Skandinavien entdecken

Jul – Weihnachten bei den Wikingern

Auf dem gesamten Globus hat die Vorfreude auf Weihnachten Einzug erhalten. Geschmückte Weihnachtsbäume und unzählige Kerzen glitzern gegen die Dunkelheit des Winters an. Immer mehr Menschen bedienen sich derzeit an den Bräuchen der Skandinavier. So klebt in vielen deutschen Wohnzimmern eine nissedør an der Wand und die Vokabel für Weihnachten ist vielen geläufig: jul. Woher aber kommt dieses Wort? Welche Bräuche verbanden die Vorfahren der heutigen Skandinavier ursprünglich damit? Gab es Weihnachten bei den Wikingern?

Im Allgemeinen versteht man unter einem Brauch eine regelmäßig durchgeführte, soziale Handlung, die dem inneren Zusammenhalt einer Gruppe dient. Abläufe und Erscheinungsbilder sind tradiert, also von den Älteren übernommen. Die Jungen setzen die Traditionen fort und geben sie an ihre Kinder weiter.

Gerade das Weihnachtsfest wird in vielen Wohnzimmern schon immer genauso gefeiert. Alles sollte wie immer sein, dann ist es perfekt. Wie nur passt das zu den inflationär aufgetauchten, skandinavischen Nissetüren? Seit wann gibt es im deutschsprachigen Raum Nisser?

Es gibt sie, seitdem sich Hygge ausgebreitet hat. Brauchtum ist demnach wandelbar. Gottlob, denn sonst würden wir vielleicht ein Weihnachten feiern, wie es bei den Wikingern üblich war …

Wikinger Dänemark
Feiern wie ein Wikinger?

Weihnachten bei den Wikingern

Für die zeitliche Einordnung der Wikingerzeit gibt es im skandinavischen Raum unterschiedliche Ansätze. Allgemein kann man aber wohl den Beginn auf 793 n. Chr (Angriff auf Lindisfarne, England) und das Ende auf 1066 n. Chr datieren, als die Zahl der Überfälle und Raubzüge deutlich zurückgegangen waren. Obwohl man mit den Wikingern eher rauhe Gepflogenheiten verbindet, war der Austausch von Geschenken und das soziale Miteinander bedeutender Teil ihrer Kultur. Und tatsächlich gab es im Winter ein besonderes Fest.

Das Leben der Wikinger war von den Jahreszeiten geprägt. Das Jahr wurde in ein Sommer- und in ein Winterhalbjahr und in Monate eingeteilt. Bei der Angabe des Alters wurde die Zahl der erlebten Winter genannt, den es schließlich zu überleben galt. Den Zeitraum vom 14. Dezember bis zum 12. Januar, also den dritten Wintermonat, nannten die Wikinger mörsugar, was frei übersetzt soviel wie Fettsauger heißt. Mör ist das Wort für das innere Bauchfett und das Verb suge bedeutet saugen. Um den Winter und besonders den mörsugar zu überstehen, verzehrte man oft fetthaltige Speisen. Es gab viele Fleischgerichte in großer Runde, vor allem aber dann, als die in der Wikingerzeit wichtige Wintersonnwende (21. Dezember) gebührend gefeiert werden musste. Die Rückkehr der Sonne hatte große Symbolkraft im nordischen Fruchtbarkeitskult.

jól – das Opferfest zum midtvinterdagen

Der sogenannte midtvinterdagen (frei übersetzt Mittwintertag) hatte große Bedeutung bei den Norrøn. Sie lebten in Norwegen und Island (800 bis 1350) und feierten mit dem midtvinterdagen ein großes Opferfest am ersten Vollmond nach der Wintersonnwende. Dieses heidnische Fest trug auch die Namen jól oder juleblot und wurde mit der Einführung des Julianischen Kalenders auf den 12. Januar geschoben. Jól markiert die kältesten und gefährlichsten Tage des Jahres. Es ranken sich viel Aberglauben und unheimliche Mythen um diesen Tag.

Es musste demnach zum jól besonders viel geopfert werden.

Zum juleblot traf man sich in einem Langhaus.

Zu den Opferfeierlichkeiten versammelte man sich im geräumigen Langhaus. Es war wichtig, sich zu schmücken und in kräftige Farben zu kleiden. Es wurde reichlich gegessen und dem Gott Odin – sein Name ist auch Jòlnir – geopfert: mit Bier.

Nimm Platz! Die Langhäuser der Wikinger waren sehr geräumig.
Im Innenraum des Langhauses liegt eine zentrale Feuer- und Kochstelle. Der Rauch kann zwar durch die Öffnung oben abziehen, verteilt sich dennoch gemäß heutiger Standards eher unangenehm in der Halle.

Zu Ehren der Götter wurde reichlich gegessen und oft angestoßen. Und weil es draußen nicht viel zu tun gegeben hatte, dauerten die Opferfeierlichkeiten (blot) zum jól (also jul) einen ganzen Monat lang …

In diesem Sinne glædelig jul und skål wünscht

Teilen:

Ich bin Marion und schreibe in unserem Onlinemagazin Meermond zu den Themen Reisen, Fotografie, Kultur und unser Leben in Skandinavien.

4 Comments

Kommentar verfassen