Herbst auf Læsø – wenn Natur und Stille dich umarmen
Es ist erstaunlich leise auf der Fähre, obwohl der milde Herbst ganz offensichtlich viele Menschen nach Læsø zu locken scheint. Ich entdecke zwei Aufenthaltsbereiche, in denen ausdrücklich zur Ruhe aufgefordert wird. Die Menschen sitzen schweigend in den bequemen Sesseln. Einige von ihnen sind vertieft in den prachtvollen Ausblick auf eine spiegelglatte Ostsee. Der Anblick, dass nicht alle hektisch über einen bläulich leuchtenden Bildschirm wischen, erscheint mir ungewohnt.
Auch das Areal um die Spielecke beim Café ist ungewohnt ruhig. Die Motoren brummen kaum wahrnehmbar.
Es ist, als würden wir in die Stille hineinfahren.
Und dann umarmt sie mich.
Herbst auf Læsø
Wir verlassen die Fähre bei Vesterø Havn und reihen uns nicht in die Autoschlange in Richtung Byrum ein. Wir wollen zuerst die einzigartige Natur und Læsøs offene Weiten erkunden. Der Herbst auf Læsø schenkt uns warme Farben, goldenes Licht und eine Weichheit, die uns gefällt.
Die schmale Straße führt uns durch ausgedehnte Birken- und Kiefernwälder. Wir öffnen die Fenster, um den Geruch des Waldes in unser Auto zu lassen. Es begegnet uns kein Mensch und so bleiben wir mehrmals stehen, um einfach nur zu lauschen.
Unsere innere Zeit bleibt stehen.
Als erstes wollen wir den ältesten Teil der Insel entdecken, der sich inmitten der Klitplantage befindet. Læsø Stenen markiert das Gebiet, das vor etwa 4000 – 5000 Jahren aus dem Meer heraus geboren worden ist.
Mit der Hebung des Landes vor ungefähr 3000 Jahren verbanden sich die bis dahin einzelnen Sandlandzungen zum heutigen Læsø. Seither wächst die Insel pro Jahr um etwa 20 Hektar. Das kann man besonders im südlichen Teil beobachten, wo sich laufend neue Salzwiesen bilden.
Læsø – die junge Sonneninsel in der Ostsee
Læsø ist nicht nur geografisch betrachtet sehr jung.
Um Christi Geburt war die Insel noch unbewohnt. Ein erster Hafen wurde im Jahr 640 errichtet.
Mit der Entdeckung reicher Salzquellen im 12. Jahrhundert setzte eine starke Besiedelung ein.
Zur Salzgewinnung rodete man den ursprünglichen Baumbestand und es entstanden große Weiten und Wanderdünen.
Mitte des 20. Jahrhunderts begann man mit der Wiederaufforstung und daher sind heute die meisten Bäume auf der Insel unter 100 Jahre alt.
Læsø ist die größte Insel im Kattegat und darf sich angeblich über die meisten Sonnenstunden pro Jahr in Dänemark freuen. Gleichzeitig zählt sie zu den Gebieten mit dem geringsten Niederschlag in Dänemark. Perfekt also, um dem „typisch dänischen Sommer“ mit nasser Kühle auf dem Festland zu entfliehen oder eben einen goldenen Oktobertag zu erleben!
Heide und Tang
Die Stille im Wald übertönt alles.
Wir empfinden uns selbst als störend laut und fahren schließlich weiter zum Storedal. Wir wollen über die herbstlich gefärbte Heide laufen und uns den berühmten Tang aus der Nähe ansehen.
Der Weg zum Strand führt uns durch ein sumpfig wildes Birkenwäldchen. Noch leuchtet es in herbstlichen Farben, doch viele Bäume sind bereits kahl.
An der Brandung liegen dicke, braune Tanghaufen, die nach Meinung des kleinen Belgiers wie meine Haare aussehen. Wir versuchen, die auf der Fähre erhaltenen Informationen zur Verarbeitung des Tangs zu Dächern zu verstehen.
Nach einem kurzen Spaziergang in der Sonne wollen wir endlich die berühmten Tanghäuser Læsøs sehen. Wir beschließen, die in der cykel- og oplevelseskort ausgewiesene Fahrradroute in Læsø Øst nachzufahren. Dabei handelt es sich um eine etwa 10 Kilometer lange Tour durch Østerby Havn, die man mit etwas mehr Zeit im Gepäck durchaus machen sollte! Die Route führt durch eine wunderschöne Umgebung, in der sich die einzigartigen Häuser befinden.
Die Insel der Frauen
Læsø ist der einzige Ort der Welt, an dem man die Tradition, Dächer mit Tang zu decken, bewahren konnte. Dazu musste der getrocknete Tang so gedreht werden, dass ein Ende einem Seil, das andere Ende einem dicken Bündel glich. Diese sogenannten vasker knotete man in die in die Dachlatten ein und schichtete losen Tang darüber. Die Verfestigung wurde durch Stampfen und durch Anwachsen der aufgelegten Torfsoden erreicht.
