Könnte ich vor Überraschung aufgerissene Augen in einen Beitrag einbinden, so täte ich es. Da ich das aber nicht beherrsche, bediene ich mich der Ironie, welche über meine Worte das gewisse Augenzwinkern zu legen vermag.
Die dänische Bäckerzunft bringt mich dazu, mich an Dinge zu wagen, die ich mir niemals zugetraut hätte:
Brezen. Kaisersemmeln. Mischbrot. Hefezopf.
Ich backe.
Ich, die sowohl Rezeptpiratin als auch Meisterin des „LieblosreinwerfenundGöttlichesrausholens“ ist! Man mag es mir nicht glauben, aber ich koche prinzipiell nach meinem Geruchssinn und nach meiner Vorstellung. Ich weiß irgendwie fast immer, was in ein (europäisches) Essen rein muss und wie ich es nachkoche, wenn es mir irgendwo geschmeckt hat. Rezepte dienen mir prinzipiell nur als Anregung.
Aber bei Gebäck geht das definitiv nicht. Da muss man sich sehr wohl an Rezepte halten, aber wo die richtig guten finden? Hefezopf bitte ja, aber muss der übermächtige Hefegeschmack wirklich dabei sein? [Ein Hefezopf funktioniert im Übrigen auch mit nur um die 10 gr Frischhefe und schmeckt prima unhefig, wenn man einfach nur warten und ein ca. 40 Grad warmes Plätzchen finden kann.]
Wie gesagt, die dänische Backkunst überzeugt mich nicht.
Auf das Brot werde ich entweder fett (franskbrød [Weißbrot] in allen Variationen und mit/ohne allen Körnchen, die es so gibt oder fluffige, nicht sättigende rundstykker [Semmeln]) oder ich brauche einen halben Liter zum Runterspülen. Das hier sehr beliebte rugbrød (Roggenbrot) ist so schwer, dass man – bildlich gesprochen – einen blauen Zehennagel bekommt, wenn es einem aus der Hand fällt. Es schmeckt ausgezeichnet, aber diesen doch recht sauren, schweren Teig mag ich nun mal auch nicht ständig. Ich habe also gelernt, ein gutes Roggenmischbrot zu backen und weil ich keinen Steinofen habe, simuliere ich das mittels eines brüllheißen, gusseisernen Topfes im Ofen. Ich mag außen knusprig – innen fluffig und vor allem mag ich sättigend. „Mama guuuut backt!“
Und was ist mit dem Kuchen?
Wer Marzipan und Pappsüß mag, der befindet sich hier im Paradies. Dänemark liebt Süß! Sogar das Limo ist süßer als das deutsche. Kein Scherz, der Zuckergehalt in dänischen ‚Erfrischungsgetränken‘ ist wirklich höher! Und dänische Kuchen sehen wahrlich zauberhaft aus: liebevollst dekorierte, kleine, putzige Prachttorten (bedaure, leider kein Foto), die über und über mit Beeren bedeckt sind, Zungen bleckende Frösche…Alles verführerisch und einladend, aber mehr als süß und ziemlich mächtig. Ein Stück ist für mich kein Nachtisch, sondern ersetzt eine volle Mahlzeit.
In den Bäckereien wird täglich wechselnder „Tageskuchen“ angeboten, den man während der Frühstückspause oder zur frokost (Mittagspause) genießt. Meist handelt es sich dabei um eine Art Hefegebäck mit Marzipanboden/-füllung/-deckel, das vor Zuckersirup trieft, oder um arg fettiges, irgendwie spindiges Blätterteig(?)gebäck mit Schokolade.
Schmeckt wirklich ausgezeichnet, ist aber wie gesagt ziemlich mächtig.
