Leben in Dänemark

Tag 3 – Dänemark ist geschlossen

Ich möchte hiermit öffentlich all denjenigen Menschen meine Anerkennung aussprechen, die heute schweren Herzens auf ihren Urlaub in Dänemark verzichtet haben. Noch größerer Respekt gebührt all denjenigen, die in den Sozialen Medien öffentlich für gegenseitige Rücksichtnahme gekämpft haben und den Mut hatten, gegen demonstrierten Egoismus und Geringschätzung anzuschreiben.

Seit 12 Uhr sind die Grenzen Dänemarks also für all diejenigen geschlossen, die keine dringlichen Anliegen im Land nachweisen können. Urlauber dürfen nicht mehr einreisen.

„Absurd, surrealistisk, drastisk – DDR lignende“

So bezeichnet Jyllands Posten die Situation in Padborg, als die Grenze zwischen Deutschland und Dänemark mittels Betonklotz versperrt wurde. Zum Artikel gehört ein Bild, auf dem die Menschen auf die geschlossene Grenze starren. Grenzverkehr ist jetzt nur noch bei Sæd, Kruså und auf der Autobahn E45 möglich.

Ob Alexander und ich das Ganze persönlich richtig oder falsch finden, spielt in meinem heutigen Text keine Rolle. Das Land, in dem wir Gast sind, hat eine drastische Maßnahme umgesetzt und es wird sowohl die politischen als auch wirtschaftlichen Konsequenzen dieses Handelns tragen müssen. Und solange wir hier leben, müssen wir sie mittragen. Wir wünschen uns lediglich Menschlichkeit — gerade an Grenzen!

Ich muss raus!

Ich weiß nicht, warum, aber irgendwie musste ich heute unbedingt hinaus. Irgendetwas jagte mich ans Meer. Dieses Gefühl hatten heute offensichtlich viele, denn der Strand von Blokhus war in zwei Reihen vollgeparkt. Blokhus ist an Samstagen in der Reisezeit immer wuselig voll, doch ich empfand die Stimmung heute anders. Ich fand es irgendwie merkwürdig, so „allein“ hier zu sein. Normalerweise summt gerade an Samstagen ein Sprachengewirr in Blokhus, doch heute hörte ich nur Dänisch.

Am Strand von Blokhus

Keiner packte einen Picknickkorb oder die Klappstühle am Auto aus, wie es an derart schönen Tagen üblich gewesen wäre. Die Leute kamen, gingen etwas spazieren und fuhren dann wieder. Schon bald sollte ich den Grund dafür bemerken: Die Toiletten sind ebenfalls bis Ostern geschlossen.

Die öffentlichen Anlagen am Dorfrand waren dementsprechend gut besucht.

Da auch keine Eisdiele offen hatte, fuhren wir nach Hune, um uns ein Supermarkteis zu gönnen. Im Blokhus Gateway hielten sich viele Menschen auf und alle Grillstellen waren in Betrieb. Dennoch erschien es mir, als koche jeder noch mehr sein eigenes Süppchen als sonst. Normalerweise steht an der Seilbahn im Wald immer eine gackernde Menge an Kindern. Und überall gackern noch mehr Eltern. Heute war es voll und leer zugleich. Hier spielte ein einzelner Junge, dort stand eine Mutter und bejubelte das Rutschkönnen ihres Kindes. Ich empfand das alles als merkwürdig.

Blokhus Gateway

Allgemeiner Budenkoller

Dänen sind Vereinsmeier, noch mehr als Deutsche. Ich frage mich, was die kommenden Tage bringen werden. Hier, in Deutschland und in Europa. Was wird geschehen, wenn alles geschlossen ist? Wie werden wir uns verändern? Wie werden sich die Menschen in der Öffentlichkeit verhalten? Das Desinfektionsmittel im Supermarkt war angekettet! Überall hängt „Lukket“. Was ist, wenn wir jetzt wieder ewig Regen haben werden? Was werden wir unternehmen? Was sollen wir bloß tun? Am Strand können wir uns ja auch bei bestem Wetter keinen ganzen Tag aufhalten, denn Dünenpipi ist keine Option.

Ich werde berichten,

Marion

Teilen:

Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

13 Comments

  • jutta herrmannsdörfer

    Die Welt befindet sich momentan im Ausnahmezustand und ich bin der Ansicht, dass es ein Umbruch auf Erden wird! Immer schneller, immer weiter, immer mehr – das kann auf Dauer nicht gut gehen. Die Menschheit wird nun gezwungen die Füße still zu halten – alles hat seinen Sinn im Leben! Es wird große wirtschaftliche Einbrüche geben, aber vielleicht nehmen gewisse Werte unter den Menschen wieder zu? Ich wünsche euch viel Gesundheit und Zuversicht <3

    • Meermond

      Das Geld kommt wieder, die Menschen, die gestorben sind, nicht mehr.
      Ich wünsche mir, dass viele Erkenntnis haben werden und dass ihnen das zum Umdenken verhelfen wird.
      Deine guten Wünsche gebe ich genauso und gerne zurück. Alles Gute <3

  • Ingride Mateen

    Hier ist es ähnlich! Alle öffentlichen Institutionen ab Montag geschlossen! Kontakte vermeiden! Ein merkwürdiges Gefühl! Noch nie so erlebt! Ich sah heute Bilder aus Italien! Ein Ort,wo alle in häuslicher Charantäne stehen! Und von Balkon zu Balkon mit Küchenutensilien Musik machten!! Hab gestaunt!!

  • EWI

    Ich fühle mich auch, wie in einem schlechten Film. Bleibt alle gesund oder übersteht den Infekt schnell und gut. Mein Cousin schrieb gerade, dass er in Quaratäne muss ab jetzt. Das Leben ist ziemlich aus den Fugen. Bin auch ein „Vereinsmeier“. Kein Sport, keine Kirche, kein Kino, Museum. Zoo macht bestimmt auch zu.
    Liebe Grüße,
    Erika

  • Christine

    Ich hoffe, Ihr bleibt alle gesund! Durchhalten! Wir können dann Dänemark eben erst später besuchen. Aber Gesundheit ist das höchste Gut. Auch wenn viele sich den Kopf zerbrechen über verlorenes Geld und verlorenen Urlaub: Seid dankbar für jeden Tag, an dem Ihr und Eure Lieben gesund sind!

      • Christine

        Heute war hier im NDR ein Arzt, der sagte, dass es noch viel schlimmer wird, als wir alle denken. Ich will damit keine Panikmache betreiben! Aber er sagte, dass das Virus längst nicht mehr aufzuhalten ist. Mir kommt es manchmal wie eine Reaktion der Natur auf das, was wir ihr angetan haben, vor.
        Ich hätte nie gedacht, dass ich mal mein Herzensland nicht besuchen kann, wenn ich möchte. Beklemmende Szenen, die Du da beschreibst. Ich bin aber froh von Dir diese Berichte zu erhalten. So weiß man wie es bei Euch wirklich ist.

  • Harald Krabbe

    Wir sind Montag wieder von Bovbjerg nach Deutschland gefahren. Ich habe mich gewundert wie ruhig und gesittet alles lief. Passt alle gut auf euch auf.
    LG Harald

Kommentar verfassen