Wie du zum Dänen wirst

Du leidest bereits unter akutem Fernweh, wenn du die Koffer aus deinem Ferienhaus in Dänemark tragen und in deinen Kofferraum laden musst? Dich treibt ganzjähriges Meerweh dazu, Fotos von dänischen Stränden zu liken? Du weißt, dass du im Inneren eher ein Däne bist und bezeichnest dein liebstes Urlaubsland als Herzensheimat oder Herzensland? Dann wird es Zeit, die Verwandlung abzuschließen und dich in einen Dänen zu verwandeln. Das ist ganz einfach. Du musst nur die folgenden – natürlich nicht ganz ernst gemeinten – Tipps umsetzen. Kauf dir Badelatschen! Ein echter Däne trägt mit Vorliebe Badelatschen zu legerer Kleidung. Dabei spielt es keine Rolle, ob es Sommer oder Winter ist. Je nach Wetter werden die prinzipiell schwarzen Adiletten mit Socken getragen, doch es gilt eine wichtige Regel zu beachten: Im Sommer dürfen Socken in allen Farben in den Plastikschlappen stecken, in den nassen Wintermonaten gilt es komplett auf Bestrumpfung zu verzichten. Wirf deine bunten Jacken weg! Während man in Dänemark zunehmend zu bunten Socken greift, bemerke ich massiven Farbverlust in der dänischen Oberbekleidung. Gerade im Winter verdunkeln sich die Menschen im Norden zu schwarzen Daunen- und Fellbergen. Schließlich muss man in den langen, dunklen Wintern passende Tarnkleidung anlegen, nicht? Das ist vermutlich auch der Grund dafür, dass die bunten Socken nicht in den winterlichen Badelatschen getragen werden dürfen. Trink eimerweise Kaffee! Es ist egal, ob du Magenschmerzen bekommst oder ob du das permanente Zittern deiner Glieder als unangenehm empfindest. Ein echter Däne trinkt Kaffee. Praktisch ?literweise und zu jeder Uhrzeit. Ich rate dazu, sich mit Espresso, den man am Vortag zubereitet hat und dann am folgenden Tag in der Mikrowelle aufwärmt, auf dänisches Niveau hochzuarbeiten. Einen Liter musst du schon schaffen können! Damit sich Kaffee-mit-Milch-Trinker an das dänische Trinkverhalten anpassen können, schlage ich eine stufenweise Erhöhung des Wassergehalts in der Milch vor. Ich denke, ein Verdünnungsverhältnis von 1:10 kommt dem Geschmackserlebnis der zum Kaffee gereichten Dänenmilch sehr nahe. Iss täglich Rugbrød! Es gibt kein Mittagessen in Dänemark, es gibt Frokost. Und diese frohe Frokost ist immer schweres Roggenbrot mit Belag. Sommer wie Winter, denn wärmende Süppchen brauchst du als Nachfahre der Wikinger nicht. Meist werden die Brotscheiben erst mit ausschließlich gesalzener Butter beschmiert und dann wird unglaublich viel Essen darauf gelegt. Dein Brot darf also nicht mehr zu sehen sein. Zum Schluss dekorierst du das Ganze mit ausgelassenem Speck (Bacon) und einem braunen Gelee (Sky -tierische Gelatine mit dem Aroma einer Bratensauce). Iss täglich Käse mit Marmelade! Vor der Frokost kommt der boller (Brötchen) mit ost (Käse). In Dänemark ist es beinahe Bürgerpflicht, sich Marmelade auf den Käse zu streichen. Richtig gelesen. Erst salzige Butter, dann teilweise übel stinkender Käse und darauf Marmelade. Das mag vielleicht jetzt merkwürdig klingen, aber es gibt ja fast ausschließlich salzige Butter hier und die befand sich während deiner Urlaube schon mehrmals unter deinem Honigaufstrich, nicht wahr? Hör auf, nach Salatdressing zu suchen! Dänen essen Salate immer ohne Dressing. Selbst wenn du Vegetarier bist und vom Buffet nichts anderes als die Salatblätter nehmen kannst, kriegst du kein Dressing dazu! Lerne also, die verschiedenen Geschmacksnuancen in den meist bunten Salatvariationen zu schätzen. Gewöhne dich daran, auch bittere Blätter in großen Mengen zu essen und betrachte es als persönliche Liebeserklärung des Küchenchefs, wenn du mal Salat mit einem Löffel Pesto serviert bekommst. Würg dich beim Sprechen! Dänisch ist eine Sprache, die du dann am besten nachahmen kannst, sprichst du nuscheliges Deutsch und schnürst dir gleichzeitig den Hals