An Geburtstagen lädt man seine Kollegen mindestens zu einem halben Quadratmeter brunsviger (siehe unten), wienerbrød (in Deutschland kennt man das als Plundergebäck oder witzigerweise als Kopenhagener) oder den überall beliebten jødekage (Bild) ein. Brunsviger ist ein mit Zimtpaste durchweichter bedeckter Hefekuchen:
Pssssst, kommen Sie doch mal näher, dann flüstere ich Ihnen was ins Ohr. Ist nämlich etwas böse, darum flüster‘ ich ja. Näher bitte…Der gsM und ich sagen über dieses Gebäck nämlich Folgendes:
„War vermutlich eine frühe Form der biologischen Kriegsführung. Dicke Soldaten marschieren langsam.“ oder „Vorsicht! Selbstentzündlich!“ oder „Brennwert eines Sters Hartholz.“
Öhöm. Entschuldigung. Also weiter.
An Silvester/Neujahr sollte man unbedingt den kransekage versuchen, auf den ich mich tatsächlich schon freue.
Vor dem Verzehr des kransekages bestmöglich nüchtern sein 🙂
Im Urlaub sollte man sich unbedingt durchschlemmen. Kaffee und Dünenausblick nicht vergessen, denn köstlich ist das alles! Auch das Brot mit der typischen Salzbutter ist ein Gedicht. Aber meiner Meinung nach nur für einen begrenzten Zeitraum. Denn wer (als Deutscher) dauerhaft hier wohnen möchte, der braucht entweder größere Hosen oder ein gutes Backbuch.
Vi ses.
34 Kommentare
Silberkopf
20. Oktober 2016 at 19:19Ich brauche jetzt dringend einen Schnaps..alleine von den Beschreibungen und Fotos bin ich leicht (bis schwer) übersüßt.
Ich habe es ja in DK auch schon erfahren dürfen, dass man sich so ein Süßteilchen zum Kaffee wünscht weil sie so schön aussehen und man sie unbedingt haben will und dann..Bammm.. Magen voll bis spät am Abend.
Und heißt das echt ‚Frostkost‘??? oder hat sich da ein s eingeschlichen?
Und ich bin gespannt auf das Rätsel über die ‚weltbeste Stadt‘.
Meermond
20. Oktober 2016 at 19:26Lieber Silberkopf, die Goldmedaille für den aufmerksamen Leser des Tages geht an dich ?
Natürlich heißt das frokost und ich habe es sofort ausgebessert. Vielen Dank.
Das Rätsel wird auf Anfrage via Email gesendet 🙂
Wo kämen wir denn da hin, wenn öffentlich Werbung für die weltbeste Stadt der Welt gemacht werden würde..
Da will ja dann jeder hin!
Herzliche Grüße und nochmals vielen Dank
Silberkopf
20. Oktober 2016 at 20:23Da kommt gefühlt sowieso schon jeder hin?
Zumindest von März bis Ende November!
Meermond
20. Oktober 2016 at 21:18🙂
Anhora
19. Oktober 2016 at 20:51Ich bin beeindruckt! Und voller Verständnis. Ein Leben ohne ordentliches Brot bzw. Gebäck ist für mich auch kaum vorstellbar.
Meermond
20. Oktober 2016 at 9:55Exakt so ist es 🙂
Ulli
18. Oktober 2016 at 23:21Als ich soeben meine Mittlere Reife gemacht hatte, wir schreiben das Jahr 1971, trampte ich nach Dänemark, ich schwöre, ich konnte an keiner Bäckerei vorbeigehen, sie roch schon 10m vorher sooo gut … und ja, ein Stück geschlemmt und satt für Stunden 😉
die Brote habe ich genauso in Erinnerung, aber in Norwegen war es immer noch schlimmer, da habe ich dann selbst in Jugendherbergen mit Selbstversorger_innenküche angefangen zu backen … das war ein fun!
hach, danke für die Einnerungen, die jetzt aufsteigen durften
herzlichst
Ulli
Meermond
19. Oktober 2016 at 16:28Bittesehr 🙂
Flowermaid
18. Oktober 2016 at 21:49… also ich für meinen Teil nehme diverse Tees dann einen verlängerten Espresso später Prosecco… und nichts davon braucht ein Backbuch… 😉
Meermond
18. Oktober 2016 at 22:31Ein Prosecco zur Nacht. Feine Idee!
Prosit und schlaf gut!