Diese schwere Arbeit wurde meist von Frauen verrichtet, da ja die Männer zur See waren. Sie waren es auch, die die Häuser aus Treibholz und dem, was ihnen die Insel bieten konnte, gebaut hatten und sich um die Bewirtschaftung des Guts kümmern mussten. So tragen die Tanghäuser heute nicht aus romantischen Gründen Namen wie „Hedvigs Hus“ oder „Andrines Hus“, sondern weil es tatsächlich die Häuser der Frauen waren, die sie an ihre Töchter weiter vererbten.
Manche dieser Tangdächer sind mehrere hundert Jahre alt. Nachdem das Wissen um diese Baukunst allmählich vergessen und der Tangertrag wegen einer Pflanzenkrankheit rückläufig war, standen viele Tanghäuser vor dem Verfall. 2008 begann man mit der Renovierung der ersten von ihnen und fasste den Beschluss, das damit verbundene Wissen zu erhalten.
Und darum können wir uns heute über ein herrliches Kulturerbe auf Læsø freuen, das zu den sieben Wundern Nordjütlands gerechnet wird:
Du willst mehr Eindrücke von ? Læsø (*Affiliate Link / mehr dazu im Impressum) erhalten? Du darfst uns aber auch gerne weiter auf unserer Reise durch den Herbst begleiten im ? Teil II. Wir freuen uns auf dich!
Eine gute Reise wünscht
Mehr Fotos kannst du in unserer Galerie sehen. Doch ich warne ausdrücklich vor akutem Fernweh…
Links für deine Reiseplanung:
Fahrplan der Fähre: https://www.laesoe-line.dk/fartplan_2019
Offizielle Touristenseite: https://www.visitlaesoe.de/de/laesoe
32 Comments
Pingback:
Pingback:
Pingback:
Pingback:
Pingback:
Myriade
Ersten Teil nachgelesen, der war mir entgangen. Nicht, dass ich in einem Haus mit Tangdach wirklich wohnen wollte, aber es sieht fantastisch urtümlich aus.
Meermond
Hobbithaus ??
lisamaria94
Bei Deinen Bildern wird mir klar, warum ich immer schon mal nach Laeso wollte. Dein Titel – wenn Natur und Stille dich umarmen – ist so schön und ich glaube, es drückt genau das aus, was ich immer im Norden suche.
Hier umarmt – besser umklammert – mich nur das laute Getue.
Herzensgrüße in den Norden
Veronika
Meermond
Herzensgrüße zurück <3
Wenn du jetzt dann Teil 2 gelesen hast, dann buchst du sicher Fährtickets…kicher…
Sailing-Mahananda
So stimmungsvolle Fotos und Worte. Da bekommt man echt Lust, die Insel der Frauen zu entdecken! ?
Meermond
Na dann: God tur! <3
Maren
Wenn ich ehrlich bin, hört sich deine Überschrift schon so himmlisch an, da bin ich direkt ein wenig neugierig geworden :D….aber die Fotos sind natürlich auch wunderschön und werden dem Tital definitiv gerecht :O :D….danke also für diesen tollen einblick! Ich bin gerade noch dabei mein mittagessen bestellen für näcchste woche …dann kann ich gleich auch beruhigt schlafen 😀 :D….also dir schon mal eine gute Nacht! LG, Maren
Meermond
Vielen herzlichen Dank für diesen netten Kommentar.
Ebenfalls gute Nacht ?
arnoldnuremberg
Wunderbare Aufnahmen. Global denken und lokal dachdecken …
Meermond
Danke dir, gut gesagt!
Stella, oh, Stella
Wart ihr auf Læsø, wie toll, eine wunderschöne Insel, nicht wahr? Salz, Tangdächer, Bienen und der Bus durch die Natur. Der Adoptivvater des gemütlichen Gentlemans stammt von dort. In dem Haus ist jetzt die Jugendherberge.
Meermond
Dein Gentleman hat so tolle Geschichten zu erzählen. ?
Ja, da hätten wir schon mal eher hinfahren müssen. Wir waren fasziniert.
freiedenkerin
Eine interessante Inselgeschichte und herrliche Bilder – was für ein schöner Blogpost. <3
Meermond
Vielen vielen Dank ?
Jutta
Einfach mal vielen Dank für die schönen Bilder und interessanten Texte über das Sehnsuchtsland Dänemark. Ich bin immer aufs neue begeistert. Viele Grüße von Jutta.
Meermond
Danke danke danke ???
Anna-Lena
Zauberhafte Fleckchen Erde, danke fürs Mitnehmen, liebe Meermond.
Lieben Gruß
Anna-Lena
Meermond
Bitte, das hab ich wirklich gerne gemacht.
Herzliche Grüße ?
ErzieherIn
Einfach phantastisch. Lieben Dank
Meermond
Ich danke dir ?
Silke
Die Häuser sehen urig aus. Da sollten wir auch mal hin, wenn wie wieder in Dänemark sind. Wir dauf die Liste geschrieben.
Liebe Grüße
Meermond
Es freut mich, wenn ich dich begeistern konnte. ?
dergsm
Das hast du wieder einmal soo schön geschrieben. Ich frage mich nur, wieso wir nicht schon eher dort hin gefahren sind. 🙂
Meermond
Ich mich auch <3
Nilzeitung
Great !!! I have it similar to the farmer in Upper Egypt but with clay and grass it is fascinating what ur real everyday life (ECO) can be healthy. Thank you very much !!!!
Meermond
Thank you ?
Nilzeitung
Danke auch sehr?