Rubjerg Knude Fyr – ein Wahrzeichen und seine Rettung
Nördlich des Limfjords öffnet sich eine Landschaft der Gegensätze. Im Westen zeigt sich Nordjütland windgebeugt und karg, im Osten dagegen bewaldet und freundlich. Die Strände der wilden Nordsee sind breit und sandig, wohingegen das familienfreundlich flache Ufer der Ostsee nur an wenigen, eher schmalen Sandstränden zugänglich ist.
Am Grenen bei Skagen, Dänemarks nördlichstem Punkt, prallen diese beiden Gegensätze zu einem wilden Kuss der Meere aufeinander.
In den Internetforen spaltet sich die Fangemeinde in Nordseefreunde und Ostseeliebhaber, doch bei einem sind sich alle einig: Rubjerg Knude Fyr muss gesehen werden!
Rubjerg Knude Fyr
Rubjerg Knude befindet sich zwischen Løkken und Lønstrup an der norddänischen Steilküste Lønstrup Klint und zählt zu Europas größten Wanderdünen.
Sie erreicht eine Höhe von geschätzten 70m. 20 bis 25 Meter losen Flugsands häufen sich auf einer ca. 50 Meter hohen Steilküste auf. Die Düne erstreckt sich in Nord-Süd-Richtung und erreicht mit 1900 Metern Länge und 400 Metern Breite unübersehbare Ausmaße.
Inmitten dieses gewaltigen Sandberges thront der Leuchtturm Rubjerg Knude Fyr.
Die Versandung des Leuchtturms
Bis zu seiner Schließung schickte der 1900 errichtete Turm ein Lichtsignal aus, das 42 Kilometer weit wahrgenommen werden konnte.
Bereits wenige Jahre nach seiner Erbauung mussten große Mengen an Flugsand abtransportiert werden, welchen der Wind von der Steilküste hinauf geblasen hatte.
Der Kampf gegen die stetig ansteigende Spitze der Düne sollte noch mehrere Jahrzehnte andauern. Doch als der Turm 1968 vom Meer aus nicht mehr sichtbar war, musste man sich der Naturgewalt geschlagen geben.
Der Betrieb des Fyr (Leuchtturm) wurde eingestellt.
Mit Kiefernzweigen und Strandhafer versuchte man, den Sand zu befestigen, doch das Gegenteil war der Fall: die Düne wurde noch höher.
Seit 1990 steht Rubjerg Knude unter Naturschutz und man lässt den Sand frei wandern. Der Sand überrollte alles und zerstörte viel.
An die in den 70er Jahren noch zugänglichen Gebäude erinnern heute nur noch Trümmer und Ziegelsteine. Der Leuchtturm selbst konnte den Sandmassen bis heute standhalten.
Ein toller Kerl wird zum „Knudchen“
Als ich meiner Familie den Turm im Jahr 2010 zum ersten Mal zeigte, befand er sich in einer Art Sandkessel. Man konnte ihn nicht betreten, weil die Tür zur Hälfte versandet war. Die Reste der Häuser des Leuchtturmwärters ragten aus dem Sand heraus und Touristen schrieben mit Backsteinen Grüße an die den Turm umrundenden Sandwände.
In den zunehmend erstarkenden sozialen Medien verniedlichte sich der standhafte Fyr – im Dänischen wird das Wort fyr auch für einen tollen Kerl verwendet – zum geliebten „Knudchen“.
Inzwischen thront der alte Leuchtturm frei stehend auf dem Sandberg und ermöglicht einen einzigartigen Blick über die Jammerbucht. Denn man kann ihn besteigen!
Touristenmagnet Rubjerg Knude Fyr
2012 entschied sich Realdania dazu, Rubjerg Knude Fyr den Menschen wieder zurück zu geben. Realdania setzt sich seit seiner Gründung im Jahr 2000 zum Ziel, einzigartige Stätten zu erhalten und somit die Lebensqualität der Dänen zu fördern.
