Entlang der dänischen Traumroute – Teil 2
Hvide Sande lädt dazu ein, sich in Ruhe niederzulassen. Dem Rauschen des Meeres zu lauschen und die Zeit untätig verrinnen zu lassen. Dort angekommen ist es schwer, sich wieder aufzumachen und weiterzuziehen. Und genau jener Effekt tritt auch bei uns am anderen Morgen unseres ➡ Roadtrips entlang der Westküste ein. Die Fahrt des Vortags noch in den Knochen habend bestehen die Kinder darauf, eine Pause machen zu dürfen. Ich raffe mich dennoch dazu auf, bereits in den frühen Morgenstunden wieder ins Auto zu steigen. Dieses Mal eben ohne meine Familie. Der Gedanke, dass es wohl nie wieder die Gelegenheit dazu geben wird, den beliebten Badeort Blåvand quasi leergefegt zu sehen, treibt mich an. Holmsland Klit Die Fahrt auf Holmsland Klit macht mir Spaß. Es ist erstaunlich, wie schmal die sandige Landzunge stellenweise ist! Auf der einen Seite kann ich manchmal auf den Ringkøbing Fjord sehen, auf der anderen Seite reichen die Dünen der Nordsee bis fast an die Straße. Immer wieder halte ich an und lasse die karge Landschaft auf mich wirken. Ich bin komplett alleine, es begegnet mir kein Mensch. Es sieht fast so aus, als würden sich die Häuser hinter den bewachsenen Hügeln verkriechen. Ihre Fahnenmasten recken sich nackt in die kühle Morgenluft. Nicht einmal die vereinzelt gehissten Wimpel wehen. Totale Stille. Die bekannteste Kurve Dänemarks Es fällt mir etwas schwer, die einzelnen Orte auf Holmsland Klit voneinander abzugrenzen. Die Ferienhaussiedlungen reihen sich nahtlos aneinander. Während meiner Fahrt denke ich darüber nach, wie es sich hier wohl in der Hauptsaison anfühlen mag. Schließlich kommen jedes Jahr Tausende auf den schmalen Streifen! Interessant finde ich auch die Frage, wo sie sich alle dann aufhalten. Warum nur wollen so viele hierher, wo hier so wenig Platz ist? Als ich am Ferienhausgebiet Bjerregård vorbeigefahren bin, bemerke ich, dass die Ausläufer des Fjords in das Land hineingreifen. Die geschwungenen Ufer des Nyminde Strømmen und sanft wogende Ufergräser erschaffen eine lieblich anzusehende Naturgegend. Und dann sehe ich sie. Die berühmteste Kurve Dänemarks. Sie ist mir in den sozialen Medien schon unzählige Male begegnet. „Du musst sie vom Süden aus in Richtung Norden fahren!“, riet mir eine nette Bekannte mehrmals vor Antritt unserer Reise. Ab dieser Kurve würde sich die Landschaft nämlich endlich in das verwandeln, was alle an Dänemark lieben. Oh wie wundervoll! Genau an dieser Kurve beginnt mein Urlaub! Die erfreuten Kommentare meiner virtuellen Reisekameraden veranlassen mich dazu, die Kurve mehrmals zu befahren. Von Nord nach Süd, von Süd nach Nord und dann wieder zurück. Was ist hier nur so besonders? Vester Havn Etwas ernüchtert stelle ich mein Auto am Rastplatz bei Nymindegabs Vester Havn ab, hole meine Thermoskanne aus der Tasche und gehe noch einmal zu Fuß zur Kurve. Ich stelle mich mitten auf die Straße, trinke meinen Kaffee und versuche, zu verstehen. Der Himmel ist trüb, es ist kalt und mit dem grauen Asphalt vor den Augen stellt sich bei mir alles andere, aber sicherlich keine Urlaubsstimmung, ein. Ich bin ein wenig traurig über die Erkenntnis, dass mir Dänemark offenbar sehr vertraut geworden ist. Die allgemeine Freude angesichts sich öffnender Dünenlandschaften kann ich nicht mehr so nachempfinden wie früher. Ich widme mich dem von einem Verein gepflegten