Frühling in Dänemark - Weg durch die Dünen
Reisen in Dänemark

Dänemark fehlt es an wilder und streng geschützter Natur!

Diese Überschrift fasst auf erschreckende Weise zusammen, was wir einer aktuellen Mitteilung des Pressedienstes Ritzau entnehmen können. Uns liegt es am Herzen, den Inhalt des unten verlinkten Artikels auf Deutsch wiederzugeben. Der Natur in Dänemark geht es nicht gut. Der nun fertigentwickelte dänische Naturindikator (DNI) macht dies deutlich. Die Welt befindet sich in einer Biodiversitätskrise. Und auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussehen mag, liegt Dänemark tatsächlich weit davon entfernt, mit einer wilden Natur angeben zu können:

Indikator-kortet demonstrerer, at vi er meget langt fra at kunne prale med vild natur i Danmark.

Rasmus Ejrnæs, Institut Bioscience, Universtität Aarhus*

Etwa die Hälfte unseres Gartens ist verwildert. Blicken wir aus unseren Fenstern, sehen wir eine Blumenwiese. Insektenfutter und Bienenfutter stand auf den Samenpackungen. Bienenfutter. Meine Kinder wissen nicht, wie eine in der Natur fliegende Biene aussieht. Auch in diesem Sommer haben sie keine gesehen.

Die Natur in Dänemark muss wilder werden!

Über die Notwendigkeit der Ausweitung von reinen Naturflächen ist man sich im Klaren. Dänemark ist geprägt von intensiver Landwirtschaft, die unberührter Natur wenig Raum lässt. Rekordmengen an Spritzmitteln und hoher Austrag an Düngemitteln sorgen dafür, dass sowohl die Wasserqualität leidet als auch Tiere sterben. Der in ➡ einem unserer älteren Beiträge vorgestellte Biodiversitetsråd, soll dabei helfen, die richtigen Regierungsbeschlüsse tätigen und die verschiedenen Interessensgebiete des Landes vereinen zu können. Ein gewaltiges Unternehmen, denn Dänemarks Natur ist, bewusst doppeldeutig formuliert, arm dran.

Der Dansk NaturIndikator DNI soll aufzeigen, wie effektiv die Arbeit der sogenannten Naturforvaltning (Naturverwaltung), die vom Naturstyrelsen (Teil des dänischen Umweltministeriums) überwacht wird, tatsächlich ist. Kennzeichen einer guten Arbeit ist zum einen der Schutz von Gebieten mit einem hohen Grad an Biodiversität. Zum anderen muss Raum gegeben werden, dass natürliche Prozesse sich auch ausweiten dürfen.

Store Vildmose

Dansk NaturIndikator DNI

In einem drei Jahre dauernden Projekt entwickelte ein Team um den Forscher Rasmus Ejrnæs vom Institut der Biowissenschaften der Universität Aarhus den nun öffentlich zugänglichen Naturindikator DNI. In diesem Indikator werden erstmals drei Elemente sichtbar gemacht und bewertet: Zustand der Natur, Schutzstatus und Prozesse. Vor dem DNI gab es keine Möglichkeit, die Effizienz des Schutzes der Natur in Dänemark zu erfassen.

Die ➡ virtuell zugängliche Karte vereint nun alle Prozesse um Hydrologie, Küstenschutz und Landschaften. Das Resultat ist ernüchternd. Laut Rasmus Ejrnæs gibt es in Dänemark keine Stelle, in der die Natur auch nur annähernd gegen alle auf sie einwirkenden Bedrohungen geschützt ist.

Vores kortlægning viser, at vi ingen steder i Danmark er i nærheden af at have beskyttet effektivt mod alle de vigtigste trusler.

Rasmus Ejrnæs*

Die Karte bestätigt den Eindruck, dass der Großteil der Natur in Dänemark nicht auf natürliche Weise beweidet ist. Das Wissen darüber, welche großen Pflanzenfresser und wie viele von ihnen in der Natur frei herumlaufen, ist begrenzt. In den Sommermonaten ist der Großteil komplett überweidet und landwirtschaftlich genutzt.

Wie liest du den DNI?

