit Seegras zu decken, gibt es heute nur noch wenige davon. Wer mehrere Bilder sehen und weitere Informationen hierzu möchte, der folge bitte diesem Link, die Sprache kann auf Deutsch umgestellt werden.

Das Gold der Insel

Bereits letztes Jahr besuchte der Preußenbayer die Salzsiedereien von Læsø (Link führt zu der Seite auf Englisch) und ich freute mich sehr über sein Geschenk:

12Inzwischen lümmelt nur noch ein labberiges Säckchen im Küchenregal und ich schärfte dem Gutesten ein, sein Taschengeld lieber für sich selbst auszugeben. Es ist nämlich nicht nötig, extra zur Insel zu fahren, um jenes Salz zu kaufen. Die Nordjütländer sind sehr stolz auf ihre heimatlichen Produkte und ich kann die blauweißen Säckchen sogar im Dorfsupermarkt kaufen.

Die Salzsiedereien, übrigens Dänemarks erste Großindustrie,  werden jährlich von über 60000 Menschen besucht. Das grobe Meersalz wurde bereits im 12. Jahrhundert gesiedet. Weil dazu fast der komplette Baumbestand abgeholzt worden ist, musste man die Salzgewinnung nach 500-600 Jahren wieder einstellen. Mit der Aufforstung der Insel hat man tatsächlich erst in den 1930er Jahren begonnen.  Heute ist das Læsøsalz nicht nur zu einem Gourmetsalz geworden, es findet auch Verwendung in Kurbehandlungen, Kosmetikprodukten und in besonderen Delikatessen: Süßigkeiten, Schnaps, Öle, Butter usw.

In den Siedehütten arbeitet man traditionell und bei hohen Temperaturen:

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Weitere deutschsprachige Informationen findet man unter anderem hier oder dort.

Und wie schmecken sie denn nun, die Ameisen?

Ich habe in einer Facebookgruppe nachgefragt, ob jemand diese Tiere kennt. Bis dato habe ich weder ein Like noch eine Antwort bekommen. Ich glaube, man hält mich dort jetzt für verrückt!

Also fragte ich weiter und bekam schließlich diese Antwort von der Touristeninfo in Læsø:

Myrer smager generelt lidt surt af myresyre, men det kan være den gule engmyre, din søn har smagt. Den lever i tuer ude på strandengen Rønnerne, og den holder faktisk husdyr! Arten lever det meste af sit liv under jorden, hvor den jager små insekter og spiser honningdug fra bladlus, som de malker, lige som vi mennesker malker køer for mælk. De kan dog ses som kæmpe sværme i luften fra juli til august, hvor parringen finder sted. Gul engmyre er klar gul til gulbrun i farven. Arbejderne er 2,2-4,8 mm store og med meget små øjne.

[Übersetzung, sinngemäß: Ameisen schmecken in der Regel etwas sauer wegen der Ameisensäure, aber es kann gut möglich sein, dass dein Sohn die gelbe Wiesenameise probiert hat. Diese leben in kleinen Hügelchen in den Strandwiesen von Rønnerne und halten sich sogar Haustiere! Sie leben die meiste Zeit ihres Lebens unter der Erde, wo sie Jagd auf kleine Insekten machen und dem von den Blattläusen ausgeschiedenen Honigtau ernähren. Jene melken sie so, wie wir Menschen die Kühe melken. […] Ihre Farbe ist gelb bis gelbbraun […] und sie haben klitzekleine Augen.]

Tja, und wenn man also auf eine solche Wiesenameise drauf beißt, schmeckt das herrlich nach Zitrone.

„Richtig gut zitronig“, so mein mutiger Außenreporter.

Na denn, velbekomme!

Schriftzug Meermond

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Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

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