mit dem (schwarzen) Schal zu. Manche Dänischlehrer raten dazu, beim Sprechen eine heiße Kartoffel im Mund zu haben. Doch kühlt jene bekanntlich schneller aus, als du die umständlichen Formulierungen für ein simples „Bitte“ ausgesprochen hast. Das Wort Bitte gibt es nämlich nicht, sondern nur ein „wärst du so freundlich und würdest …“ Wenn dir die Luft beim Sprechen ausgegangen ist, dann darfst du ein kurzes Tak hinterher nuscheln. Tak passt nämlich immer. Iss viel Remoulade! In unserer Familie scheiden sich die Geister, wenn es darum geht, „Remuläl“ (so spricht man Remoulade auf Dänisch aus) zu mögen. Aus uns werden vermutlich niemals echte Dänen werden, denn dazu muss man die Würzsauce in rauen Mengen essen können. Schaffst du es? Die oft leuchtend gelbe Paste befindet sich in Dänemark auf fast jedem Essen und ich warte auf den Tag, an dem vor mir eine Tasse Kaffee mit Remulältopping stehen wird. Velbekomme! Du hast Schweine zum Fressen gern! Burger, Fleischkugeln in Currysauce (Boller i karry), Braten und Würste gehören zu deinen Lieblingsspeisen? Für deinen perfekten Heilig Abend wirfst du nicht nur ein halbes Schwein in den Ofen, sondern gleichzeitig ein Federvieh? Wunderbar! Du brauchst nichts weiter zu tun, als mit dieser Gewohnheit fortzufahren, leg aber als Däne noch eine Lage Bacon drauf. Halte deine Emotionen im Zaum! Die Emotionen eines Dänen erkennst du nur am Tonfall, mit dem er antwortet. Zeige also keine körperlichen Reaktionen oder gar eine eindeutige Mimik! Du musst lediglich den Farbklang der zwei Buchstaben N und Å lernen. Nå kann so viel bedeuten: Nå? – Kurz und mit hochgezogenem Tonfall: Ach, wirklich? Nååååååå. – Zum Ende hin abfallend: Ach nein, lass mich doch in Ruhe damit. NÅÅÅÅÅÅ! – Laut und lange: Ich schlag dich gleich, wenn du nicht damit aufhörst! Nååååååå. – Gleicher Tonfall: Ach so ist das also! nå – leise, kurz und kaum hörbar: Ich geh jetzt, das ist mir zu dumm. Damit ist die gesamte Bandbreite dänischer Emotionen abgedeckt. Gestikulieren oder gar aussagekräftige Gesichter sind unüblich. Zeige keine Schwäche oder Erschöpfung. Alles ist spændende (spannend) und hyggelig! Du magst keine Schweden, hältst Norweger für faul und Finnen für total bekloppt! Ein Däne wird mit folgendem Wissen geboren: „Norweger essen, um zu leben, Schweden leben, um zu trinken und Dänen leben, um zu essen. Und die Finnen sind sowieso alle seltsam!“ Im Laufe seines Lebens lernt der Däne dann die ganze Wahrheit kennen: Norweger sind faul, Schweden unsympathisch und die Finnen – tja, wen interessieren die schon? Ein Volk, das sich undänisch nackt in einer Sauna aufhält und Saunaaufgüsse nicht als Festakt in der lokalen Zeitung ankündigt, muss man doch merkwürdig finden! Als Däne betrittst du eine Sauna ausschließlich in Badekleidung und Wassereimer brauchst du nicht. Präge dir diese wichtigen Grundaussagen über die skandinavischen Nachbarländer ein und zeige dich niemals öffentlich mit einem Schweden-Shirt auf der Straße. Ein wahrer Däne mag nämlich keine Schweden. Warum? Das spielt keine Rolle. Sådan er det i Danmark! (So ist das ist Dänemark!) Der Rasenmäher ist dein bester Freund! In Dänemark darfst du rund um die Uhr mähen. Nur zu! Du darfst auch um 21 Uhr noch mähen und wenn es die Wetterlage erlaubt, brummst du mit deinen Nachbarn im Dezember noch um die Wette. Du liebst Gras, das bis zum staubigen Erdboden abgesäbelt ist und lässt dich in der Zeit deiner Abwesenheit durch einen fleißigen Rasenmäherroboter im heimischen Garten vertreten. Der Rasenmäher ist dein bester Freund. An Sommerwochenenden tingelst du natürlich zu Ausstellungen, um deinen brummenden Freundeskreis zu vergrößern. Wie schön, dass du dich dort mit Gleichgesinnten zum Hyggesnak treffen kannst! Du hast einen bissigen Humor! Du kannst sogar über einen Text wie diesen lachen. Velkommen til Danmark,