Auf der Webseite naturindikator.dk kann man für ausgewählte Gegenden einen sogenannten DNI-Score berechnen lassen. Dieser Wert ist dann der Ausdruck dafür, inwieweit sie dazu beitragen, die Biodiversität Dänemarks zu schützen. Man kann die Gegend entweder manuell auswählen oder auf vorgegebene zugreifen. Der Score ergibt sich aus dem Zusammenspiel der Faktoren Zustand, Schutz und Prozesse, welche sich gegenseitig beeinflussen und verstärken:

Die Werte beginnen bei 0 und enden bei 100, was einen optimalen Schutzzustand bedeuten würde. Aufgrund komplexer Berechnungsgrundlagen (mehr zur Formel im Bericht, S.38) wird der Wert 16 angegeben, wurden 50% der angestrebten Zielsetzungen in allen drei Dimensionen erreicht. Hat man 80% erreicht, liegt der Score bei 55.

Wir alle müssen mithelfen!

Um die echte wilde Natur in Dänemark steht es nicht zum Besten. Der zweite Coronasommer schwemmte eine Unmenge an Menschen ins Freie. Zahlreiche Touristen und Einheimische drängte es nach draußen und in entlegenste Gebiete. Und die Stimmen derer, die über Vermüllung, ausgetretene Wege und zerstörte Pflanzen klag(t)en, werden zunehmend lauter. Dieser Sommer war eine Belastung für Mensch, Tier und Natur.

An dieser Stelle wollen wir weder belehren, noch den Zeigefinger heben. Wir alle können uns rücksichtsvoll in der Natur bewegen, es ist wirklich ganz einfach:

Wir bleiben auf ausgewiesenen Wanderwegen.

Wir nehmen (mindestens) unseren eigenen Müll mit.

Wir benutzen möglichst Toiletten. Im Notfall: So geht´s.

Wir müssen nicht alles ausprobieren, entdecken oder fotografieren, um ein großartiges Erlebnis zu haben.

Der Aufenthalt in der Natur ist kein Wettbewerb.

Andrea Ullius, schwedenhappen.ch

Enig.

Quellen:

* https://via.ritzau.dk/pressemeddelelse/danmark-savner-vild-og-strengt-beskyttet-natur?publisherId=13559834&releaseId=13631703

https://bios.au.dk/forskningraadgivning/temasider/en-dansk-indikator-for-naturindsats/

https://dce2.au.dk/pub/SR460.pdf

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Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

16 Comments

  • Kai

    Dänemark zeigt sich gern von der grünen Seite. Und lügt sich damit selbst in die Tasche.
    Wer hier seinen Rasen nicht regelmäßig mäht, wird freundlich von der Nachbarschaft daran erinnert. Überall Steingärten und Kunstrasengleiche Grünanlagen. Überall Mährobotter. Und ja, auch diese muss man hinterfragen. Mährobotter sind der schleichende und grausame Tod für kleine Igel, für Frösche und auch für Insekten. Ein ankommender Rasenmäher würde sie aufschrecken.
    Gift zu spritzen ist auch in privaten Gärten Normalität. Mülltrennung fast ein Fremdwort. In der Müllproduktion gehört Dänemark zu den Europameistern.

    Wer ein SUV fährt, zahlt utopisch Steuern- solange dieser mehr als 2 Sitze hat. Breite Reifen, die einen Wahnsinn an Mikroplastik verursachen, können bei Geschäftswagen steuerlich abgesetzt werden.

    Dann sind noch die fürchterlichen Holzöfen in den Ferienhäusern. Kristallklare frische Luft wird durch Rauch udn Feinstaub verpestet. Abends an der Westküste in Herbst und Winter spazieren gehen- eine echte Zumutung.

    Ja, vieles ist wie in Deutschland, aber vieles ist noch schlechter als in Deutschland.

    Wir haben im Garten einen Kompromiss gefunden und Blühstreifen gesät. Und tatsächlich, die Bienen und Hummeln, sie kommen. Steinwege werden wir zurückbauen und wasserdurchlässigen Belag nehmen. Dort, wo kein Unkraut wachsen soll, machen wir Rindenmulch. Das lockt die Käfer und andere Insekten an. Und damit auch die Vögel.

    Dänemark ist in Sachen Umweltschutz in der Tat Entwicklungsland.