Hafenidyll. Die kleinen Fischerhütten und die dort vertäuten Boote sind ein malerisches Fotomotiv. Auf der Suche nach dem besten Standort folge ich den ausgetretenen Pfaden im Gras. So langsam beginnen mir das trübe Wetter und die etwas erschreckende Leere zuzusetzen. Leere Ferienhäuser, menschenleere Straßen und Wege, geschlossene Türen – genau das und nur das würde mich in ➡ Blåvand erwarten. Wozu also den Weg noch auf mich nehmen? Ich denke darüber nach, ob ich mich lediglich bei Nymindegab genauer umsehen und dann lieber zurück zu meiner Familie fahren sollte. Bork Havn Das Freilichtmuseum Bork Havn zeigt das Leben und Wirken der Wikinger. Seine Besucher können dort aktiv in eine Zeit von vor 1000 Jahren eintauchen. Der gewaltige Parkplatz zeigt mir, dass das Wikingerdorf ein beliebtes Ausflugsziel ist. Trotzig drehe ich wilde Kreise auf dem komplett leeren Platz und stelle mein Auto quer ab. Obwohl ich weiß, dass aufgrund der Maßnahmen in der Coronazeit alle Museen geschlossen haben müssen, bin ich zornig. Das zu sehen würde meinen Kleinen viel Freude machen. Ich klettere auf einen Hügel voller Brennnesseln und schaue neugierig in das Dorf. Es muss ein tolles Erlebnis sein, wenn dort die Darsteller bauen, arbeiten oder Fragen zu den Wikingern beantworten. Bork Havn werden wir also noch einmal aufsuchen müssen. Nymindegab Ich erkunde den kleinen Ort Nymindegab und sammle viele Bilder. Es fühlt sich beklemmend an, komplett alleine zu sein, und ich unterhalte mich schließlich mit dem Skelett des Pottwals. Über die an diesem Tag einzig geöffnete Türe im Nymindegab Museum freue ich mich so sehr, dass ich ein Video für die Instagramstory drehe. Ich finde es interessant, die Beklemmung, die komplette Menschenleere auslösen kann, zu schildern. Alexander sieht mir zu und bittet mich, umzukehren. Ich beschließe also, den Rückweg anzutreten, folge dann aber dennoch einem Schleifenviereck. Ich gelange zum ehemaligen Redningshus des Ortes, das witzigerweise inmitten der Seenlandschaft des versandenden Nymindegab Strømmen liegt. Einst gab es dort wirklich eine Mündung in die Nordsee. Mir gefällt die malerische Naturlandschaft, die zwischen den Häusern des Ortes und der Dünenkette liegt. Und das besser werdende Wetter hellt meine Stimmung deutlich auf. Die in den Dünengürteln erkennbaren, weißen Pfade locken mich. Den Strand kann ich ja noch kurz besuchen. Wo der Urlaub beginnt Ich lenke mein Auto buchstäblich der Sonne entgegen, die sich immer mehr durch die Wolkendecke kämpft. Als ich den Vester Havn wieder vor mir auftauchen sehe, bleibe ich stehen. Und dann kann ich es erkennen. Lächelnd biege ich in Richtung Strand ab, stapfe einsame Spuren in unberührte Sandflächen und starte ein Livevideo. Wenn ich schon keinem Menschen begegnen kann, dann nehme ich wenigstens virtuell welche mit ans Meer. Dankbar nehme ich eingehende Ratschläge an, was ich auf dem Rückweg nach Hvide Sande noch unbedingt sehen sollte. Zurück in Hvide Sande fragt mich Alexander, ob ich denn was von diesem seltsamen Ausflug mitgenommen habe. Meine Antwort überrascht ihn. Jetzt verstehe ich. Obwohl es in einem dritten Teil nicht mehr ausschließlich um die Westküste gehen wird, gehört unsere Heimreise dennoch zu dieser Serie dazu. Demnächst hier im Blog. Vi snakkes ved, Hier kommst du zu Teil 1 des Roadtrips:
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