Flowermaid
18. Oktober 2016 at 22:32… träum schön…
Meermond
18. Oktober 2016 at 22:35Du auch ?
minibares
18. Oktober 2016 at 20:24deutsches Backbuch
Meermond
18. Oktober 2016 at 20:25Selbstredend 😉
kinder unlimited
18. Oktober 2016 at 18:05Ich empfehle einen Besuch in einer franzoesischen Konditorei…alles kleine Kunstwerke ?
Meermond
18. Oktober 2016 at 20:24Lieber ned…schleck…
kinder unlimited
18. Oktober 2016 at 20:25*kicher*
Stella, oh, Stella
18. Oktober 2016 at 22:49Oder in einer belgischen, wahre Kunstwerke!
kinder unlimited
19. Oktober 2016 at 9:08stimmt!!
Erika
18. Oktober 2016 at 17:45Backbuch!
Meermond
18. Oktober 2016 at 17:49Enig 🙂
Stella, oh, Stella
18. Oktober 2016 at 15:55Ich bin total einig, die Torten in Dänemark kann man vergessen. Ich mag ja nicht einmal den kransekage … ein so genanntess „Trockengebäck“, der Name sagt alles. Aber, oh Wunder, in Kopenhagen in der Fussgängerzone hat vor zwei Jahren eine Konditorei mit Cafe aufgemacht, wo es NUR Käsekuchen gibt, so etwa 10 verschiedene, Paradies!!!
Sauerteigbrot kann ich leider gar nicht vertragen (Magen), nicht einmal das deutsche oder das selbst gebackene … 🙁
Meermond
18. Oktober 2016 at 17:52Echt jetzt? Nur Käsekuchen? Aber wie backen die den da? Denn Käsekuchen ohne Quark kann nicht gut sein, oder gibt es in Kopenhagen Quark? Das 0,2% ige, quietschsauere kvark-Ungeheuer Nordjütlands taugt jedenfalls definitiv nicht für genussvollen Käsekuchen…
Stella, oh, Stella
18. Oktober 2016 at 22:52Die müssen irgendwo richtigen Quark herbekommen. Der Name des Cafes ist auch nicht dänisch, sonder könnte süddeutsch oder österreichisch sein. Am 25. Oktober gehe ich dahin, dann teile ich euch den Namen mit. Man weiss nie, was man wählen soll, alles sieht so gut aus. Und schmeckt auch gut. Wir müssen nur sehen, wie wir meinen Mann dahin geschleppt bekommen. Als Däne ist er nicht so ein Fan von Quarktorte/Käsekuchen.
Meermond
19. Oktober 2016 at 16:27Dann iss einfach sein Stück mit 🙂
Velbekomme!
Stella, oh, Stella
19. Oktober 2016 at 17:17Hervorragende Idee!
Mallybeau Mauswohn
18. Oktober 2016 at 14:43Lieber Meermond!
Da läuft mir ja sofort das Wasser im Mund zusammen. Hiermit bestelle ich ein Dauerabo für die Alm mit all diesen dänischen Köstlichkeiten. Gerne auch mit Grinsegesicht.
Und die Fähnchen erinnern mich sofort an die lustige Olsenbande! 🙂 Mächtig gewaltig!
Herzliche Bäckergrüße
Mallybeau
Meermond
18. Oktober 2016 at 17:55Isch recht.
Noch a Kännchen Kaffee dazu rüberschieb ?
Mallybeau Mauswohn
18. Oktober 2016 at 18:06Oh danke. Ich trinke leider nur Tee, aber die zwei „ee“s von Kaffee nahm ich gerne 🙂
Meermond
18. Oktober 2016 at 20:26Derf’s no a weng mehr sein? Eeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeee!
Vi ses.
Mallybeau Mauswohn
18. Oktober 2016 at 20:45aaaahhh, oooh, mmmmhhhh, dankeeeeeee 🙂 🙂 🙂 Dänische „e“`s schmecken vorzüglich!
Meermond
18. Oktober 2016 at 20:57Dacht ich’s mir d0ch 🙂
Myriade
18. Oktober 2016 at 13:59Beim Thema Backwerk und Torten bin ich patriotisch. Wiener Torten sind die besten 🙂
Meermond
18. Oktober 2016 at 14:16hehe…einen guten Kaffee dazu nicht vergessen 😉