    • Meermond

      Ich gebe dir in einigen Dingen recht. Das Problem mit der Mülltrennung ist lange erkannt und im Blickfeld der Politik. Wir bekommen jetzt ein Abfallsystem mit 10 Sammelkomponenten. Was allerdings noch immer nicht funktioniert, ist die Reduktion des Mülls. Warum es keine Unverpacktläden gibt oder warum alles doppelt und dreifach eingetütet sein muss, erschließt sich mir nicht. Vegetarische Ernährung ist schwierig in Dänemark und dringt nur langsam in das öffentliche Bewusstsein vor.
      Was SUVs angeht, so möchte ich einlenken. Bei uns hier im Norden fahren diese Panzer fast gar nicht. Die meisten von denen, die ich sehe, haben ein deutsches Nummernschild 😉
      Unser Garten wird tatsächlich von manchen Menschen mit Unverständnis betrachtet. Wir haben längst ein Schild mit Biene und Käfer zur Straße hin aufgestellt, um ein Zeichen für unsere „ungepflegte“ Wildnis zu setzen. Wir mähen konsequent weiterhin nur einen Weg in der einen Hälfte des Grundstücks. Es muss ein breites Umdenken einsetzen, doch bis dahin ist noch ein weiter Weg. Ich sehe das täglich, wenn ich an der Landwirtschaftlichen Vereinigung vorbeikomme: Um das Gebäude herum befindet sich ein unfassbar großes Grundstück, natürlich fleißig niedergemäht. Der von mir als 10 m lang und 2 m breit geschätzte Blühstreifen mit dem Werbeschild für ein wildes Dänemark ist wie eine ironische Ohrfeige. Es wird viel gespritzt und Dünger ausgetragen. Und bald, wenn alle Ernten eingefahren sind, wird es wieder eine Weile fast täglich stinken. Die Gülletanks sind voll und es gibt verdammt viele Schweinefarmen um uns herum …

  • Waltraud

    Wir empfanden die Seitenstreifen an den Straßen in Dänemark in diesem Jahr sehr schön, die sicher auch der Aktion zugute kommt von der Du im Frühjahr schon berichtet hast. Zwar waren viele Blüten schon im herbstlichen Endstadium, doch immer noch schön. Es wird tatsächlich immer weniger, auch bei uns in Deutschland, mit den Hummeln, Bienen, Wespen, Schmetterlingen und dergleichen.
    Ich habe damals auch erst einmal gegoogelt, ob meine Pflanzen/Blumen artgerecht sind und war zufrieden das es so war.
    Es ist zu hoffen das das Projekt weiter geführt wird.
    Wie sieht es mit der Vegatation in Norwegen aus, wird es dort nicht noch karger? Wäre schade.
    Euch allen ein schönes Wochenende.

    • Meermond

      Hej Waltraud, tatsächlich ist die Fläche, die für Landwirtschaft genutzt wird, in Norwegen geringer. Der prozentuale Anteil an Natur ist dort wesentlich höher. Als karg würde ich sie Vegetation aber nicht bezeichnen. Sie ist einfach nur anders. Wir freuen uns sehr darauf, das Land genauer kennenzulernen. Bisher erlebten wir es nur als Touristen. Wir haben zwar schon ein bisschen gesehen und sind etwas herumgekommen, doch lernt man ein Land als Tourist nicht wirlich kennen. Selbst wenn man noch so interessiert und aufgeschlossen ist, man ist nur ein Besucher, der lediglich seine Freizeit in einem anderen Land verbringt.
      Was die Natur in Dänemark angeht, so hoffe ich sehr, dass die aktuellen Meldungen nicht als Strohfeuer enden. Es ist so wunderschön hier und es sollte bitte mindestens so bleiben!
      Liebe Grüße

    • Meermond

      Da die Dänen dies aber jetzt selbst erkannt haben, setzen sie viele Hebel in die Gänge, um aktiv zu werden. Vielleicht klärt dich mein im Beitrag verlinkter Artikel über den Naturschutz und Biodiversitätsrat auf. ❤️

  • Stella, oh, Stella

    Erstaunlich zu sehen, dass Lille Vildmose und Tofteskov welche der besten Stellen im Land sind, aber Rebild Bakker nicht. Nicht einmal Mols Berge konfiguriert nennenswert …
    Ich war ja sehr erstaunt, dass in deiner tollen Blumenwiese keine Insekten waren. In meinem Garten hätte es gesummt und gebrummt und geschmetterlingt. 🙁

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