Es ist gerade einmal zwei Jahre her, dass der Leuchtturm bei Lønstrup Klint wieder für die Besucher zugänglich gemacht werden konnte. Im Winter 2015/2016 baute man im Inneren eine stählerne Wendeltreppe ein und installierte ein Kaleidoskop. Die Bauarbeiten verschlangen über 4,4 Millionen, wovon jedoch nur 300.000 kr von der Kommune Hjørring übernommen werden mussten.
Seitdem strömen nicht nur Touristen auf den gewaltigen Sandberg.
Der Turm kann jederzeit auf eigene Verantwortung besichtigt werden, vor einem Betreten nach Einbruch der Dunkelheit wird allerdings mittels Warnschild abgeraten. Die Steilküste selbst ist nicht abgesichert und lebensgefährlich.
Eintrittsgelder werden bislang nicht verlangt.
Rettung vor dem Absturz
Viele Menschen waren und sind traurig angesichts der Tatsache, dass der Leuchtturm Rubjerg Knude Fyr vom Absturz bedroht ist. Seit ungefähr 10.000 Jahren gingen jährlich mehrere Meter der Westküste Nordjütlands verloren und mit der Klimaerwärmung und dem damit einhergehenden Anstieg von Stürmen hat der Abbruch inzwischen erschreckende Ausmaße angenommen.
Der Abgrund ist nur noch geschätzte 8 Meter vom Turm entfernt, bei 5 Metern muss die Kommune Hjørring eine komplette Sperrung veranlassen. Doch noch kann man ihn besteigen und an der tatsächlich ungesicherten Steilküste erschaudern.
Jährlich besteigen um die 250.000 Menschen die mächtige Wanderdüne zwischen Nr. Lyngby und Lønstrup. Es ist nachvollziehbar, dass es für die Kommune Hjørring wichtig ist, dieses Wahrzeichen zu erhalten.
Jetzt wurde beschlossen, den Leuchtturm um etwa 80 Meter ins Landesinnere versetzen zu wollen. 5 Millionen Kronen möchte die Regierung dafür ausgeben. Es muss sich nur noch ein Bauunternehmen finden, das diesen Wunsch für diese Summe erfüllen kann. Einer nachträglichen Aufstockung der Kosten kann und will Hjørring nicht zustimmen. Darüber hinaus steht noch eine Genehmigung verwaltungstechnischer Art aus. Die Naturschutzbehörde muss erst noch zustimmen.
Dem allgemeinen Jubel schwingt auch ein kritischer Unterton mit. Wird der Leuchtturm nach seiner Versetzung noch den Charme haben, den er bisher hatte?
Und wie viele Jahre werden damit wohl gewonnen?
Der nahende Winter und seine kräftigen Stürme werden auf jeden Fall eine baldige Entscheidung mit sich bringen. Müssen.
Es bleibt also spannend, eure
20 Comments
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Flowermaid
… du hast zaubervolle Erinnerungen ins Netz gestellt… die Zeit macht das was sie immer tut…
Meermond
Vielen Dank für dein zeitloses Kompliment <3
Flowermaid
o (◡‿◡✿)
Ewald Sindt
Auch wenn der Gedanke bezaubernd ist, den Turm zu erhalten, aber irgendwann werden auch die 80m von der Düne überrollt werden, danngeht alles wieder von vorne los. An der Küste Schleswig-Holsteins (Brodtener Ufer zwischen Travemünde und Niendorf) sind, seitdem ich es bewusst verfolgen kann, an die 50 m weggebrochen und die Ostsee wird sich noch mehr holen. Wer den Lauf der Natur ändern will, wird verlieren…
Lieben Gruß, Ewald
Meermond
Die Natur zu bezwingen versucht der Mensch schon seit jeher. Siegen wird letzten Endes wohl eher nicht der Mensch 🙂 Liebe Grüße zurück
Ewald Sindt
So denke ich… ?
notiznagel
Mensch trennt sich nicht gerne und doch die Natur wird siegen.
Meermond
…vielleicht sogar schneller, als Mensch das haben möchte…
Stella, oh, Stella
Die Küste ist gerade dort enorm beeindruckend, finde ich, das kommt ja auf euren Bildern auch wunderbar heraus. Um den Turm herum sieht es ja eher wie ein Schlachtfeld aus.
Ich weiss nicht so richtig, was ich von der Rettungsaktion halten soll. Es ist sehr viel Geld … und hebt das wirklich die Lebensqualität der Dänen? Die Düne verschwindet ja nicht. Oben bei Råbjerg Mile kommen die Touristen ja auch, obwohl da kein altes Gemäuer steht.
Meermond
Ich bin auch hin- und hergerissen. Einerseits verstehe ich die Bestrebungen der Kommune. Auf der anderen Seite gibt es viele Argumente, die gegen die Versetzung sprechen. Tja…
Claus Hübner
Hallo aus Hamburg,
ein sehr schöner Artikel. Wir kommen seit Jahren immer wieder zum fyr und regelmäßig sieht es dort oben anders aus. Wir kennen noch Zeiten, als man mit dem Auto bis an die Düne zum dortigen Parkplatz fahren konnte und an einer Seemine vorbei in den Hof zwischen den Häusern gehen konnte. Hier war ein kleines Museum und ein Kaffee. Später sind die Kinder durch den fast zugesandeten Eingang gekrabbelt und auf den Turm gestiegen, bevor drinnen die Treppen abgebaut wurden (oder vielleicht auch eingestürzt sind). Aktuell siehts aus wie im Video gezeigt, einfach herrlich, besonders bei gutem Wetter. Da die Düne auch immer weiter ins Land zieht, kann ich mir vorstellen, das der Turm auch mitzieht. Ich fände es sehr schade, wenn ich ihn nächstes Jahr eventuell schon nicht mehr besuchen kann und es dann so trostlos wie bei Marup Kirke wird, auch wenn dort sehr beeindruckend der Landraub zu sehen ist. Hoffentlich bleibt das fyr erhalten.
Meermond
Vielen Dank nach Hamburg! Ich beneide dich um deinen Erinnerungsschatz, denn ich habe keine Erinnerung an den „Urzustand“. Mein Papa sagt zwar immer, wir wären in den 70ern da gewesen, aber ich war damals noch winzig.
Es ist derzeit so gewollt, dass du den Fyr nächstes Jahr noch besuchen kannst 🙂
Claus Hübner
Da bin ich ja schon mal froh dass er nàchstes Jahr noch stehen soll, auch wenn die Natur letztlich wohl doch siegen wird. Ich nehme den Artikel aber mal zum Anlass, meine digitalen und auch analogen Fotomengen aus den ganzen Jahren durchzusehen und die Erinnerungen aufzufrischen. Danke für die Anregung.
Meermond
Sich erinnern heißt auch nicht vergessen. Wenn du magst, kannst du deine Bilder als Leserbeitrag unvergesslich machen. Oben in den Registerkarten ist unter „Leben und Reisen“ ein wunderschönes Gedächtnis meiner Leser.
Hab einen schönen Sonntag ♥
irgendwasissjaimmer
Ein wundervoller Ort ? wir waren dort auch. Danke für eine längst vergessene Erinnerung ?
Meermond
Bitte, sehr gerne!
Silke
Warten wir mal ab. Wir werden ihn übernächste auf jeden Fall noch mal besuchen. Ich bin auch geteilter Meinung.
Liebe Grüße
Silke
Meermond
Jeps, erst mal abwarten. Angesichts der zahlreichen Freudenmeldungen musste ich unbedingt schreiben, dass es eben wirklich auch noch anders kommen kann. Kann. 🙂